Gestrata Journal 99
Gestrata Journal 99
Gestrata Journal 99
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Ass. Prof. Dipl.Ing. Dr. Kurt FALLAST<br />
Wertschätzung, deshalb ist auch der Widerstand<br />
dagegen leichter, häufiger zu artikulieren<br />
und zu organisieren – die Umsetzung von<br />
Infrastrukturmaßnahmen wird schwieriger.<br />
Zum Beispiel wurde vor rund 30 Jahren noch<br />
mit Kampagnen in verschiedenen Printmedien<br />
und mit Aufklebern für die Fertigstellung der<br />
A2-Südautobahn gekämpft, heute stellen<br />
einige Kilometer Lückenschluss an der A9<br />
bereits ein Problem dar.<br />
Die Flächenressourcen für die technische Infrastruktur<br />
(z.B. Straßen, Bahnen, Flughäfen) werden<br />
immer begrenzter. Ursache dafür ist sicher<br />
auch eine zu locker gehandhabte oder überhaupt<br />
fehlende Raumordnungspolitik.<br />
Die teilweise negativen Auswirkungen des<br />
intensiven Infrastrukturausbaus in den<br />
Jahren von 1960 bis 1<strong>99</strong>0 wurden mit einiger<br />
Verzögerung erkannt und den Betroffenen<br />
bewusst (gemacht).<br />
Das Anwachsen des Motorisierungsgrades und<br />
der Straßeninfrastruktur wird fälschlicherweise<br />
in einen unmittelbaren Zusammenhang<br />
gebracht und der Widerstand gegen konkrete<br />
Infrastrukturprojekte ist ein Stellvertreterkrieg<br />
gegen die zunehmende Motorisierung und<br />
deren Auswirkungen.<br />
3. Instrumentarien der<br />
Infrastrukturverhinderung<br />
Die Gegner von Infrastrukturmaßnahmen<br />
können aus einer breiten Palette von Gegenmaßnahmen<br />
auswählen um Projekte zu<br />
verhindern:<br />
l illegale Handlungen (Besetzungen, …)<br />
l Ausnutzung aller gesetzlichen Möglichkeiten<br />
zur Verzögerung der Genehmigungsverfahren<br />
l Einbringen von Forderungen, die Kostensteigerungen<br />
verursachen und die Wirtschaftlichkeit<br />
von Investitionen und damit<br />
schlussendlich das ganze Projekt in Frage<br />
stellen<br />
l Legale und formale Verfahren, z.B. die<br />
öffentliche Auflage von Projekten oder das<br />
UVP-Verfahren, wobei das UVP-Verfahren<br />
oft pauschal als Verhinderungsverfahren<br />
bezeichnet wird. Dem kann nicht zugestimmt<br />
werden. Aus den Erfahrungen des<br />
Autors mit dem UVP-Verfahren (sowohl als<br />
Sachverständiger der Behörden als auch bei<br />
der Erstellung von Umweltverträglichkeitserklärungen)<br />
erleichtert eine UVP eher die<br />
Umsetzung einer Maßnahme als sie zu seiner<br />
Verhinderung führt. Vor allem wirkt sich<br />
der für die Behörde verbindliche Zeitplan<br />
mit einem Entscheidungszeitraum von 6<br />
bzw. 9 Monaten nach Antragstellung<br />
positiv aus.<br />
Neben den „Instrumentarien“ interessiert<br />
vor allem, wer nun diese „Infrastrukturverhinderer“<br />
sind. Zusätzlich zu den deklarierten<br />
und engagierten Umweltschützern sind es<br />
betroffene Bürger, Wissenschafter und politische<br />
Entscheidungsträger, die aus den ganz<br />
unterschiedlichen Motiven als Gegner von<br />
Infrastrukturprojekten auftreten. Wichtig ist<br />
es, diese Motive für den Widerstand zu erkennen<br />
und offen anzusprechen.<br />
Es gibt erkennbare Verhaltens- und Anwendungsmuster<br />
für Argumente (Killerphrasen,<br />
sich wissenschaftlicher oder scheinwissenschaftlicher<br />
Argumente zu bedienen, finanzielle<br />
Argumente, volkswirtschaftliche Rechnungen<br />
usw.). Am schwersten sind politische<br />
Argumentationsketten zu entschleiern und<br />
die wirklichen Gründe für Ablehnungen griffig<br />
zu machen.<br />
Eine der geläufigsten Killerphrasen ist: „Neue<br />
Straßen erzeugen neuen Verkehr“, poetischer<br />
oder pathetischer ausgedrückt: „Wer Straßen<br />
sät wird Verkehr ernten“ – wissenschaftlich<br />
heißt das „Induzierter Neuverkehr“. Das mit<br />
diesen Begriffen oft Mißbrauch betrieben wird,<br />
ist in der Literatur vielfach abgehandelt. Ein<br />
Beispiel aus der Praxis dazu: im stadtgrenzüberschreitenden<br />
Verkehr in Graz sind in den<br />
33