German (PDF) - Center for Security Studies (CSS)
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Kontrolle über den In<strong>for</strong>mationsfluss zum Präsidenten verlieh ihm grosse Macht: Er<br />
analysierte alle sicherheitspolitisch relevanten Memoranden an Kennedy und begleitete<br />
sie oft mit einem eigenen Begleitschreiben. Auf diese Weise konnte er als Kennedys<br />
graue Eminenz direkt Einfluss auf die Gestaltung der amerikanischen Aussenpolitik<br />
nehmen. Bereits Ende 1962 wurde er in einem journalistischen Portrait als „Präsident<br />
Kennedys Alter Ego“ und dessen „wahren Aussenminister“ bezeichnet. 4 Vom „Dean of<br />
Harvard“ zum „Dean of the World“ aufgestiegen, erlebte Bundy zwischen 1961 und<br />
1963 als Kennedys rechte Hand seine „goldenen Jahre“. 5<br />
Bundys Einfluss auf Kennedys Aussenpolitik ist in der sonst sehr umfangreichen<br />
Kennedyliteratur bisher zu Unrecht vernachlässigt worden. Eine Würdigung seiner<br />
Rolle in der Kennedyzeit erscheint nämlich besonders reizvoll, weil sich in dieser Zeit<br />
das Amt des Nationalen Sicherheitsberaters von einem anonymen Sekretär innerhalb<br />
der Regierung zu einem prominenten persönlichen Berater des Präsidenten entwickelte.<br />
Bundy füllte geschickt das machtpolitische Vakuum in der Führung der Aussenpolitik,<br />
das im Verlauf des Jahres 1961 durch Kennedys Unzufriedenheit mit Aussenminister<br />
Dean Rusk entstanden war. Kennedys „Hofchronist“ Arthur Schlesinger Jr. schrieb<br />
zur Konkurrenzsituation zwischen dem eigentlichen Aussenministerium und Bundys<br />
Stab im Weissen Haus:<br />
The President used to divert himself with the dream of establishing a secret office of thirty<br />
people or so to run <strong>for</strong>eign affairs while maintaining the State Department as a facade in<br />
which people might contentedly carry papers from bureau to bureau. 6<br />
Bundy und seine Mitarbeiter kamen diesem Traum, wie sich Kennedy die Gestaltung<br />
der amerikanischen Aussenpolitik vorstellte, recht nahe. Das gewandelte Rollenverständnis<br />
Bundys markierte den Beginn des Aufstiegs des Sicherheitsberaters vom<br />
reinen Administrator und Koordinator des Nationalen Sicherheitsrates (National<br />
<strong>Security</strong> Council, NSC) der Truman- und Eisenhower-Administrationen zum Planer,<br />
Gestalter und Repräsentanten amerikanischer Aussenpolitik unter Richard Nixon,<br />
Gerald Ford und Jimmy Carter (Henry Kissinger und Zbigniew Brzezinski).<br />
Laut einer in<strong>for</strong>mellen Abmachung teilten sich Bundy und sein Stellvertreter Walt W.<br />
Rostow die Welt in zwei Hälften auf: Bundy war für den Westen zuständig, Rostow<br />
4 Sydney Hyman, „When Bundy Says, ‘The President Wants...’“ New York Times Magazine<br />
(2.12.1962): 30.<br />
5 Max Frankel, „The Importance of Being Bundy“, New York Times Magazine (28.3.1965): 32.<br />
6 Arthur M. Schlesinger Jr., A Thousand Days: John F. Kennedy in the White House (New York:<br />
Fawcett Premier, 1965), 383.