EVANGELISCHES BERATUNGSZENTRUM - EBZ München
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3.5 Beiträge zur Geschichte der Ökumene<br />
in Neuperlach<br />
Im Rahmen des Ökumenischen Kirchentages 2010 in München<br />
bot sich ein historisches Thema in München geradezu<br />
selbstverständlich an: die Geschichte des Ökumenischen<br />
Stephanszentrums in Neuperlach. Vier Referenten gaben<br />
dazu einen architektonischen, historischen, sozialpolitischen,<br />
kirchenpolitischen und sozialpsychologischen Überblick und<br />
konnten zudem alle an ihre persönlichen Erfahrungen mit<br />
der Entstehung dieses neuen Stadtteils anknüpfen.<br />
Vom Architekten Christoph Titze gab es einen interessanten<br />
historischen Überblick mit Bildern zur Entwicklung Neuperlachs<br />
aus städtebaulicher Sicht. Die Münchner Entlastungsstadt<br />
ist eines der größten Städtebauprojekte Deutschlands<br />
und in Fachkreisen international bekannt. Der Wohnring<br />
Neuperlach-Zentrum bekam in den 70er-Jahren den deutschen<br />
Architekturpreis.<br />
Der Sozialwissenschaftler Dr. Florian Straus konnte zur Entstehungsgeschichte<br />
Neuperlachs sowohl auf persönliche<br />
Truderinger Kindheitserinnerungen zurückgreifen als auch<br />
soziologische und sozialpsychologische Perspektiven der<br />
Entwicklung des Stadtteils markant beschreiben. So war in<br />
der Anfangsphase Ende der 60er-Jahre beispielsweise der<br />
bekannte Psychologe Alexander Mitscherlich beteiligt, da<br />
man eine Konzeption des verdichteten Wohnens unter humanen<br />
Aspekten wollte. Neuperlach wurde zu einem familienfreundlichen<br />
Stadtteil mit vielen Grünanlagen und verkehrsberuhigten<br />
Zonen. Außerdem erhielt Neuperlach von<br />
Anfang an eine der besten sozialen Infrastrukturen mit niedrigschwelligen<br />
sozialen Unterstützungs- und Beratungsangeboten<br />
sowie eine entsprechende frühzeitige professionelle<br />
Vernetzungsstruktur.<br />
Prälat Peter Neuhauser erlebt in den 70er-Jahren die Zeit des<br />
ökumenischen kirchlichen Aufbruchs. Seit dem zweiten Vatikanischen<br />
Konzil in den 70er-Jahren wurde die Kirche der<br />
Reformation anerkannt und damit die Hoffnung auf eine<br />
ökumenische Zusammenarbeit genährt. Die diakonisch-karitative<br />
Arbeit und der politische Einsatz für die Armen sollten<br />
nun gemeinsam gelingen, und Kirche und soziale Dienste<br />
sollten eines werden. Dies bildet sich noch heute im Stephanszentrum<br />
ab.<br />
Der einst langjährige Pfarrer der evangelischen Laetare-<br />
Kirche, Michael Göpfert, berichtet aus der Aufbruchsstimmung<br />
der Neuperlacher Gründerzeit, von der „ökumenischen<br />
Utopie“, vom kirchlichen Auftrag der Gemeinwesen-<br />
arbeit im Alltag wie auch vom gemeinsamen ökumenischen<br />
Abendmahl. Seit Ende der 90er-Jahre erleben die beiden<br />
Kirchen im Stadtbezirk allerdings einen bedeutenden demografisch<br />
bedingten Schrumpfungsprozess, der nun –<br />
40 Jahre nach der Stadtteilgründung – einen anstrengenden<br />
Rückbau von zu groß gewordenen Strukturen verlangt. Der<br />
neuen großen Bevölkerungsgruppe der Muslime in Neuperlach<br />
wünscht er ein sichtbares eigenes Gotteshaus und allen<br />
zusammen einen gelingenden interreligiösen Dialog. Die Vortragsreihe<br />
schließt er mit der Hoffnung auf eine Zukunft der<br />
Ökumene ganz nah am Menschen.<br />
Brigitte Manz-Gill (ebz)<br />
Ökumenische Erziehungsberatungsstelle<br />
München-Ramersdorf/Perlach<br />
3.6 Vom Telefon zum Internet<br />
Als Veranstaltung der TelefonSeelsorge in Deutschland gab es<br />
eine Podiumsdiskussion „Zukunft der Seelsorge: Vom Telefon<br />
zum Internet; Seelsorge in Neuen Medien“ in der Black Box<br />
im Gasteig. Auf dem Podium saßen zwei Leiter von Telefon-<br />
Seelsorgen, zwei Vertreter der katholischen und evangelischen<br />
Kirche, eine Wissenschaftlerin und eine Ehrenamtliche.<br />
Besonders die Beispiele, die die Ehrenamtliche aus ihrer Chatarbeit<br />
berichtete, berührten und hinterließen einen tiefen<br />
Eindruck. Wie etwa eine (nachempfundene) Aussage einer<br />
Ratsuchenden im Chat: „Ich habe mir einen Termin geholt,<br />
weil ich nicht sprechen kann, na ja, klar kann ich sprechen,<br />
aber irgendetwas ist in mir drin, das hindert mich.“ Petra<br />
Bosse-Huber, Vizepräses der Evangelischen Kirche im Rheinland<br />
skizzierte dazu in einer Pressemitteilung (aus der Presseerklärung<br />
des Landeskirchenamts der evangelischen Kirche<br />
im Rheinland, Präsidialkanzlei, 14. Mai 2010): „Seelsorge im<br />
Internet macht Angebote für Menschen, die sich dort aufhalten,<br />
dort leben. In gewisser Weise ähnelt dies auch wieder<br />
den Methoden des Paulus: die Kirche Jesu Christi dorthin zu<br />
bringen, wo es noch keine Gemeinden gibt ... weil es der Auftrag<br />
der Kirche ist.’ Auch die Anonymität des Web biete für<br />
viele Menschen Vorteile, die bei Problemen und Lebenskrisen<br />
keine kirchliche Beratungsstelle aufsuchen würden. Hier seien<br />
die anonymen Seelsorgerinnen und Seelsorger der Internetseelsorge<br />
... gute Anlaufstellen.“<br />
Bettina Irschl<br />
TelefonSeelorge