AHB 254_PDF24 - Stadtgemeinschaft Tilsit eV - Ostpreußen
AHB 254_PDF24 - Stadtgemeinschaft Tilsit eV - Ostpreußen
AHB 254_PDF24 - Stadtgemeinschaft Tilsit eV - Ostpreußen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
es Ordensoberhauptes, also des<br />
Hochmeisters; so kam es, dass diese<br />
von Ordenspriestern geleiteten geistlichen<br />
Fürstentümer mehr und mehr zu<br />
Filialen des Deutschordensstaates<br />
wurden. Im Gegensatz dazu hat das<br />
Domkapitel von Ermland immer seine<br />
Selbstständigkeit gegenüber dem<br />
Deutschorden zu wahren gewusst.<br />
Nur ein einziger Domherr ist uns für<br />
die lange Zeit von rund 200 Jahren als<br />
Mitglied des Deutschordens beglaubigt;<br />
und ebenso wenig gehörten ihm<br />
die ermländischen Bischöfe an, abgesehen<br />
von den beiden ersten, Heinrich<br />
Streitberg und Anselm (1250-1278).<br />
Auf andere Weise aber wusste der<br />
Deutschorden auch im Ermland seinen<br />
Einfluss geltend zu machen. Des<br />
Öfteren kamen Männer, die den Ritterbrüdern<br />
treu ergeben waren und<br />
oft lange Jahre in ihren Diensten gestanden<br />
hatten, in das ermländische<br />
Domstift hinein. Allmählich bildete es<br />
sich nahezu als Regel heraus, dass<br />
Weltgeistliche, die am Hofe des<br />
Hochmeisters, seiner Großgebietiger<br />
oder bei den Ordensgesandten am<br />
päpstlichen Hofe als Beamte, z. B. als<br />
Notar, Hofjurist oder Leibarzt tätig waren,<br />
Mitglieder des Frauenburger<br />
Domkapitels wurden und insbesondere<br />
die führenden Stellen als Dompropst<br />
oder Domdechant erhielten.<br />
Von hier aus kam dann manch ein<br />
Ordensfreund auch auf den ermländischen<br />
Bischofsstuhl. Zudem war auch<br />
der oberste weltliche Beamte des<br />
Fürstbistums, der Landvogt, der die<br />
Leitung des Gerichts- und Heerwesens<br />
hatte, des Öfteren ein Ritterbruder<br />
des Deutschordens.<br />
Andererseits hat es aber auch an<br />
ernsten Zwistigkeiten nicht gefehlt. So<br />
geriet Bischof Johann II. Striprock<br />
(1355-1373) mit dem Hochmeister<br />
Winrich von Kniprode wegen des Gebietes<br />
jenseits der Südostgrenze des<br />
Ermlandes in einen sehr hartnäckigen<br />
Streit, der ihn am päpstlichen Hofe in<br />
Avignon Schutz suchen ließ. Und<br />
noch schlimmer gestalteten sich die<br />
Verhältnisse durch den Krieg mit Polen.<br />
Bischof Heinrich IV. Heilsberg<br />
(1401-1415), der nach der Schlacht<br />
bei Tannenberg (1410) gleich den anderen<br />
preußischen Bischöfen dem<br />
Polenkönig gehuldigt hatte, war kurz<br />
darauf aus unbekannten Gründen außer<br />
Landes gegangen. Diese günstige<br />
Gelegenheit suchte der energische<br />
Hochmeister Heinrich von Plauen, der<br />
als tapferer Verteidiger der Marienburg<br />
bekannt ist, politisch auszunutzen, um<br />
die Sonderstellung des Ermlandes zu<br />
beseitigen. Er nahm das Fürstbistum<br />
in eigene Verwaltung und bemühte<br />
sich auf jede Weise, die Rückkehr des<br />
Bischofs, dem er Verrat zum Vorwurf<br />
machte, zu verhindern. Erst nach der<br />
Absetzung des Hochmeisters konnte<br />
Heinrich IV. wieder seine Residenz<br />
Heilsberg beziehen. Heinrich von<br />
Plauen hat also sein weit schauendes<br />
Ziel nicht erreicht. Seine Nachfolger<br />
aber wussten es immerhin durchzusetzen,<br />
dass Männer ihres Vertrauens<br />
fortan die leitenden Posten des<br />
Ermlandes innehatten. Sowohl auf<br />
dem Bischofstuhl wie in der Dompropstei<br />
saßen von nun an ausgesprochene<br />
Ordensfreunde. Neben<br />
Johann Abezier (zunächst Dompropst,<br />
dann Bischof 1415-1424), Kaspar<br />
Schuwenpflug und Arnold von Datteln<br />
zeigte sich vor allem Franz von Rössel<br />
(1419-1424 Dompropst, 1424-1457<br />
Bischof) Zeit seines Lebens als ein<br />
unbedingter Anhänger des Ordens.<br />
(wird fortgesetzt)<br />
10