Ausgabe 0907.pdf - Theater-Zytig
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Backstage ı Regionalverbände<br />
Regionalverband RVA<br />
Sekretariat: Elvina Bonfà<br />
Waidstr. 9, 8307 Effretikon<br />
Tel. p 052 343 11 22, Tel. G 0585 580 181<br />
eMail: elvina.bonfa@volkstheater.ch<br />
bild: zvg<br />
1. Kinder- und Jugendtheaterfestival Effretikon<br />
Vielfältiges und hochstehendes junges <strong>Theater</strong><br />
Es sind <strong>Theater</strong>freaks, die sich an diesem<br />
sonnigen Sonntag, 17. Mai 2009 in den<br />
<strong>Theater</strong>saal locken lassen. Der Saal ist<br />
fast gefüllt, als Martin Graf, Stadtpräsident<br />
von Illnau-Effretikon, die Gäste aus<br />
nah und fern willkommen heisst. Als Politiker<br />
rückt er seine Tätigkeit in die Nähe<br />
des Schauspielers und äussert einen<br />
kühnen Gedanken, der sogar gesetzlich<br />
geregelt sein sollte: «Kein Stimmrecht<br />
ohne Schauspielausbildung». Eine Rolle<br />
zu spielen sei sehr wichtig, ob für einen<br />
Politiker, die Krankenschwester oder den<br />
Schüler, man lerne sich zu behaupten.<br />
Mit den Worten: «Ein Schauspieler spielt<br />
alles, aber nicht alles gleich gut, übernimmt<br />
Adi Patscheider ein Stichwort<br />
des Stadtpräsidenten und die weiteren<br />
Ansagen. Vor genau 10 Jahren begann<br />
er in Effretikon für Kinder und Jugendliche<br />
einen <strong>Theater</strong>raum zu schaffen. Als<br />
«Geburtshelfer» stand ihm damals Jack<br />
Gutknecht zur Seite, der es sich nicht<br />
nehmen liess, als Gratulant dem Festival<br />
beizuwohnen.<br />
OKaY 1, Kinder&Jugendtheater Effretikon<br />
ist die erste von acht Gruppen, sie startet<br />
mit «Anna und der Sorgenmacher». Wussten<br />
Sie, dass Sorgen, in Säcke abgepackt,<br />
durch den Kamin geworfen und dadurch<br />
sogar verwechselt werden können? Kein<br />
Wunder wissen wir nicht mehr, woher sie<br />
alle kommen. Mit simplen Requisiten und<br />
kreativen Recycling-Kostümen interpretieren<br />
die jungen Schauspieler in «reichverzierten»<br />
Abfallsäcken die ätzenden, nie<br />
endenwollenden und immer plappernden<br />
Sorgen. Elan und Spass wird spürbar.<br />
Der Regie ist es gelungen, das Publikum<br />
mit einfachen Mitteln in den Bann zu<br />
ziehen, denn bereits nach wenigen Spielminuten<br />
können wir uns mit praktisch<br />
jeder Rolle identifizieren.<br />
«Menschen, Tiere, Katastrophen» – unter<br />
diesem Titel versteckt sich eine Sammlung<br />
kleiner Loriot-Geschichten. OKaY<br />
2 gibt ihr Bestes. Wunderbar köstliche<br />
Sketches, die durch alte Musikschlager<br />
voneinander getrennt sind. Die jungen<br />
Schauspieler haben sehr viel Text zu<br />
bewältigen, was manchmal zu ungewollten,<br />
keineswegs störenden Kunstpausen<br />
führt. Insgesamt eine grosse Leistung<br />
dieser Gruppe, die ihren Facettenreichtum<br />
zeigt, bei dem keiner zu klein war,<br />
für einmal erwachsen zu sein.<br />
«In The Ghetto», eine Eigenproduktion<br />
der BWS Effretikon (Berufswahlschule)<br />
beginnt mit einem Intro, welches<br />
die Aufmerksamkeit des Publikums von<br />
der ersten Sekunde an gewinnt. Diese<br />
Eigenproduktion der Jugendlichen ist<br />
innerhalb von 13 Tagen vom Text bis zur<br />
Inszenierung entstanden. Themen wie<br />
Drogen, Lehrstellensuche, Freundschaft,<br />
Lügen, Mobbing, erste Liebe, der Neue<br />
an Mamas Seite, Väter mit viel Geld und<br />
ohne Zeit, füllen unbemerkt 45 Minuten<br />
Bühnenzeit. Eine ausserordentliche<br />
Leistung der heterogenen Gruppe, ohne<br />
Kitsch und Übertreibung, mit klaren, offenen<br />
Sujets, die dem Zuschauer Raum zur<br />
Interpretation ermöglichen. So singen die<br />
jungen SängerInnen treffend: «Am andern<br />
Tag wird ein anderes Mädchen geboren,<br />
in der Schweiz, und die Mutter weint… in<br />
the ghetto»…<br />
«MusemsErwachen» des Jugendtheaters<br />
Widen/AG erscheint farbig, klar, humorvoll,<br />
intellektuell und verständlich. Dieses<br />
aus «Alice im Wunderland» adaptierte<br />
Stück interpretiert das Leben der Museumsfiguren<br />
zu Zeiten, in denen keine Visiteure<br />
zugelassen sind. Die Statuen von<br />
Wilhelm Tell mit Walterli, Freiheitsstatue,<br />
Cäsar, Eva, Einstein verlassen ihre<br />
Sockel. «Durch diese kahle Hose muss<br />
er gassen», «Freiheit ist relativ», grosse<br />
Worte, welche diese Berühmtheiten bis<br />
heute prägen, werden im Nu mit viel Witz<br />
und Brisanz vertauscht. Der Ausschnitt<br />
der diesjährigen Produktion hat die volle<br />
Aufmerksamkeit des Zuschauers geweckt.<br />
Liebend gerne hätte man davon noch viel<br />
mehr sehen mögen.<br />
«Klinik mit Herz», ein Titel, der an<br />
‚Schwarzwaldklinik’ erinnert, lässt uns<br />
auf nicht ganz ernst gemeinte Art und<br />
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<strong>Theater</strong>-<strong>Zytig</strong> 0907