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Ausgabe 1207.pdf - Theater-Zytig

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22 Spotlicht 1207<br />

| Schlussapplaus<br />

23<br />

Die Klassiker lassen sich einteilen<br />

in Erstklassiker, Zweitklassiker und<br />

Drittklassiker.<br />

Rupert Schützbach<br />

Vor einem halben Jahrhundert<br />

gab es noch in vielen kleineren<br />

Städten feststehende <strong>Theater</strong>,<br />

die sich natürlich nur mit Mühe<br />

über Wasser halten konnten.<br />

Ein durchreisender Tourist fragte<br />

den Direktor eines solchen<br />

Unternehmens, wie es denn<br />

mit dem Besuch bestellt sei.<br />

Der <strong>Theater</strong>direktor antwortete:<br />

«Das ist so, mein Herr:<br />

Die Stadt hat 5000 Einwohner,<br />

aber das <strong>Theater</strong> nur 1OO<br />

Plätze. Wenn se alle 'reingehen<br />

würden, gingen se natürlich<br />

nicht alle 'rein. Wenn se aber<br />

nicht alle 'rein gehen, dann<br />

gehen se alle 'rein. Sie gehen<br />

aber nicht alle 'rein.»<br />

Zum Unterschied von manchem<br />

seiner Burgtheaterkollegen,<br />

die gleich ihm auf obskuren<br />

Wanderbühnen angefangen<br />

hatten, ging der Schauspieler<br />

Reizenberg den Weg, Schmiere-<br />

Hoftheater, auch in umgekehrter<br />

Richtung. Er war ein echtes<br />

Schauspieltalent, doch in seiner<br />

Lebensführung für die Verhältnisse<br />

am Burgtheater vielleicht<br />

etwas zu freizügig.<br />

«Herr Reizenberg, am Burgtheater<br />

muss man sich eines<br />

einwandfreien Lebenswandels<br />

befleissigen; aber wie ich höre,<br />

betrinken Sie sich dann und<br />

wann», sagte der damalige<br />

Direktor.<br />

Reizenberg erwiderte prompt:<br />

«Das ist eine ganz gemeine<br />

Verleumdung, ich betrinke<br />

mich alle Tage!»<br />

Hofburgschauspieler Anschütz<br />

erzählt in seinen Erinnerungen,<br />

dass Reizenberg im letzten Stadium<br />

seines Vagabundenlebens<br />

mit dem ihm ebenbürtigen<br />

Kollegen Max Cäsar Heigel<br />

zusammen eine Vorstellung in<br />

einem kleinen Marktflecken<br />

austrommelte.<br />

Die Vorstellung fand in einer<br />

grossen Scheune statt, die bis<br />

auf den letzten Platz besetzt<br />

war, weshalb Reizenberg<br />

auch die Kassa unter den<br />

Arm geklemmt trug, als er<br />

die Bühne betrat. Gegeben<br />

wurde ein biblisches Thema,<br />

Umhängebärte und drapierte<br />

Betttücher wiesen Heigel und<br />

Reizenberg als die Apostel Petrus<br />

und Paulus aus.<br />

Nach einem kurzen einleitenden<br />

Dialog rief Reizenberg-<br />

Paulus plötzlich Heigel-Petrus<br />

zu: «Petri– folge mir!»<br />

Beide verliessen die Bühne<br />

und mit der Kasse unter dem<br />

Arm auch im Dauerlauf den<br />

Ort, während die geprellten<br />

Zuschauer geduldig auf die<br />

Fortsetzung warteten.<br />

Im Stadttheater Troppau war<br />

vor der Jahrhundertwende der<br />

angehende Komiker Dr. Rudolf<br />

Tyrolt so beliebt, dass sein<br />

Direktor ihm folgenden Gutschein<br />

schrieb:<br />

«Von heute an hat Herr Dr.<br />

Rudolf Tyrolt jeden Sonntag bei<br />

mir freies Mittagessen. Seine<br />

Wäsche wird von nun ab, wenn<br />

die Frau Prinzipalin Waschtag<br />

hat, kostenlos mitgewaschen!»<br />

Wie viele grosse und prominente<br />

Schauspieler, hatte auch<br />

Friedrich Mitterwurzer bei<br />

einem Schmieren- und Wandertheater<br />

angefangen, und oft<br />

war nur der Hunger auf dem<br />

Speisezettel.<br />

Mitterwurzer spielte den Wilhelm<br />

Tell auf dieser Schmiere,<br />

und nach der Apfel-Schuss-<br />

Szene lobte der Direktor Mitterwurzer.<br />

Mitterwurzer bat den Direktor,<br />

ihm doch lieber ein paar<br />

Kronen Vorschuss zu geben,<br />

damit er sich ein anständiges<br />

Abendessen kaufen könne,<br />

er habe so grossen Hunger.<br />

Der Direktor bedauerte es,<br />

ablehnen zu müssen, es wäre<br />

auch nicht eine Krone in der<br />

Kassa. – «Dann verzeihen Sie!»<br />

rief Mitterwurzer, und der<br />

Direktor stammelte erstaunt:<br />

«Mitterwurzer, was machen<br />

Sie denn da?» – Mitterwurzer<br />

ass den Apfel, den er von dem<br />

Kopf des Knaben geschossen<br />

hatte! «Wie unbesonnen!»<br />

jammerte der Schmierendirektor,<br />

«wir brauchen den Apfel<br />

ja noch morgen!» – «Wär' ich<br />

besonnen, hiess' ich nicht der<br />

Tell!» zitierte Mitterwurzer und<br />

zermalmte das Kerngehäuse<br />

zwischen den Zähnen.<br />

Heinrich Steffen wurde an eine<br />

Schmiere engagiert und konnte<br />

gerade noch das Geld für die<br />

Fahrkarte zusammenkratzen.<br />

Den Koffer mit den Kostümen<br />

gab er daher unfrankiert auf, in<br />

der Hoffnung, dass der Direktor<br />

des Wandertheaters ihn auslösen<br />

würde.<br />

Als er sich mit seinen neuen<br />

Kollegen bekannt machte,<br />

hatte jeder eine Bitte an ihn,<br />

aus der hervorging, dass die<br />

Garderobe der meisten unkomplett<br />

war. Steffen war erstaunt<br />

und entgegnete: «Natürlich,<br />

gern, sobald der Herr Direktor<br />

meinen Koffer ausgelöst hat.«<br />

«Ah», riefen die Kollegen im<br />

Chor, «da muss er aber erst einmal<br />

unsere Sachen auslösen!»<br />

Josef Lewinsky war, bevor er im<br />

Burgtheater der grosse Charakterdarsteller<br />

wurde, in Schmierentheatern<br />

durch die Lande<br />

gewandert. In seinen Erinnerungen<br />

schreibt er: «Wenn man<br />

ein armer Wanderkomödiant<br />

ist, sieht man den herrlichsten<br />

Frühling mit Schrecken herankommen,<br />

weil mit ihm, gleich<br />

den Zugvögeln, der Hunger<br />

kommt.»<br />

«Okuli- da kommen sie»<br />

war damals eine stehende<br />

Redensart unter Schauspielern,<br />

denn kein <strong>Theater</strong>, ausser den<br />

staatlichen, spielte länger als<br />

bis Ostern. Dann musste jeder<br />

geschwind zusehen, dass er in<br />

einem Kurort ein Sommerengagement<br />

bekam. Als Illustration<br />

erzählt man sich die bittere<br />

Anekdote von dem <strong>Theater</strong>agenten<br />

David Weiss, der mit<br />

einer Handbewegung auf die<br />

Bank in seinem Vorzimmer,<br />

die von etwa zwanzig Engagementsuchenden<br />

besetzt war,<br />

gesagt haben soll: «Herr Direktor,<br />

die ganze Bank können Sie<br />

haben um hundert Gulden!»<br />

Hugo Thimig, der Stammvater<br />

der Schauspielerdynastie<br />

Thimig, erzählte, dass er bei<br />

der Schmiere einmal die Rolle<br />

eines Tischlers spielte und<br />

dabei den markanten Satz zu<br />

sprechen hatte: «Was Gott<br />

zusammenfügt, das soll der<br />

Mensch nicht trennen!» Er<br />

aber begann: «Was der Mensch<br />

zusammenfügt… », merkte,<br />

dass er sich versprochen hatte,<br />

und verstummte. Da ergänzte<br />

aus dem Zuschauerraum eine<br />

Stimme: «…das soll der Tischler<br />

nicht leimen!»<br />

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21. Juni 2012, 20 Uhr, Anmeldung: www.ticketville.ch<br />

IMPRESSUM<br />

<strong>Theater</strong>-<strong>Zytig</strong> 2012 95. Jahrgang<br />

Magazin für <strong>Theater</strong>interessierte in der Schweiz<br />

ISSN 0378-6935<br />

Auflage 3768 Ex. (notariell beglaubigt)<br />

Erscheint 11 mal jährlich<br />

jeweils Anfang des Monats<br />

(Doppelnummer August/September)<br />

Herausgeber<br />

Zentralverband Schweizer Volkstheater ZSV und<br />

z-grafix.ch Uetendorf<br />

Adressänderungen,<br />

Abonnemente, Probenummern<br />

<strong>Theater</strong>-<strong>Zytig</strong><br />

Industriestrasse 37<br />

3178 Bösingen<br />

Telefon 031 740 97 90<br />

Telefax 031 740 97 76<br />

abo@theater-zytig.ch<br />

Bei Mutationen bitte Kontrollnummer angeben<br />

Redaktions- und Inserateadresse<br />

Redaktion <strong>Theater</strong>-<strong>Zytig</strong><br />

Postfach 320<br />

3661 Uetendorf<br />

Telefon 033 345 18 42<br />

Telefax 033 345 18 46<br />

eMail: redaktion@theater-zytig.ch<br />

Redaktionelle Beiträge, Inserate, Bilder und Daten<br />

für den Spielplan bitte direkt an oben stehende Adresse.<br />

Für unverlangt eingesandte Manuskripte und<br />

Bilder kann keine Haftung übernommen werden.<br />

Manuskripte und Fotos werden nicht zurückgesandt.<br />

Preise für Inserate und Beilagen<br />

Verlangen Sie unser Mediablatt<br />

(auch unter www.theater-zytig.ch)<br />

Redaktionsschluss/Inserateschluss<br />

siehe Editorial auf Seite 3<br />

(in der Regel 5. des Vormonats)<br />

Verantwortlich<br />

Hannes Zaugg-Graf (Chefredaktor)<br />

Abonnementspreis Inland pro Jahr<br />

Fr. 59.– Nichtmitglieder<br />

Fr. 44.– Mitglieder ZSV od. angeschl. Verein<br />

Fr. 37.– ab 20 Ex. pro Gruppe<br />

Fr. 22.– statutarisch ganzer Verein<br />

Ausland: Preise auf Anfrage.<br />

Änderungen vorbehalten.<br />

Einzelpreis: Fr. 6.00, Porto nach Aufwand.<br />

Preisänderungen vorbehalten. Probenummer<br />

gratis, bitte direkt bei neben stehender<br />

Adresse anfordern.<br />

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Unsere Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 09:00 bis 12.00 und 13:30 bis 18:00 - Donnerstag bis 20:00 auf Anmeldung<br />

Copyright<br />

© 2012 by <strong>Theater</strong>-<strong>Zytig</strong>.<br />

Alle Rechte vorbe halten. Die Zeitschrift und<br />

ihre Teile sind urheberrechtlich geschützt.<br />

Jede Ver wer tung in anderen als den gesetzlich<br />

zugelas senen Fällen bedarf deshalb der vorherigen<br />

schrift lichen Einwilligung der Redaktion.<br />

Layout und Produktion<br />

atelier z-grafix, postgässli 9A, uetendorf<br />

www.z-grafix.ch<br />

Druck<br />

Stämpfli AG, Bern<br />

Freie MitarbeiterInnen<br />

Dodo Aerne, Dietlikon; Siegfried Bla rer, Diet likon; Jörg<br />

Emmenegger, St.Gallen; Josette Gillmann-Mahler,<br />

Kriens; Franz Grütter, Bern; Urs Hirschi, Belp; Ursula<br />

Huber-Gamper, Lüterswil; Hugo Kropf, Wichtrach;<br />

Gerhard Lengen, Zürich; Marie-Claire Niquille,<br />

Kilchberg; Urs Nufer, Meiringen; Martin Urs Rohner,<br />

Winterthur; Cäsar Rossi, Hünenberg; Rico Spring,<br />

Aarau; Ueli Studer, Bern; Dany Tettamanti, Horgen,<br />

Regula van Swigchem, Uetendorf; Claudia Walser<br />

Vollenweider, Hausen; Hardy Wehrli, Glarus<br />

Berichte aus den Regionalverbänden<br />

Aargau (VAV): Rolf Zimmerli<br />

Eggenacherstrasse 13, 4663 Aarburg<br />

Tel. 062 791 63 48/079 742 65 77<br />

Bern/Freiburg (AMATHEA): Helga Simmen<br />

Zentrumsplatz 2, 3322 Urtenen-Schönbühl<br />

Tel 031 859 72 29/079 789 37 56<br />

Graubünden (BVV/UTP/AGT): vakant<br />

Nordwestschweiz (RVNWS): Hans Stelzer, Erikastr.<br />

8, 4057 Basel, Tel. 061 681 10 23, tassilo@freesurf.ch<br />

Ostschweiz (VOV): Markus Staub,<br />

Schulhaus Engenhütten, 9054 Haslen<br />

Tel. 071 470 09 70, markus.staub@volkstheater.ch<br />

Wallis (VSDW): vakant<br />

Zentralschweiz (RZV): Hans Zgraggen-Ziegler,<br />

Butzenweg 1, 6472 Erstfeld<br />

familie.zgraggen@bluewin.ch<br />

Zürich/Glarus (RVA): vakant

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