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aus den fachbereichen - Friedrich-Schiller-Universität Jena

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AUS DEN FACHBEREICHEN<br />

Keine unkritische Übernahme<br />

Am 29. November 2012 fand in der Ernst-Abbe-<br />

Fachhochschule <strong>Jena</strong> die erste <strong>Jena</strong>er Fachtagung<br />

zu Hochschulrecht, -rechnungswesen und -besteuerung<br />

statt.<br />

Unter <strong>den</strong> etwa 70 Teilnehmern <strong>aus</strong> Deutschland<br />

und Österreich waren Kanzler und Vertreter <strong>aus</strong><br />

<strong>den</strong> Finanzdezernaten von Hochschulen sowie<br />

Mitarbeiter von Rechnungshöfen, Wissenschaftler,<br />

Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Gäste <strong>aus</strong><br />

der Politik. Begrüßt wur<strong>den</strong> sie stellvertretend<br />

für die Veranstalter von Prof. Dr. Kurt-Dieter<br />

Koschmieder, ehemals Prorektor der <strong>Friedrich</strong>-<br />

<strong>Schiller</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>Jena</strong>, und Stb. Prof. Dr. Hans<br />

Kl<strong>aus</strong>, Dekan des Fachbereichs Betriebswirtschaft<br />

der EAH <strong>Jena</strong>.<br />

Veranstalter war der Kompetenzkreis „Hochschulrecht,<br />

-rechnungswesen und -besteuerung“, der<br />

mit der Tagung eine erste Bilanz seiner Tätigkeit<br />

seit der Konstituierung im Januar 2011 vorlegte.<br />

Zur Diskussion stan<strong>den</strong> insbesondere die Konsequenzen<br />

für Hochschulen <strong>aus</strong> der erheblichen<br />

Mittelverknappung sowie aktuelle Probleme<br />

des Rechnungswesens und der Besteuerung von<br />

Hochschulen.<br />

Im Leitvortrag referierte Prof. em. Dr. Dr. h.c.<br />

Dietrich Budäus (<strong>Universität</strong> Hamburg) zum Thema<br />

„Funktion und Leistungsfähigkeit von Public<br />

Management zur Überwindung der tradierten<br />

Handlungslogik öffentlicher Ressourcensteuerung“.<br />

Im Ergebnis erachtet Herr Budäus <strong>den</strong> Ausbau des<br />

Hochschulrechnungswesens als Instrument für<br />

eine zielgerichtete Ressourcensteuerung in <strong>den</strong><br />

Hochschulen für zwingend. Nur ein doppisches<br />

Rechnungswesen sei in der Lage, die dafür notwendigen<br />

Informationen bereitzustellen. Dies spiegele<br />

sich auf europäischer Ebene in <strong>den</strong> Entwürfen<br />

der IPSAS (International Public Sector Accounting<br />

Standards), die mittelfristig für <strong>den</strong> gesamten<br />

öffentlichen Sektor verbindlich wer<strong>den</strong> dürften.<br />

Prof. Dr. Anne Müller-Osten (Hochschule der<br />

Bundesagentur für Arbeit Schwerin) knüpfte mit<br />

ihren Ausführungen zur strategischen Steuerung<br />

in durchgängigen Ordnungsstrukturen an die<br />

Ausführungen ihres Vorredners an. Sie empfahl,<br />

abgeleitet <strong>aus</strong> der demokratischen Legitimation,<br />

sowohl eine Koordination des Zielsystems als auch<br />

der Regelungsinstrumente zwischen Parlament,<br />

Ministerien sowie Hochschulen und plädierte für<br />

eine Einführung des doppischen Rechnungswesens<br />

auf gesamtstaatlicher Ebene. Nur dadurch werde<br />

eine einheitliche Messgröße für die Zielerreichung<br />

auf allen staatlichen Ebenen erreicht.<br />

Flankierend zur Einführung des doppischen<br />

Rechnungswesens und zur effizienten Steuerung<br />

der Hochschulprozesse sind entsprechende IT-<br />

Systeme erforderlich. Markus Bodemann (Leiter<br />

des Rechenzentrums, Hauptabteilung Finanzen,<br />

Erzbistum Paderborn) stellte bei seinem Vortrag<br />

„IT und Prozessmanagement“ <strong>den</strong> Abstimmungsprozess<br />

zwischen Organisation und IT in <strong>den</strong><br />

Mittelpunkt. Der effiziente IT-Einsatz erfordere<br />

<strong>aus</strong> dem Zielsystem abgeleitete und wohl definierte<br />

Geschäftsprozesse. Das hierfür notwendige<br />

Bewusstsein sei im öffentlichen Sektor noch nicht<br />

hinreichend <strong>aus</strong>geprägt.<br />

Die theoretischen Ausführungen der Fachvorträge<br />

des Vormittags fan<strong>den</strong> ihren Widerhall in der Erörterung<br />

praktischer Problemfelder des Hochschulrechnungswesens<br />

und der Hochschulbesteuerung<br />

am Nachmittag. Insbesondere wur<strong>den</strong> diskutiert:<br />

- die Entwicklung des Rechnungswesens zum<br />

Planungs- und Steuerungsinstrument von<br />

Hochschulen,<br />

- die Eigenkapital-Gliederung und Zuordnung von<br />

Wirtschaftsgütern sowie<br />

- der Leistungs<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch und die Besteuerung<br />

von Bildungsleistungen.<br />

Die unkritische Übernahme privatwirtschaftlicher bzw. kaufmännischer Rechnungslegungsinstrumente<br />

ist aufgrund der besonderen Situation von Hochschulen abzulehnen. Vielmehr muss eine Anpassung an<br />

das Zielsystem der Hochschulen erfolgen.<br />

Kosten- /<br />

Leistungsrechnung:<br />

Handelsrechtliches<br />

Rechnungswesen:<br />

Zielsetzung des Rechnungswesens<br />

bei Privatwirtschaftlichen Unternehmen<br />

Selbstinformation und Organisationssteuerung<br />

mit dem Ziel der Gewinnoptimierung<br />

Gläubiger- und Gesellschafterschutz<br />

durch Ausschüttungsbemessung und<br />

Information<br />

Abb. 1: Zielsystemdivergenz beim Rechnungswesen<br />

Zielsetzung des Rechnungswesens<br />

bei Hochschulen<br />

Selbstinformation und Organisationssteuerung<br />

mit dem Ziel des effizienten<br />

Ressourceneinsatzes (3-E-Modell<br />

Budäus)<br />

Information über Finanz- und Vermögenslage<br />

der Hochschulen gegenüber<br />

Bürgern, Staat, Politik und gesellschaftlichen<br />

Gruppen<br />

Die Auswirkungen der unterschiedlichen Zielsetzungen wer<strong>den</strong> beispielsweise beim wirtschaftlichen<br />

Eigentum, bei der Eigenkapitalgliederung oder beim Sonderposten für Zuschüsse zum Anlagevermögen<br />

deutlich. Hier gibt es erhebliche Abweichungen von <strong>den</strong> Bilanzierungsmodalitäten bei privatwirtschaftlichen<br />

Unternehmen. Ebenso führt die Anwendung des aktuell gültigen Steuerrechts auf hochschulspezifische<br />

Vorgänge zu teilweise widersinnigen und kontraproduktiven Ergebnissen. Auch diese Verwerfungen<br />

resultieren <strong>aus</strong> der Zieldivergenz zwischen dem für privatwirtschaftliche Unternehmen entwickelten<br />

Steuerrecht und der Funktion der Besteuerung von staatlichen Institutionen, insbesondere Hochschulen.<br />

Zielsetzung des gelten<strong>den</strong> Steuerrechts<br />

Steuergesetze Ordnungsmäßige Besteuerung von Gewinn<br />

und Leistungs<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch mit dem<br />

primären Ziel der Erzielung von Einnahmen<br />

zur Deckung des Staatsh<strong>aus</strong>haltes<br />

Abb. 2: Zielsystemdivergenz bei der Besteuerung<br />

Zielsetzung eines<br />

Steuerrechts für<br />

Hochschulen<br />

Vermeidung von wettbewerbsverzerrender<br />

Minderbesteuerung von<br />

Hochschulen<br />

Die steuerliche Beratungspraxis versucht, die negativen Auswirkungen dieser Zieldivergenz vor allem im<br />

Bereich der Besteuerung von Bildungsleistungen und des Leistungs<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ches zwischen Hochschulen<br />

durch – im Rahmen der Paneldiskussion dargestellte – aufwändige Gestaltungen zu vermei<strong>den</strong>.<br />

Umso bedauerlicher ist es, dass beispielsweise die im Regierungsentwurf des Jahressteuergesetzes<br />

2013 enthaltene Reform des § 4 Nr. 21 UStG (Besteuerung von Bildungsleistungen) im Gesetzgebungsverfahren<br />

(vorerst?) wieder zurückgenommen wurde. Gerade § 4 Nr. 21 UStG zeigt die Notwendigkeit<br />

eines hochschulspezifischen Steuerrechts.<br />

Die Tagungsteilnehmer waren sich einig, dass konkrete praktische Problem- und Fragestellungen unter<br />

Berücksichtigung des staatspolitischen Bezugsrahmens für ein funktionierendes Hochschulwesen ein<br />

Forum benötigen. Aufbauend auf <strong>den</strong> Ergebnissen der ersten Arbeitstagung wird der Kompetenzkreis<br />

eine Folgetagung im Jahr 2013 durchführen.<br />

Für weitere Informationen siehe http://horrub.bw.fh-jena.de/<br />

Prof. Dr. Hans Kl<strong>aus</strong>, Dr. Bärbel Schmidt<br />

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Dietrich Budäus, Foto: Tilche<br />

facetten Nr. 26<br />

22

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