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Kindheit, Jugend, Sozialisation - ZAG der Universität Freiburg

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34 Mona Hanafi El Siofi/ Sven Kommer/ Meike Penkwitt<br />

explizit thematisieren, wird bei Berger/ Luckmann die Interaktivität von <strong>Sozialisation</strong>sprozessen<br />

stark betont, als <strong>der</strong>en wichtigstes Instrument die Sprache<br />

fungiert. Diese dynamischen Aspekte hatten ohne Zweifel großen Einfluss auf<br />

sozialkonstruktivistische Theorien. Denn damit ist bei Berger/ Luckmann <strong>Sozialisation</strong>,<br />

die als grundlegende Einführung des Individuums in eine Gesellschaft<br />

o<strong>der</strong> eines Teils von ihr definiert wird, nie zu Ende; son<strong>der</strong>n <strong>Sozialisation</strong> bleibt<br />

ein fortwähren<strong>der</strong> Balanceakt zwischen <strong>der</strong> „Identifizierung durch An<strong>der</strong>e und<br />

Selbstidentifikation, zwischen objektiv zugewiesener und subjektiv angeeigneter<br />

Identität“ (142).<br />

Kein Import ist das Theoriegebäude von Habermas, das in Ausschnitten auch<br />

als <strong>Sozialisation</strong>stheorie gelesen werden kann: Ausgehend von <strong>der</strong> Tradition<br />

<strong>der</strong> Frankfurter Schule und unter Einbeziehung u. a. <strong>der</strong> interaktionistischen<br />

Traditionslinie steht für Habermas außer Frage, dass es eine ‚Zielgröße‘ für den<br />

Prozess <strong>der</strong> <strong>Sozialisation</strong> gibt. So bedarf es zur dauerhaften Sicherung einer<br />

demokratischen Staatsordnung <strong>der</strong> Fähigkeit, an einer ‚idealen Sprechsituation‘<br />

zu partizipieren, bzw. eine solche zu initiieren. Voraussetzung hierfür ist das<br />

Verfügen über ‚kommunikative Kompetenz‘ und die erfolgreiche Entwicklung<br />

einer ‚Ich-Identität‘.<br />

Mit dem 1980 erstmalig erschienen ‚Handbuch <strong>der</strong> <strong>Sozialisation</strong>sforschung‘<br />

(Hurrelmann/ Ulich 1980) liegt für den deutschsprachigen Raum eine zentrale,<br />

zusammenfassende Darstellung <strong>der</strong> Debatte vor, verbunden mit <strong>der</strong> Publikation<br />

einiger richtungsweisen<strong>der</strong> Texte (u. a. Bilden 1980). Das im Anschluss an die<br />

Vorbereitung des Handbuchs von Hurrelmann (1983) in <strong>der</strong> ‚Zeitschrift für <strong>Sozialisation</strong>sforschung‘<br />

vorgestellte Modell des ‚produktiv Realität verarbeitenden<br />

Subjekts‘ stellt für die jüngere bundesrepublikanische Debatte eine zentrale<br />

Wegmarke dar. Folgt man Zinnecker, so liegt damit „für ein Jahrzehnt eine für<br />

viele Autoren und Leser konsensfähige Formel“ (Zinnecker 2000, 274) vor, die<br />

erst ab Mitte/Ende <strong>der</strong> 1990er-Jahre wie<strong>der</strong> häufiger in Frage gestellt wird.<br />

Mit dem Modell des ‚produktiv Realität verarbeitenden Subjekts‘ nimmt Hurrelmann<br />

zunächst einmal die Kritik an den frühen, allzu eindimensional auf<br />

eine gesellschaftliche Formierung des Individuums ausgerichteten Theorien auf<br />

und stärkt die Position des Subjekts – das sich den <strong>Sozialisation</strong>szumutungen<br />

eben auch entziehen o<strong>der</strong> wi<strong>der</strong>ständig reagieren kann.<br />

Das Modell lehnt diese [strukturfunktionalistische Rollen etc.] anpassungsmechanistischen<br />

Vorstellungen ab und for<strong>der</strong>t Raum für die individuelle Gestaltung <strong>der</strong><br />

Persönlichkeit, für subjektive Autonomie. (Hurrelmann 2002, 20)<br />

Rückblickend resümiert Hurrelmann:<br />

Entscheidend für die konzeptionelle Idee des Modells ist das Spannungsverhältnis<br />

zwischen den Polen <strong>der</strong> Fremdbestimmung (Heteronomie) und <strong>der</strong> Selbstbestimmung<br />

(Autonomie) <strong>der</strong> Persönlichkeitsentwicklung. Ein wichtiges erkenntnistheoretisches<br />

Ziel dieses Modells ist, solche sozialen Strukturen identifizieren zu<br />

<strong>Freiburg</strong>er GeschlechterStudien 22

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