Kindheit, Jugend, Sozialisation - ZAG der Universität Freiburg
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42 Mona Hanafi El Siofi/ Sven Kommer/ Meike Penkwitt<br />
<strong>der</strong> Familie, die auch in <strong>der</strong> Adoleszenz eine „wichtige Hintergrundsquelle“<br />
bleibe, von großer Relevanz. Sowohl hier als dort werden „alle Seiten [aber<br />
auch alle Interaktionen] einer Person, die mit Abhängigkeit und Schwäche, mit<br />
Unsicherheit, Angst und Hilflosigkeit verbunden sind“ als weiblich konnotiert<br />
– und bei männlichen Personen damit als ‚nicht normal‘ o<strong>der</strong> kurz: ‚schwul‘<br />
wahrgenommen bzw. etikettiert.<br />
Abschließend schlägt Flaake den Bogen zum Suchtverhalten, das „eine – aber<br />
eben nur eine – mögliche Verarbeitungsstruktur“ <strong>der</strong> aufgezeigten Problematik<br />
darstellen kann“: Die Abspaltung bestimmter Persönlichkeitsanteile könne zu<br />
depressiven Symptomen führen; Drogensucht könne eine Form <strong>der</strong> externalisierenden<br />
Abwehr darstellen.<br />
Im Rahmen pädagogischer und sozialpädagogischer Arbeit sollte, so Flaake,<br />
ein Ziel darin liegen „[d]die innere Leere zum Sprechen zu bringen, den<br />
abgespaltenen Gefühlen Raum zu verschaffen“ um so bereits dem Entstehen<br />
einer Sucht vorzubeugen. Grundlegen<strong>der</strong> müsse es aber, so Flaake, um eine<br />
Verflüssigung von Polaritäten und traditionellen Geschlechterbil<strong>der</strong>n gehen.<br />
Und hier sieht Flaake, ähnlich wie Chodorow und an<strong>der</strong>e ‚frühe‘ <strong>Sozialisation</strong>stheoretikerinnen,<br />
„Verän<strong>der</strong>ungen [sowohl seitens Männern als auch von<br />
Frauen] in den geschlechtsspezifischen Arbeitsteilungen – insbeson<strong>der</strong>e wenn<br />
es um beziehungsorientierte Tätigkeiten geht –“ als maßgeblich an.<br />
Die von dem Pädagogen und <strong>Jugend</strong>forscher Wilfried Ferchhoff unternommene<br />
Überblicksdarstellung <strong>der</strong> aktuellen Debatten in <strong>der</strong> <strong>Jugend</strong>forschung folgt<br />
einem eigenen Sprachspiel. Ausgehend von einer breiten und vertieften Kenntnis<br />
<strong>der</strong> relevanten Diskurse zeigt er nicht nur ihren schwer zu überblickenden<br />
Vielklang (und oftmals mangelnden Anschluss aneinan<strong>der</strong>), son<strong>der</strong>n auch ihre<br />
Grenzen und unbefriedigende Eigen-Reflexionen auf. Dabei steht für den Verfasser<br />
außer Frage, dass die (scheinbar?) klare Ordnung <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne längst<br />
abgedankt hat und wir es mit einer kaum mehr zu überblickenden Komplexität<br />
von Lebenslagen, Lebensstilen und Lebensentwürfen zu tun haben. Vertrautheits-<br />
und Schutzräume haben sich (nicht zuletzt im Zuge <strong>der</strong> Globalisierung)<br />
aufgelöst, begleitet von Existenzunsicherheiten und an<strong>der</strong>en Verunsicherungen<br />
müssen – und werden (erinnert sei nur an die vielfältigen christlichen Fundamentalismen)<br />
– neue Ruhepole geschaffen werden. Denn nur dann wird die<br />
„ontologische Bodenlosigkeit“, die die Menschen „im Freien“ stehen lässt, nicht<br />
zu einer destruktiven Überfor<strong>der</strong>ung.<br />
Kenntnisreich führt er die vielfältigen Aspekte, Dimensionen und Varianzen<br />
einer ‚verän<strong>der</strong>ten‘ <strong>Kindheit</strong> und <strong>Jugend</strong> – nicht nur, aber auch mit Blick auf<br />
‚Gen<strong>der</strong>‘ – vor Augen.<br />
Passend zu den Debatten um Selbstsozialisation bzw. dem Eigenanteil von<br />
Individuen an ihrer (Geschlechter)<strong>Sozialisation</strong> zeigt die <strong>Freiburg</strong>er Sprachwissenschaftlerin<br />
Helga Kotthoff anhand empirischer Daten vor allem aus Telefonaten,<br />
wie sich adoleszente Mädchen innerhalb ihrer Peergroup gegenseitig<br />
sozialisieren. In ihren Gesprächen handeln sie Gefühlsnormen, Verhaltens- und<br />
moralische Bewertungsstandards aus und zwar insbeson<strong>der</strong>e für den roman-<br />
<strong>Freiburg</strong>er GeschlechterStudien 22