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Kindheit, Jugend, Sozialisation - ZAG der Universität Freiburg

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38 Mona Hanafi El Siofi/ Sven Kommer/ Meike Penkwitt<br />

in Ablehnung <strong>der</strong> wilhelminischen Schul- und Gesellschaftsstrukturen hofft er<br />

auf eine eigenständige ‚<strong>Jugend</strong>kultur‘, die eine ‚bessere Zukunft‘ begründen<br />

solle – allerdings unter <strong>der</strong> Prämisse, dass sich ‚die <strong>Jugend</strong>‘ seinen Ansprüchen<br />

(die weit über das reale Wan<strong>der</strong>vogelleben hinausgehen) unterwirft. Die etwa<br />

zeitgleich entstehende ‚Arbeiterjugendbewegung‘ wird dann auch ebenso ausgeblendet<br />

wie <strong>der</strong> Gedanke, es könnten einmal medial formierte, sich über die<br />

Teilhabe an spezifischen Konsumkulturen definierende ‚<strong>Jugend</strong>kulturen‘ (nun<br />

im Plural) entstehen.<br />

Mit <strong>der</strong> Machtübernahme <strong>der</strong> Nationalsozialisten ist sowohl für die sich eine<br />

mehr o<strong>der</strong> weniger ‚eigene‘ Kultur schaffende bürgerliche <strong>Jugend</strong>bewegung wie<br />

auch für die stärker von Konzepten <strong>der</strong> Arbeiterbildung und einer Einflussnahme<br />

<strong>der</strong> Arbeiterparteien geprägte Arbeiterjugendbewegung ein Schlusspunkt<br />

gesetzt. Die Hitlerjugend (und <strong>der</strong> BDM) als eine staatlich organisierte (und<br />

ideologisierte) Veranstaltung sind kaum als eine eigenständige <strong>Jugend</strong>kultur<br />

zu beschreiben – auch wenn sich möglicherweise in <strong>der</strong> ein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en lokalen<br />

Gruppe zumindest zeitweise Überbleibsel einer autonomen Kultur regen<br />

konnten. Mit <strong>der</strong> – mehr o<strong>der</strong> weniger oppositionellen, auf jeden Fall aber nicht<br />

wohlgelittenen – ‚Swing-<strong>Jugend</strong>‘ entsteht in einigen Großstädten aber zugleich<br />

<strong>der</strong> Prototyp späterer <strong>Jugend</strong>kulturen. Dies gilt insbeson<strong>der</strong>e für die Orientierung<br />

an einem spezifischen, kommerziell produzierten Musikstil wie auch die<br />

Wi<strong>der</strong>ständigkeit gegenüber elterlichen wie auch gesellschaftlichen Ansprüchen<br />

(und Kultur-Vorgaben).<br />

Nach 1945 entsteht nicht nur das Bild des ‚Teenagers‘, die rasch zunehmende<br />

Verbreitung von Tonträgern, Radioprogrammen und an<strong>der</strong>en Verbreitungsmedien<br />

(erinnert sei an die wichtige Rolle <strong>der</strong> Zeitschrift Bravo) führt zu einer<br />

immer rascheren Abfolge verschiedener <strong>Jugend</strong>kulturen bis hin zu <strong>der</strong> vielfach<br />

zitierten ‚postmo<strong>der</strong>nen Unübersichtlichkeit‘ am Ende des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts.<br />

Wie auch immer man diese ob ihrer Ambivalenz zwischen Wi<strong>der</strong>ständigkeit,<br />

Avantgarde und Kommerzialisierung werten will, unbestritten ist, dass sie<br />

zunehmend zu einer relevanten <strong>Sozialisation</strong>sinstanz werden.<br />

Zugleich werden sie immer häufiger Gegenstand einer sich etablierenden<br />

‚<strong>Jugend</strong>forschung‘. Erste Texte (z. B. Busse-Wilson (1925)) setzten sich – jenseits<br />

<strong>der</strong> eher ‚Szeneinternen‘ Postulate – bereits mit <strong>der</strong> frühen <strong>Jugend</strong>bewegung<br />

auseinan<strong>der</strong>, spätestens mit dem Auftreten <strong>der</strong> ‚Halbstarken‘ gewinnt das<br />

Thema aber eine breitere Relevanz. Über weite Strecken steht dabei zunächst<br />

einmal ein eher auf die ‚Devianz‘ gerichtete Perspektive im Vor<strong>der</strong>grund, ‚populäre‘<br />

<strong>Jugend</strong>kulturen werden vor allem als Verlust aller kulturellen Errungenschaften<br />

des Abendlandes empfunden.<br />

Mit <strong>der</strong> Rezeption <strong>der</strong> Forschungen <strong>der</strong> ‚Chicago-School‘ und <strong>der</strong> frühen<br />

– zunächst vor allem auf die Erforschung <strong>der</strong> englischen Arbeiterjugendkultur<br />

fokussierten – Studien (und Theorien) <strong>der</strong> ‚Cultur Studies‘ setzt dann langsam<br />

ein Perspektivwechsel ein. <strong>Jugend</strong>liche ‚Subkulturen‘ verlieren – insbeson<strong>der</strong>e<br />

aus <strong>der</strong> Sicht einer jungen Generation von WissenschaftlerInnen – ihren Hautgout<br />

und werden immer häufiger zum Gegenstand einer Forschung, die es oft<br />

nur noch mühsam schafft, sich gegen eher populären Texten entspringenden<br />

<strong>Freiburg</strong>er GeschlechterStudien 22

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