ZEITSCHRIFT
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966 Stahl und E isen. IVirtschaftliche Rundschau. 44. Jah rg. N r. 32.<br />
Die Lage des R o h eise n m a r k te s war im Juli sehr<br />
unbefriedigend. Infolge der schwierigen Kreditverhält -<br />
nisse legten zahlreiche Verbraucher ihre Betriebe still<br />
oder schränkten sie stark ein, wodurch der Roheisenabsatz<br />
sehr zurückging. Eine Belebung des Marktes ist erst zu<br />
erwarten, wenn die schwebenden politischen Verhandlungen<br />
zu einem Ergebnisse geführt haben.<br />
Auch das Auslandsgeschäft lag sehr ruhig. Die<br />
Preise gingen auf der ganzen Linie weiter zurück.<br />
Auf dem H a lb zeu g -M a rk te ist eine Besserung<br />
gegen den Vormonat nicht eingetreten. Die Nachfrage aus<br />
dem Inlande war sehr gering, da eine Klärung der Lage<br />
noch nicht eingetreten war und die Kreditnot sich weiter<br />
verschärfte. Die Preise gingen abermals zurück und lagen<br />
in vielen Fällen unter den Selbstkosten. Aus dem Auslande<br />
kamen ziemlich viele Anfragen herein, doch waren<br />
die dort erzielbaren Preise so niedrig, daß nennenswerte<br />
Geschäfte kaum zum Abschluß gekommen sein dürften.<br />
Der Auftragsbestand bei den Werken in schweren<br />
E ise n b a h n -O b e r b a u sto ffen ließ erheblich nach;<br />
stellenweise kann man sogar von einem Auftragsmangel<br />
sprechen. Die Zuweisungen der Reichsbahn waren gering,<br />
so daß sie nicht ausreichten, das Arbeitsbedürfnis der<br />
Werke zu decken. Weiter zurückliegende Auslands-Aufträge<br />
halfen den Werken den Betrieb aufrecht zu erhalten.<br />
Neue Auslandsaufträge dürften in größerem Umfange<br />
nicht hereingekommen sein, da die deutschen Werke bei<br />
nennenswerten Ausschreibungen vielfach vom Auslande<br />
unterboten wurden. Man stieß namentlich auf sehr billige<br />
Preise des belgisch-französischen Wettbewerbs, wodurch<br />
bei künftigen Geschäften die ohnehin schlechten Preise<br />
noch weiter gedrückt werden dürften. Die Lage der<br />
S ch raub en fa b rik en und K lein eisen zeugw erke hat<br />
sich nicht gebessert, da der Auftragseingang bei ihnen<br />
schlecht war. G ru b en sch ien en wurden vom Auslande<br />
rege angefragt. Auch hier waren die Preise außerordentlich<br />
niedrig.<br />
F o rm eisen wurde sowohl im Inlande als auch im<br />
Auslande bedeutend weniger gefragt, und die vereinzelten<br />
Aufträge, die vergeben wurden, waren nur zu sehr gedrückten<br />
Preisen erhältlich. Bevor der Ausgang der politischen<br />
Verhandlungen in London nicht zu übersehen ist,<br />
wird an eine Belebung des Geschäftes nicht zu denken sein.<br />
Gegenüber dem Vormonat ist in der Beschäftigung<br />
der Werke in rollen d em E isen b a h n zeu g eine Besse°-<br />
rung nicht eingetreten. Besonders in Lokomotiv- und<br />
Wagen-Radsätzen ging die Erzeugung auf einen geringen<br />
Bruchteil der Leistungsfähigkeit zurück. Auch die Nachfrage<br />
für das Inland läßt eine baldige Milderung des Arbeitsmangels<br />
nicht erhoffen.<br />
Auf dem Auslandsmarkt war wiederum eine verhältnismäßig<br />
rege Tätigkeit wahrzunehmen, indessen beschränkte<br />
sich der Bedarf in erster Linie auf lose R adsatzteile<br />
(Radreifen usw.).<br />
Das Geschäft in G rob blechen war allgemein wenig<br />
befriedigend. Der Handel nahm keine Bleche auf, weil er<br />
reichlich Lager darin besitzt und sich darum bemüht, dieses<br />
abzustoßen. Die Verbraucher hielten stark zurück und<br />
bestellten nur das AUernotwendigste. Größere Anlagen<br />
kommen gegenwärtig überhaupt nicht zur Ausführung,<br />
wohl nicht allein wegen der allgemeinen Geldknappheit’<br />
sondern auch weil das Ergebnis der Londoner Verhandlungen<br />
abgewartet wird.<br />
Das A uslandsgeschäft war an und für sich nicht<br />
viel besser, denn der belgisch-französische Wettbewerb<br />
machte sich auch hier sehr stark bemerkbar.<br />
Mit Rücksicht auf die schlechte Preislage haben<br />
sich bereits eine Anzahl von größeren Blechwalzwerken<br />
dazu veranlaßt gesehen, ihre Betriebe wesentlich einzuschränken.<br />
Das F e in b le c h g e sc h ä ft hat sich von Woche zu<br />
Woche ungünstiger gestaltet. Infolge der durch die Geldknappheit<br />
bedingten sehr großen Zurückhaltung der Verbraucher<br />
und des dadurch verursachten größeren A n<br />
gebotes gingen die Preise unausgesetzt zurück. Sie sind<br />
schließlich so niedrig und verlustbringend geworden, da ß<br />
es den meisten Werken, besonders den reinen Walzwerken<br />
des Sieger- und Sauerlandes, nicht mehr möglich ist, den<br />
Betrieb noch fortzuführen. Gegenwärtig sind nur noch<br />
wenige dieser Werke in Betrieb, die jedoch auch nicht<br />
mehr länger zu den niedrigen und verlustbringenden<br />
Preisen werden liefern können, so daß das Geschäft voilständig<br />
zum Erliegen kommen dürfte, wenn nicht in Lon<br />
don eine befriedigende Regelung der schwebenden Fragen<br />
und damit eine neue Belebung des Geschäftes herbeigeführt<br />
wird.<br />
Der A u sla n d sm a r k t konnte einen nennenswerten<br />
Ersatz für die ausgefallenen Inlandsaufträge nicht bringen,<br />
da auch dort die Geschäfte heiß umstritten und die<br />
Preise noch weit unter den gegenwärtigen niedrigsten<br />
Inlandsnotierungen liegen.<br />
In g u ß eise r n e n R ö h ren ging der Auftragseingang<br />
gegenüber dem Vormonat weiter zurück, veranlaßt durch<br />
den allgemeinen wirtschaftlichen Tiefstand. Die große<br />
Geldknappheit führte dazu, daß Aufträge nur, wenn es<br />
unbedingt nötig war, erteilt wurden. Die Aussichten für<br />
die nächste Zukunft sind vollständig undurchsichtig.<br />
Die Anfragen nach sch m ie d e isern e n Röhren<br />
ließen im allgemeinen sehr nach, so daß um die sich bietenden<br />
Aufträge in der schärfsten Weise gekämpft werden<br />
mußte. Im Inland war die Lage deshalb besonders<br />
schwierig, weil diejenigen Firmen, für welche sich Bedarf<br />
zeigte, meistens nicht nur billigste Preise beanspruchten,<br />
sondern auch noch besonders günstige Zahlungsbedingungen<br />
erwarteten. Auch die Anfragen aus dem A uslande<br />
sind seltener geworden, so daß, um zu einem Geschäft<br />
zu kommen, in den Preisen derart nachgegeben werden<br />
mußte, daß sie heute nicht einmal die Gestehungskosten<br />
decken.<br />
Ebenso hat sich im Juli die Lage des D r a h tg e sc h ä f<br />
te s im Inland weiter verschlechtert. Die Nachfrage nach<br />
Drahterzeugnissen für die Landwirtschaft ruhte fast<br />
ganz, für industrielle Verarbeitung wurden nur ganz geringe<br />
Drahtmengen angefordert, und ebenso war das<br />
Geschäft mit Baustiften stockend. Die Preise sind auf<br />
der ganzen Linie weiter zurückgegangen.<br />
Auch das A u sla n d sg e sc h ä ft ist weiter erlahmt.<br />
Die Preise setzten ihren Rückgang fort und lagen erheblich<br />
unter den Selbstkosten.<br />
Wenn nicht eine erträgliche Regelung der Wiedergutmachungsfrage<br />
demnächst die Geschäftslage günstig<br />
beeinflussen sollte, dann erscheinen die Aussichten des<br />
Drahtgeschäftes für die nächste Zeit sehr trübe. Betriebs -<br />
einschränkungen sind an vielen Stellen schon erforderlich<br />
gewesen und werden sich, wie zu befürchten, demnächst<br />
noch mehren.<br />
In den M a sch in en fa b rik en für große und m ittlere<br />
W erk zeu g m a sch in en für M eta ll- und B le c h <br />
b e a r b e itu n g so w ie für A d ju sta g e und W erftzw<br />
eck e unterschied sich die Geschäftslage auch im Monat<br />
nicht wesentlich von den in den beiden Vormonaten geschilderten<br />
Verhältnissen.<br />
II. MITTELDEUTSCHLAND. — Im Gebiet des<br />
mitteldeutschen Braunkohlenbergbaues betrug im Monat<br />
Juni die R o h k o h le n fö r d e ru n g 6 534 137 t (Vormonat:<br />
7 514 236 t), B r ik e tte r z e u g u n g 1629067 t (Vormonat:<br />
1 884 558 t). Diese Zahlen bedeuten gegenüber dem Mai<br />
einen Rückgang von rd. 13% bzw. 13,6% , der einmal<br />
auf die geringere Zahl von Arbeitstagen — 24 gegenüber<br />
26 im \ ormonat —, hauptsächlich aber auf weitere durch<br />
den anhaltenden wirtschaftlichen Tiefstand hervorgerufene<br />
Arbeitseinschränkungen zurückzuführen ist.<br />
Im Berichtsmonat gestaltete sich das Bild noch trostloser.<br />
Das R o h k o h le n g e sc h ä ft lag völlig danieder.<br />
Als Ursache der weiteren Verschlechterung sind im wesentlichen<br />
die im letzten Bericht hervorgehobenen Gründe<br />
— starke Einfuhr billigerer ausländischer Kohle einerseits,<br />
die ungünstige frachtliche Behandlung der Braunkohle<br />
anderseits — anzusprechen. Auch auf dem B r ik e ttm<br />
arkt hielt trotz der zu Beginn des Monats eingetretenen<br />
etwa lOprozentigen Preisermäßigung die Geschäftsstille<br />
nach wie vor an. Viele Werke gingen gezwungenermaßen,<br />
nach Erschöpfung der Möglichkeiten, weiterhin größere<br />
Mengen zu stapeln, zur Einlegung von Feierschichten über.