partizipation respekt demokratie integration - Politische Jugendbildung
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Projekt „Demokratieführerschein“ an zahlreichen<br />
VHS-Standorten umgesetzt. Es liegen vielfältige Erfahrungen<br />
mit unterschiedlichen Möglichkeiten zum<br />
Mit- und Einmischen junger Menschen vor. Da werden<br />
der Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit samt<br />
kommunalpolitischer Reaktion thematisiert (VHS Soest),<br />
die Wahlen zum Kinder und Jugendparlament<br />
vorbereitet (VHS Castrop-Rauxel), die Neugestaltung<br />
von Jugendtreffpunkten in Angriff genommen (VHS<br />
Köln), die Einrichtung eines kommunalen Jugendausschusses<br />
(VHS Höxter-Marienmünster) oder eines<br />
Jugendbüros (VHS Bad Driburg, Brakel, Nieheim und<br />
Steinheim) betrieben.<br />
Einen Einblick in die konkrete Praxis können Beispiele<br />
aus Lingen (Ems) vermitteln. Jugendliche setzten<br />
sich hier für den Ausbau von Freizeitangeboten ein<br />
und überzeugten die Verantwortlichen im Rat und in<br />
der Verwaltung von ihrem Anliegen. Die Ausgangslage:<br />
Drängende Enge auf dem Abenteuerspielplatz<br />
mit Begegnungszentrum im Stadtgebiet Goosmannstannen,<br />
am Rande Lingens gelegen. Hier leben viele<br />
Migrantinnen und Migranten aus arabischen Staaten,<br />
zunehmend auch aus Osteuropa. Die Infrastruktur ist<br />
überschaubar, es gibt kein Lebensmittelgeschäft, keine<br />
Gaststätte und der letzte Kiosk hat auch schon vor<br />
Jahren geschlossen. Eigentlich existiert in der Nähe<br />
nur der Abenteuerspielplatz mit dem Ein-Raum-Begegnungszentrum.<br />
50 bis 70 Kinder, Jugendliche und<br />
Erwachsene geben sich täglich die Klinke in die Hand,<br />
nur ein ausgeklügeltes Belegungssystem verhindert<br />
das Chaos. Ein Integrationskurs der VHS steigert die<br />
Enge zusätzlich.<br />
Aufgrund dieser Lage war die Entscheidung der Jugendlichen,<br />
sich im Rahmen des „Demokratieführerscheins“<br />
mit der Situation in ihrem Begegnungszentrum<br />
zu befassen, nur logisch: Sie erarbeiteten<br />
ein Konzept für ein Begegnungszentrum, das den<br />
Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer entspricht.<br />
Der Kurs fand 2011 statt. Zu Beginn war die Skepsis<br />
der Jugendlichen groß: „Das wird nichts, auf uns<br />
hört ohnehin niemand, unser Ruf ist so schlecht“,<br />
fand Gino (15 Jahre). „Ein Anbau kostet Geld, das die<br />
da oben für uns nie aufwenden werden“, war sich<br />
Mahmoud (16) sicher. „Wir können unsere Zeit auch<br />
sinnvoller nutzen“, rebellierte Mohammed (17). Die<br />
Ermutigungen von Daniel Sielaff, Sozialpädagoge im<br />
Begegnungszentrum, führten dann aber doch dazu,<br />
dass eine Gruppe von neun Jugendlichen zwischen<br />
14 und 20 Jahren das Seminar besuchte und gemeinsam<br />
eine Präsentation über die aktuelle Situation und<br />
ihre Wünsche erstellte. Groß war dann die Überraschung,<br />
als an der Abschlusspräsentation sowohl der<br />
Oberbürgermeister der Stadt als auch Vertreter dreier<br />
Ratsfraktionen teilnahmen und sichtlich beeindruckt<br />
waren. Gleich wurden die nächsten Umsetzungsschritte<br />
ins Auge gefasst: die Vorstellung des Vorhabens<br />
im Jugendhilfeausschuss, ein Gespräch mit der<br />
Stadtkämmerin, die Abstimmung in den Fraktionen,<br />
die Einbeziehung des Planungsamts.<br />
Nach dem Kurs geht’s weiter<br />
Die Idee des „Demokratieführerscheins“ ist es, Jugendliche<br />
zum weiteren Mitmachen zu ermuntern<br />
und zu befähigen. Mit dem Kursangebot soll das<br />
Interesse an Politik geweckt werden, die Teilnahme<br />
soll Ausweis einer Kompetenz sein, die dann auch<br />
im späteren Leben eine Rolle spielt. Dass die politischen<br />
Bildungsangebote der Volkshochschulen Konsequenzen<br />
haben sollen, kann aber auch bedeuten,<br />
dass man in die Verlängerung gehen muss. In Lingen<br />
z.B. wurde das Demokratieführerschein-Angebot im<br />
darauffolgenden Jahr wiederholt. Der Ausbau des<br />
Begegnungszentrums, der 2011 erfolgen sollte, verzögerte<br />
sich nämlich wegen Konflikten um die institutionelle<br />
Zuständigkeit. Auch dies war eine Lehrstunde<br />
anderer Art für die Jugendlichen: Beschlüsse<br />
und Umsetzung müssen viele Hürden überwinden.<br />
Noch am Abschluss des ersten Kurses zeigten die<br />
Jugendlichen Einsatz und engagierten sich durch öffentliche<br />
Aktionen für „ihren“ Abenteuerspielplatz.<br />
Das war dann auch der Anlass für den zweiten Kurs,<br />
der im Herbst 2012 in Lingen startete. Es bildete sich<br />
dazu eine feste Gruppe von fünf Mädchen und vier<br />
Jungen. Die Besonderheit war, dass sich die neuen<br />
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