Afrika realistisch darstellen - Konrad-Adenauer-Stiftung
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wird dafür mit dem Begriff ‚Stamm‘ vornehmlich ein Wort verwendet,<br />
das als Eigenbezeichnung im westlichen Kontext nur für<br />
Gesellschaften vor und zu Beginn unserer Zeitrechnung Verwendung<br />
fand – wie eben für die Germanen. Auf gefährliche Art wird<br />
hier eine Analogie zwischen frühen europäischen Völkern und<br />
zeitgenössischen afrikanischen Gesellschaften suggeriert.<br />
Die Abwertung setzt sich auch in Zusammensetzungen fort wie<br />
etwa ‚Eingeborenenstamm‘, ‚Stammesritual‘, ‚Stammesältester‘<br />
oder ‚Stammeshäuptling‘, wodurch Bevölkerung, Kulturen und<br />
Machthaberinnen wie Machthaber afrikanischer Gesellschaften<br />
doppelt abgewertet werden. Durch Bezeichnungen wie ‚Stammesfehde‘<br />
und ‚Stammeskonflikte‘, die ebenfalls für den aktuellen<br />
europäischen Kontext keine Verwendung finden und pejorativ<br />
sind, wird suggeriert, dass in <strong>Afrika</strong> Konflikte ohne politischen<br />
oder gewichtigen Hintergrund ausgetragen werden und nur die<br />
Kriege der westlichen Gesellschaften ‚legitimen‘ Charakter tragen<br />
können.<br />
Weiterhin ist problematisch, dass durch das Wort ‚Stamm‘ unzulässig<br />
eine Art Homogenität der so bezeichneten Gesellschaften<br />
suggeriert wird. Es ist unsinnig, völlig unterschiedliche Gesellschaften<br />
– wie etwa die Ogoni aus dem christlichen Süden Nigerias,<br />
die heute ca. 800.000 Menschen zählen, und die islamische<br />
Hausa 22 -Gesellschaft, die mehr als 80 Millionen Menschen umfasst<br />
und monarchisch organisiert war (Blütezeit 12.-16. Jh.) – unter<br />
dem Begriff zu subsumieren. Wirklich wichtige Aspekte der<br />
Struktur einer afrikanischen Gesellschaft und bestehende Unterschiede<br />
in der Gesellschaftsform, Größe, religiöser Prägung etc.<br />
bleiben so unberücksichtigt.“ (Ar) 23<br />
22 Im Deutschen auch „Haussa“.<br />
23 Vgl. auch Arndt und Hornscheidt, op.cit.<br />
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