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Netzwerk Hypophysen- und Nebennierenerkrankungen eV

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Meine Kasuistik: Akromegalie<br />

Erfahrungsbericht der Patientin<br />

Lange Zeit hielt ich (heute 48 Jahre<br />

alt) die Anzeichen der Akromegalie<br />

für Wechseljahresbeschwerden: Ich<br />

konnte nachts nicht schlafen, hatte<br />

heftige Hitzewallungen, meine Körperbehaarung<br />

nahm zu. Die Augenbrauen<br />

wurden dichter. Meine Haare<br />

wurden struppig <strong>und</strong> sehr trocken.<br />

Mein Körpergeruch veränderte sich.<br />

Ich konnte mich selber nicht mehr<br />

riechen. Ich nahm einige Kilo an<br />

Gewicht zu.<br />

Meine Mutter war früh in die Wechseljahre<br />

gekommen, deshalb nahm<br />

ich an, all diese Veränderungen hingen<br />

mit den hormonellen Veränderungen<br />

des Klimakteriums zusammen.<br />

Damals war ich Anfang 40.<br />

Alles wurde mir zu viel<br />

Dass ich tagsüber gereizt <strong>und</strong> empfindlich<br />

war, führte ich vor allem auf<br />

den ständigen Schlafmangel zurück.<br />

Ich wurde sehr zerstreut <strong>und</strong> vergesslich,<br />

was mich massiv beunruhigte.<br />

Bei meiner Arbeit als Erzieherin in<br />

einem Schülerhort fühlte ich mich<br />

überfordert.<br />

Zu Hause wurde mir der Haushalt zu<br />

viel. Soziale Kontakte empfand ich<br />

oft als anstrengend. Ich wollte nur<br />

meine Ruhe haben, war müde, erschöpft<br />

<strong>und</strong> sehr unglücklich. Dann<br />

traten plötzlich massive Herz-Kreislauf-Probleme<br />

auf. Die internistische<br />

Abklärung ergab kalte <strong>und</strong> heiße<br />

Knoten in der Schilddrüse. Deshalb<br />

wurde die Schilddrüse operativ entfernt.<br />

Nach der Operation war auffällig,<br />

dass sich die Einstellung auf<br />

die nun notwendigen Medikamente<br />

schwierig gestaltete, <strong>und</strong> ich erlebte<br />

extreme Zustände von einerseits totaler<br />

Erschöpfung <strong>und</strong> andererseits<br />

extremer Unruhe <strong>und</strong> Angst. Nach<br />

einigen Monaten war ich dann rich-<br />

tig eingestellt mit 150 µg Euthyrox<br />

täglich.<br />

Krämpfe in den Händen <strong>und</strong><br />

Taubheitsgefühle beunruhigten<br />

mich sehr<br />

Die Herz- <strong>und</strong> Kreislaufbeschwerden<br />

hatten sich gebessert. Doch<br />

nun bekam ich immer wieder nachts<br />

Krämpfe in meinen Händen. Mein<br />

Ehering passte nicht mehr. Meine<br />

Schuhgröße veränderte sich. Ich<br />

brauchte 1½ Größen mehr. Dann<br />

begann ich auf dem linken Auge<br />

schlechter zu sehen. Da ich annahm,<br />

es hinge mit dem Alter zusammen,<br />

was mir von Fre<strong>und</strong>en, aber auch<br />

von Ärzten bestätigt wurde, ging<br />

ich nicht zum Augenarzt, sondern<br />

nur zum Optiker <strong>und</strong> ließ mir eine<br />

Brille anfertigen.<br />

Meine Periode blieb aus. Die nächtlichen<br />

Krämpfe in den Händen nahmen<br />

zu <strong>und</strong> wurden zunehmend<br />

schmerzhafter. Zusätzlich stellten<br />

sich Taubheitsgefühle in verschiedenen<br />

Teilen des Körpers ein. Ich<br />

war sehr beunruhigt über diese<br />

Entwicklung <strong>und</strong> ging zum Neurologen.<br />

Dieser diagnostizierte ein<br />

beginnendes Karpaltunnelsyndrom<br />

in beiden Handgelenken sowie einen<br />

stummen Bandscheibenvorfall der<br />

Wirbelsäule als Ursachen für meine<br />

Beschwerden. Eine Kernspinaufnahme<br />

des Kopfes wurde nicht gemacht.<br />

Weiterhin wurden mir psychovegetative<br />

Beschwerden bescheinigt.<br />

Der Besuch beim Augenarzt<br />

brachte endlich Klarheit<br />

Da meine Sehbeschwerden trotz<br />

Brille nicht besser wurden, suchte<br />

ich nach 3 Monaten endlich einen<br />

Augenarzt auf. Bei der durchge-<br />

Meine Kasuistik<br />

führten Gesichtsfelduntersuchung<br />

waren deutliche Ausfälle des linken<br />

Gesichtsfeldes erkennbar. Der Augenarzt<br />

riet mir, sofort eine Kernspinaufnahme<br />

vom Kopf machen zu<br />

lassen. Und diese brachte auch die<br />

Diagnose: Ich hatte einen ziemlich<br />

großen Tumor an der Hypophyse.<br />

Es handelte sich um ein <strong>Hypophysen</strong>adenom<br />

von 19–20 mm Durchmesser.<br />

3 Wochen später wurde ich<br />

bereits in der Kopfklinik Erlangen<br />

operiert. Dort erfuhr ich nun, dass<br />

ich eine sehr seltene Erkrankung der<br />

Hypophyse hätte, Akromegalie genannt.<br />

Das war vor 4 Jahren.<br />

Lernen, mit der floriden<br />

Akromegalie zu leben<br />

Da der Tumor nicht vollständig<br />

entfernt werden konnte <strong>und</strong> bei<br />

Kontrolluntersuchungen in der<br />

endokrinologischen Ambulanz im<br />

Max-Planck-Institut in München<br />

weiterhin eine „floride Akromegalie“<br />

festgestellt wurde, begann vor 2 Jahren<br />

die Behandlung mit Octreotid<br />

(Sandostatin LAR, eine Depotspritze),<br />

zuerst 20 mg, dann 10 mg. Dadurch<br />

sollte eine massive Ausschüttung<br />

von Wachstumshormon aus<br />

der Hypophyse unterdrückt werden.<br />

Mein Wachstumshormonspiegel ist<br />

seitdem im Normbereich. Seit der<br />

Behandlung mit Sandostatin fühle<br />

ich mich zwar wieder stabiler, merke<br />

aber immer noch schnell, wenn ich<br />

an meine Grenzen komme.<br />

Ich bin stressanfällig, vor allem<br />

psychisch nicht mehr so belastbar.<br />

Familiäre Probleme <strong>und</strong> berufliche<br />

Anforderungen überfordern mich<br />

oft. Meinen Beruf kann ich deshalb<br />

nur noch 12 St<strong>und</strong>en wöchentlich<br />

ausüben. Außerdem spüre ich die<br />

Nebenwirkungen des Sandostatins<br />

GLANDULA 23/06<br />

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