Dr. Georg Schreiber 2010 Medien- preis
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große Löcher in die Wände des Eiskanals<br />
geschlagen worden. Durch sie<br />
schossen die Serben auf die Stadt. Von<br />
der Terrasse eines Ausflugslokals ein<br />
paar Serpentinen weiter oben feuerten<br />
sie mit Panzern ins Tal.<br />
Keine zehn Jahre nach Olympia war<br />
Trebevice nicht länger olympischer Berg,<br />
sondern erste Frontlinie. Selten kommt<br />
heute jemand hier hoch. Die Straßen sind<br />
schlecht, die Wälder mit Minen gespickt.<br />
Gelbe Absperrbänder warnen davor,<br />
die Wege zu verlassen. Sogar die Tiere<br />
sind wegen der Kämpfe geflohen und nie<br />
zurückgekehrt. Nirgends lässt sich so tief<br />
hinter die Fassade Sarajevos blicken. Hier<br />
gibt es nichts zu verputzen, kein Spiegelglas,<br />
hinter dem man sich verstecken<br />
kann. Trebevice bleibt eine offene Wunde.<br />
Im Tal. Dejan Begic spricht von seiner<br />
Schäferhündin. Es ist eine schwarze<br />
Schäferhündin. Es gebe auch braune<br />
und sogar pinkfarbene Schäferhunde.<br />
Schwarze möge er aber lieber. Dass Schäferhunde<br />
die bissigsten Hunde sind,<br />
stimme übrigens gar nicht. Begic mag<br />
heute nicht mehr vom Krieg erzählen.<br />
Er hat für heute genug von Sarajevo.<br />
„Ich muss jetzt wirklich los“, sagt er.<br />
Gleich fährt sein Bus nach Hause. In die<br />
Berge. Vor dem Krieg hat er dort seine<br />
Ferien verbracht, „alle schönen Erinnerungen“<br />
hat er von dort. Im Winter sind<br />
die Berge tief verschneit. Mittlerweile<br />
haben Minensuchtrupps die ersten Pisten<br />
gesäubert. Bald könnte hier wieder Ski<br />
gefahren werden. Könnte. „Der Krieg hat<br />
verhindert, dass wir Jüngeren das lernen“,<br />
sagt Begic. „Jetzt sind wir zu alt.“<br />
Er setzt die Sonnenbrille auf und geht.<br />
* Name geändert<br />
LEBEN WIE IM KRIEG. HEUTE MUSST<br />
GEDANKEN MACHEN, RECHNUNGEN<br />
BIST GEFANGEN IM KAPITALISMUS.“<br />
Irfan Gazdic, 28,<br />
Soldat<br />
Viele Häuser sind wieder<br />
aufgebaut, die Bars gut<br />
besucht. Doch die Spuren<br />
des Krieges bleiben. Wie<br />
auf der Bobbahn und<br />
dem Veteranenfriedhof,<br />
den Irfan Gazdic bewacht<br />
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