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Überblick über die Rechtsprechung der letzten 1,5 Jahre im BetrVG

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swp magazin 11<br />

4. Zu § 76 <strong>BetrVG</strong> - Einigungsstelle<br />

Bestellung des Vorsitzenden einer Einigungsstelle - keine<br />

Anwendung des Windhundprinzips<br />

LAG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 04.06.2010,<br />

Az. 6 TaBV 901/10<br />

Sachverhalt<br />

Das Arbeitsgericht Berlin hat auf den Wi<strong>der</strong>antrag des Betriebsrats den<br />

Richter am Arbeitsgericht a. D. V. R. zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle<br />

mit dem Regelungsgegenstand „Fälligkeit <strong>der</strong> Vergütung“ <strong>im</strong> gemeinsamen<br />

Betrieb <strong>der</strong> Arbeitgeberinnen eingesetzt. Zur Begründung hat es<br />

<strong>im</strong> Wesentlichen ausgeführt, zwar erfülle auch <strong>die</strong> von den Arbeitgeberinnen<br />

in ihrem Antrag vorgeschlagene Professorin Dr. Ch. B. <strong>die</strong> Voraussetzungen<br />

für eine Bestellung zur Einigungsstellenvorsitzenden. Ihren<br />

Wunsch, keinen aktiv o<strong>der</strong> früher in <strong>der</strong> Berliner Arbeitsgerichtsbarkeit tätig<br />

gewesenen Richter einzusetzen, hätten <strong>die</strong> Arbeitgeberinnen jedoch nicht<br />

näher begründet. Da sonach gegen keinen <strong>der</strong> beiden Vorgeschlagenen<br />

sachliche Argumente vorgebracht worden seien, sei <strong>die</strong> zuerst benannte<br />

Person zu best<strong>im</strong>men gewesen.<br />

Dafür könne es nicht darauf ankommen, dass <strong>die</strong> Arbeitgeberinnen den<br />

Betriebsrat „<strong>über</strong>holt“ hätten, indem sie am <strong>letzten</strong> Tag <strong>der</strong> ihnen vom<br />

Betriebsrat gesetzten Frist einen entsprechenden Antrag bei Gericht angebracht<br />

hätten. Vielmehr sei entscheidend, dass <strong>der</strong> Betriebsrat seinen Vorschlag<br />

bereits zuvor unterbreitet gehabt habe. 2 Gegen <strong>die</strong>sen ihnen am<br />

21. April 2010 zugestellten Beschluss richtet sich <strong>die</strong> bereits am 19. April<br />

2010 eingelegte und am 29. April 2010 weiter begründete Beschwerde <strong>der</strong><br />

Arbeitgeberinnen. Sie betonen, dass ihnen allgemein an einem Einigungsstellenvorsitzenden<br />

mit örtlicher Distanz zu den konkreten Betriebsparteien<br />

gelegen sei, und meinen unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des<br />

LAG Berlin-Brandenburg, dass grundsätzlich <strong>die</strong> <strong>im</strong> Einsetzungsantrag<br />

genannte Person zu best<strong>im</strong>men sei, sofern nicht Tatsachen gegen <strong>der</strong>en<br />

Eignung vorgebracht würden. Die Arbeitgeberinnen beantragen, unter Aufhebung<br />

des angefochtenen Beschlusses Frau Prof. Dr. Ch. B. zur Vorsitzenden<br />

<strong>der</strong> Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand Entscheidung<br />

<strong>über</strong> <strong>die</strong> Regelungs- und Rechtsstreitigkeiten betreffend eine Betriebsvereinbarung<br />

zur Fälligkeit <strong>der</strong> Vergütung nach § 87 Abs. 1 Nr. 4 <strong>BetrVG</strong> bei<br />

ihnen zu bestellen.<br />

Der Betriebsrat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.<br />

Er verweist darauf, dass auch in dem durch <strong>die</strong> herangezogene Entscheidung<br />

beendeten Verfahren vor dem LAG Berlin-Brandenburg <strong>der</strong> Betriebsrat<br />

zuerst eine Person für den Vorsitz <strong>der</strong> Einigungsstelle benannt habe.<br />

Da es <strong>der</strong> Arbeitgeber <strong>im</strong> Hinblick auf seine Kostentragungspflicht <strong>im</strong>mer in<br />

<strong>der</strong> Hand habe, <strong>die</strong> Position des Antragstellers <strong>im</strong> Beschlussverfahren zu<br />

besetzen, stelle sich das sog. Windhundprinzip tatsächlich als Arbeitgeberprinzip<br />

dar. Daher sei richtigerweise darauf abzustellen, welche Betriebspartei<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en zuerst einen Vorsitzenden vorgeschlagen habe, sofern<br />

gegen <strong>die</strong>sen keine rechtlichen Bedenken bestünden.<br />

Entscheidung<br />

Die Beschwerde <strong>der</strong> Arbeitgeberinnen ist nur teilweise sachlich begründet.<br />

Da sich <strong>die</strong> Beteiligten nicht auf <strong>die</strong> Person des Vorsitzenden haben einigen<br />

können, war <strong>die</strong>ser gerichtlich zu bestellen (§ 76 Abs. 2 Satz 2 <strong>BetrVG</strong>).<br />

Eine Bindung an den Vorschlag eines <strong>der</strong> Beteiligten entsprechend §<br />

308 Abs. 1 Satz 1 ZPO besteht <strong>im</strong> Bestellungsverfahren nicht. Dem stehen<br />

<strong>der</strong> Wortlaut des § 76 Abs. 2 Satz 2 <strong>BetrVG</strong> und <strong>der</strong> Zweck <strong>der</strong> Regelung<br />

entgegen, <strong>die</strong> fehlende Einigung <strong>der</strong> Betriebsparteien auf eine <strong>der</strong> wechselseitig<br />

vorgeschlagenen Personen durch autoritativen Spruch des Gerichts<br />

zu ersetzen.<br />

Fortsetzung auf nächster Seite »

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