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Überblick über die Rechtsprechung der letzten 1,5 Jahre im BetrVG

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swp magazin 32<br />

Die Arbeitgeberinnen haben gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt.<br />

Der Gesamtbetriebsrat hat Anschlussbeschwerde eingelegt.<br />

Die Arbeitgeberinnen beantragen,<br />

den Beschluss des Arbeitsgerichts zum Teil abzuän<strong>der</strong>n und den Antrag<br />

insgesamt zurückzuweisen, und <strong>die</strong> Anschlussbeschwerde zurückzuweisen.<br />

Der Gesamtbetriebsrat beantragt,<br />

<strong>die</strong> Beschwerde zurückzuweisen und den Beschluss des Arbeitsgerichts<br />

zum Teil abzuän<strong>der</strong>n und den Beteiligten zu 2) bis 5) <strong>über</strong> den 15. Februar<br />

2010 hinaus zu untersagen, <strong>im</strong> Rahmen <strong>der</strong> geplanten Verlagerung <strong>der</strong><br />

Supply Chain-Aktivitäten vom Standort A nach F <strong>die</strong> Arbeitnehmerinnen und<br />

Arbeitnehmer <strong>im</strong> AEM Customer Service in A anzuweisen, <strong>die</strong> zukünftig in<br />

F mit den AEM Customer Service-Tätigkeiten betrauten Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmern zu schulen bzw. einzuarbeiten, und zwar bis zum Abschluss<br />

<strong>der</strong> Gespräche und Verhandlungen <strong>über</strong> einen Interessenausgleich<br />

und Sozialplan.<br />

Der Gesamtbetriebsrat geht weiter davon aus, dass <strong>der</strong> beabsichtigte Knowhow-Transfer<br />

bereits Teil des Vollzugs <strong>der</strong> Betriebsän<strong>der</strong>ung sei. Es gebe<br />

allerdings keinen Grund für eine zeitliche Beschränkung <strong>der</strong> einstweiligen<br />

Verfügung bis 15. Februar 2010.<br />

Entscheidung<br />

Die Beschwerde <strong>der</strong> Arbeitgeberinnen ist begründet, da dem Gesamtbetriebsrat<br />

<strong>der</strong> geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zusteht. Dementsprechend<br />

ist <strong>die</strong> Anschlussbeschwerde des Gesamtbetriebsrats nicht<br />

begründet. Nach <strong>der</strong> langjährigen <strong>Rechtsprechung</strong> <strong>der</strong> erkennenden Kammer<br />

kann ein Betriebsrat vom Arbeitgeber <strong>die</strong> Unterlassung <strong>der</strong> Durchführung<br />

einer Betriebsän<strong>der</strong>ung verlangen, solange das Unterrichtungs- und<br />

Beteiligungsverfahren gemäß §§ 111, 112 <strong>BetrVG</strong> nicht vollständig abgeschlossen<br />

ist.<br />

Dieser Anspruch <strong>die</strong>nt <strong>der</strong> Sicherung des Verhandlungsanspruchs des Betriebsrats.<br />

Mit ihm soll verhin<strong>der</strong>t werden, dass <strong>der</strong> Arbeitgeber <strong>die</strong>sen durch<br />

<strong>die</strong> Schaffung vollendeter Tatsachen zunichte machen kann (LAG Frankfurt<br />

am Main 06. April 1993 a. a. O., zu II 2; Hess. LAG 27. Juni 2007 a. a. O., zu<br />

III 3 b; ähnlich etwa LAG Berlin 07. September 1995 - 10 TaBV 5/95 - LAGE<br />

<strong>BetrVG</strong> 1972 § 111 Nr. 13, zu II 2.2; LAG Hamburg 27. Juni 1997 - 5 TaBV<br />

5/97 - LAGE <strong>BetrVG</strong> 1972 § 111 Nr. 15, zu 1; LAG Thüringen 18. August<br />

2003 - 1 Ta 104/03 - LAGE <strong>BetrVG</strong> 2001 § 111 Nr. 1, zu II 1 b; LAG Hamm<br />

26. Februar 2007 - 10 TaBVGa 3/07 - NZA-RR 2007/469, zu B II 1 a; LAG<br />

Nie<strong>der</strong>sachsen 04. Mai 2007 - 17 TaBVGa 57/07 - LAGE <strong>BetrVG</strong> 2001 §<br />

111 Nr. 7, zu II 1; LAG München 22. Dezember 2008 - 6 TaBVGa 6/08 - AuR<br />

2009/142, zu II 2 a aa).<br />

Die Reichweite <strong>die</strong>ses Anspruchs ergibt sich aus <strong>die</strong>ser Zwecksetzung<br />

und dem Umfang des geschützten Mitbest<strong>im</strong>mungsrechts. Zu unterlassen<br />

hat <strong>der</strong> Arbeitgeber <strong>die</strong> Durchführung von Maßnahmen, <strong>die</strong> Teil <strong>der</strong> mitbest<strong>im</strong>mungspflichtigen<br />

Betriebsän<strong>der</strong>ung sind, also etwa den Ausspruch<br />

betriebsbedingter Kündigungen, <strong>die</strong> Durchführung von Versetzungen o<strong>der</strong><br />

grundlegenden Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Betriebsorganisation, des Betriebszwecks<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Betriebsanlagen o<strong>der</strong> <strong>die</strong> Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden.<br />

Vom Unterlassungsanspruch ebenso erfasst werden Dispositionen<br />

des Arbeitgebers, mit denen <strong>die</strong>ser vollendete Tatsachen hinsichtlich des Ob<br />

o<strong>der</strong> des Wie <strong>der</strong> Betriebsän<strong>der</strong>ung schafft, <strong>die</strong> aufgrund <strong>der</strong> Verhandlungen<br />

<strong>über</strong> den Interessenausgleich nicht mehr revi<strong>die</strong>rt werden können. Dagegen<br />

bezieht sich <strong>der</strong> Unterlassungsanspruch nicht auf reine Vorbereitungshandlungen.<br />

Dazu zählen etwa Akte <strong>der</strong> unternehmensinternen Willensbildung<br />

wie <strong>die</strong> Durchführung von Gesellschafterversammlungen o<strong>der</strong> Verwaltungsratssitzungen,<br />

in denen <strong>über</strong> eine Betriebsän<strong>der</strong>ung entschieden werden<br />

soll, aber auch sonstige, nach außen tretende Vorbereitungshandlungen<br />

wie <strong>die</strong> Unterrichtung <strong>der</strong> Arbeitnehmer <strong>über</strong> <strong>im</strong> Fall von Eigenkündigungen<br />

bestehende Abfindungsansprüche, sofern durch <strong>die</strong>se nicht unumkehrbare<br />

Tatsachen geschaffen werden.<br />

Fortsetzung auf nächster Seite »

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