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Überblick über die Rechtsprechung der letzten 1,5 Jahre im BetrVG

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swp magazin 19<br />

Nach <strong>der</strong> ständigen <strong>Rechtsprechung</strong> des Bundesarbeitsgerichts hat <strong>der</strong><br />

Betriebsrat nur mitzubest<strong>im</strong>men bei Maßnahmen, <strong>die</strong> das sog. Ordnungsverhalten<br />

<strong>der</strong> Arbeitnehmer betreffen. Dieses ist berührt, wenn <strong>die</strong> Maßnahme<br />

auf <strong>die</strong> Gestaltung des kollektiven Miteinan<strong>der</strong>s o<strong>der</strong> <strong>die</strong> Gewährleistung und<br />

Aufrechterhaltung <strong>der</strong> vorgegebenen Ordnung des Betriebs zielt. Mitbest<strong>im</strong>mungsfrei<br />

sind dagegen Maßnahmen, <strong>die</strong> das sog. Arbeitsverhalten <strong>der</strong> Beschäftigten<br />

regeln. Darum handelt es sich, wenn <strong>der</strong> Arbeitgeber kraft seines<br />

arbeitsvertraglichen Weisungsrechts näher best<strong>im</strong>mt, welche Arbeiten auszuführen<br />

sind und in welcher Weise das geschehen soll. Mitbest<strong>im</strong>mungsfrei<br />

sind deshalb Anordnungen, mit denen lediglich <strong>die</strong> Arbeitspflicht konkretisiert<br />

wird. Wirkt sich eine Maßnahme zugleich auf das Ordnungs- und das Arbeitsverhalten<br />

aus, so kommt es darauf an, welcher Regelungszweck <strong>über</strong>wiegt.<br />

Wendet man <strong>die</strong>se Grundsätze <strong>der</strong> ständigen BAG-<strong>Rechtsprechung</strong> an, so<br />

unterfällt <strong>die</strong> Untersagung private Kommunikationseinrichtungen wie z.B.<br />

Mobiltelefone, MP 3- Player u. ä. mitzunehmen und zu benutzen, unter den<br />

Begriff des Ordnungsverhaltens <strong>im</strong> oben genannten Sinn. Es geht erkennbar<br />

um <strong>die</strong> Gestaltung des kollektiven Miteinan<strong>der</strong>s und nicht um <strong>die</strong> Art und<br />

Weise <strong>der</strong> Arbeitsausführung. Demgemäß besteht insoweit ein erzwingbares<br />

Mitbest<strong>im</strong>mungsrecht des Betriebsrats. Nach <strong>der</strong> sog. Theorie <strong>der</strong> Wirksamkeitsvoraussetzung,<br />

sind Maßnahmen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Mitarbeiter belasten und <strong>der</strong><br />

erzwingbaren Mitbest<strong>im</strong>mung des Betriebsrats unterliegen, ohne vorherige<br />

Zust<strong>im</strong>mung des Betriebsrats rechtsunwirksam und <strong>der</strong> Betriebsrat kann<br />

vom Arbeitgeber <strong>die</strong> Unterlassung <strong>der</strong>artiger mitbest<strong>im</strong>mungswidriger Maßnahmen<br />

verlangen.<br />

Das auf <strong>die</strong>sen Regelungsgegenstand bezogene Antragsbegehren des Betriebsrats<br />

ist demnach begründet.<br />

Daneben stellt <strong>die</strong>se Anweisung auch einen unverhältnismäßigen Eingriff in<br />

das durch Art. 2 GG geschützte Persönlichkeitsrecht <strong>der</strong> betroffenen Mitarbeiter<br />

dar. Das Verbot, private Kommunikationseinrichtungen mitzubringen,<br />

ist nicht erfor<strong>der</strong>lich, um <strong>der</strong>en Nutzung vor Ort zu unterbinden. Hier hätte<br />

es ausgereicht, allein <strong>der</strong>en Nutzung zu untersagen.<br />

Demgegen<strong>über</strong> ist <strong>die</strong> Beschwerde unbegründet, soweit sich <strong>der</strong> Betriebsrat<br />

gegen das Verbot wendet, an <strong>der</strong> Kontrollstelle lautstarke Privatgespräche<br />

o<strong>der</strong> gar Diskussionen zu führen. Diese Anweisung ist untrennbar mit <strong>der</strong><br />

Erbringung <strong>der</strong> Arbeitsleistung verbunden und betrifft daher das sog. Arbeitsverhalten<br />

<strong>der</strong> Mitarbeiter. Ein Mitbest<strong>im</strong>mungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr.<br />

1 <strong>BetrVG</strong> besteht nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht.<br />

Unbegründet ist <strong>die</strong> Beschwerde schließlich auch, soweit <strong>der</strong> Betriebsrat<br />

begehrt, <strong>der</strong> Arbeitgeberin <strong>die</strong> Anweisung zu untersagen, darauf zu achten,<br />

dass <strong>der</strong> Sicherheitsausweis und das Zusatzkennzeichen „Fluggastkontrolle“<br />

lesbar in Brusthöhe getragen werde. Diesen Regelungsgegenstand<br />

betreffend besteht kein Mitbest<strong>im</strong>mungsrecht des Betriebsrats. Denn <strong>die</strong>se<br />

Anweisung stellt lediglich eine nähere Ausgestaltung einer in <strong>der</strong> Gesamtbetriebsvereinbarung<br />

„Dienst und Arbeitsschutzbekleidung (Klei<strong>der</strong>ordnung)“<br />

vom 29.03.2004 enthaltenen Regelung dar. Bestandteil <strong>die</strong>ser Gesamtbetriebsvereinbarung<br />

ist <strong>die</strong> in <strong>der</strong> Anlage 2 aufgelistete Trageordnung für<br />

Dienstbekleidung. Diese best<strong>im</strong>mt in § 1 Abs. 3, dass <strong>der</strong> Dienstausweis Bestandteil<br />

<strong>der</strong> Dienstkleidung ist und während <strong>der</strong> Arbeitszeit <strong>im</strong>mer von vorn<br />

sichtbar an <strong>der</strong> Oberbekleidung getragen werden muss. Die nunmehrige<br />

Anweisung, den Dienstausweis „lesbar in Brusthöhe zu tragen“, konkretisiert<br />

<strong>die</strong> allgemein gehaltenere Vorschrift <strong>der</strong> Gesamtbetriebsvereinbarung. Eine<br />

eigenständige Regelung stellt sie nicht dar, so dass kein neuer Mitbest<strong>im</strong>mungstatbestand<br />

entsteht. Das Mitbest<strong>im</strong>mungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1<br />

<strong>BetrVG</strong> ist vielmehr mit <strong>der</strong> Regelung in <strong>der</strong> Gesamtbetriebsvereinbarung<br />

vom 29.03.2004 „verbraucht“.<br />

b) Zum Unterlassungsanspruch<br />

Nach <strong>der</strong> ständigen <strong>Rechtsprechung</strong> des Bundesarbeitsgerichts sind <strong>die</strong> Betriebsparteien<br />

gemäß § 75 Abs. 1, 2 Satz 1 <strong>BetrVG</strong> zur Wahrung <strong>der</strong> grundrechtlich<br />

gewährleisteten Freiheitsrechte verpflichtet.<br />

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