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Überblick über die Rechtsprechung der letzten 1,5 Jahre im BetrVG

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swp magazin 15<br />

Ein Wi<strong>der</strong>spruch dazu, dass <strong>der</strong> Arbeitgeber grundsätzlich nicht verpflichtet<br />

sei, Unterlagen zu beschaffen, <strong>die</strong> er selbst nicht besitze, bestehe nicht.<br />

Denn <strong>die</strong> genannten Informationen seien zur Überwachung <strong>der</strong> Arbeitszeitgrenze<br />

nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 <strong>BetrVG</strong> unentbehrlich. Sinn <strong>der</strong> Vertrauensarbeit<br />

sei es zwar, bei <strong>der</strong> Arbeitszeitgestaltung einen größeren Freiraum<br />

zu gewähren. Dieser durch <strong>die</strong> Vertrauensarbeitszeit zusätzlich eingeräumte<br />

Spielraum finde aber seine Grenzen darin, dass <strong>die</strong> gesetzlichen tariflichen<br />

und gegebenenfalls betrieblichen Höchstarbeitszeitgrenzen beachtet<br />

würden. Der Arbeitgeber habe daher <strong>die</strong> betreffenden Informationen auch<br />

dann selbst zu beschaffen, wenn er eigentlich meine, auf sie verzichten<br />

zu können. An<strong>der</strong>nfalls hätte es <strong>der</strong> Arbeitgeber in <strong>der</strong> Hand, <strong>die</strong> Aufgabenwahrnehmung<br />

zu verhin<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> doch den Betriebsrat gegen dessen<br />

Willen zu eigenen Erkundigungen zu zwingen.<br />

Die gegen <strong>die</strong>se <strong>Rechtsprechung</strong> gerichtete Kritik <strong>der</strong> Arbeitgeberin <strong>über</strong>zeugt<br />

nicht. Denn sie würde darauf hinauslaufen, dass sich <strong>der</strong> Arbeitgeber<br />

hinsichtlich <strong>der</strong> Fakten, <strong>die</strong> auf mögliche Gesetzesverletzungen hindeuten,<br />

blind stellen könnte und damit <strong>die</strong> Durchführung <strong>der</strong> Kontrollaufgaben des<br />

Betriebsrats nach § 80 Abs. 1 <strong>BetrVG</strong> unmöglich machen würde.<br />

Der Umfang des Unterrichtungsanspruchs des Betriebsrats wird durch<br />

<strong>die</strong> von <strong>der</strong> Arbeitgeberin verän<strong>der</strong>ten Formulare zur Arbeitszeiterfassung<br />

nicht erfüllt. Nach <strong>die</strong>sen Formularen haben <strong>die</strong> Beschäftigten lediglich für<br />

jeden Tag mit Ja/Nein anzugeben, ob <strong>die</strong> ununterbrochene Ruhezeit von<br />

mindestens 11 Stunden und <strong>die</strong> Ruhepausen gemäß § 4 AZG eingehalten<br />

worden sind. Da das Arbeitszeiterfassungsformular keinerlei näheren<br />

Angaben verlangt, ist für den Betriebsrat eine Überprüfung <strong>die</strong>ser Pauschalangaben<br />

unmöglich. So kann aus <strong>der</strong> Pauschalangabe, es sei <strong>die</strong><br />

Ruhezeit von 11 Stunden eingehalten worden, kein Aufschluss dar<strong>über</strong><br />

gewonnen werden, wann <strong>die</strong> Arbeitszeit an einem Tag beendet worden<br />

ist, und wann <strong>die</strong> Arbeit am folgenden Tag wie<strong>der</strong> aufgenommen worden<br />

ist. Im Hinblick auf <strong>die</strong> dem Betriebsrat zugewiesene Kontrollaufgabe in §<br />

80 Abs. 1 <strong>BetrVG</strong> ist mit <strong>die</strong>sen Pauschalangaben keinerlei Kontrolle <strong>der</strong><br />

gesetzlichen Arbeitszeitgrenzen möglich.<br />

Der erfor<strong>der</strong>liche Umfang <strong>der</strong> Auskunft ist von den <strong>im</strong> Einzelfall <strong>im</strong> Betrieb<br />

geltenden Arbeitszeitregelungen abhängig. Insoweit besteht auch eine<br />

Abhängigkeit zu <strong>der</strong> Kontrollmöglichkeit. Je einfacher <strong>die</strong> Kontrolle möglich<br />

ist, desto weniger umfangreich muss <strong>die</strong> Auskunft sein. Ist beispielsweise<br />

durch <strong>die</strong> Arbeitszeitregelung selbst, etwa durch den Arbeitszeitrahmen gesichert,<br />

dass <strong>die</strong> Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes <strong>im</strong> Hinblick auf Ruhezeit<br />

und Ruhepausen gesichert sind, vermin<strong>der</strong>t sich <strong>der</strong> Umfang <strong>der</strong> Auskunftspflichten<br />

auf <strong>die</strong>jenigen, <strong>die</strong> den Rahmen nicht eingehalten haben.<br />

Denn stehen beispielsweise Pausenzeiten o<strong>der</strong> ein Arbeitszeitrahmen fest,<br />

so wird sich <strong>der</strong> Unterrichtungsanspruch auf <strong>die</strong> ausnahmeweise erfolgten<br />

Überschreitungen fokussieren. Je uferloser hingegen <strong>die</strong> Arbeitszeit best<strong>im</strong>mt<br />

werden kann, desto umfassen<strong>der</strong> ist <strong>der</strong> Auskunftsanspruch.<br />

Ist durch <strong>die</strong> Arbeitszeitregelungen hingegen strukturell gesichert, dass <strong>die</strong><br />

gesetzlichen Ruhezeiten und Ruhepausen eingehalten werden, so vereinfacht<br />

<strong>die</strong>s <strong>die</strong> Kontrolle für den Betriebsrat und reduziert damit den Umfang<br />

des Auskunftsaufwandes. Wäre etwa <strong>der</strong> Arbeitszeitrahmen innerhalb <strong>der</strong><br />

Vertrauensarbeitszeit auf einen insgesamt 13- stündigen Zeitrahmen begrenzt,<br />

etwa von 07:00 Uhr bis 20:00 Uhr, wäre strukturell gesichert, dass<br />

<strong>die</strong> Beschäftigten <strong>die</strong> 11-stündige Ruhezeit nach § 5 Abs. 1 AZG einhielten.<br />

In einem solchen Fall wäre für den Betriebsrat eine Kontrolle von Verstößen<br />

sehr einfach möglich, weil <strong>die</strong> Anwesenheit von Beschäftigten vor<br />

Beginn des Arbeitszeitrahmens, also vor 07:00 Uhr, o<strong>der</strong> nach Ende des<br />

Arbeitszeitrahmens, also nach 20:00 Uhr, und damit ein Verstoß leicht festzustellen<br />

wäre. In einem solchen Fall wäre es daher zur Durchführung <strong>der</strong><br />

Kontrollaufgaben des Betriebsrats nicht mehr erfor<strong>der</strong>lich, den Betriebsrat<br />

<strong>über</strong> Arbeitszeitbeginn und Arbeitszeitende <strong>im</strong> Einzelnen zu informieren,<br />

um ihm <strong>die</strong> Kontrolle <strong>der</strong> Ruhezeiten des § 5 Abs. 1 AZG möglich zu machen.<br />

Gleiches würde hinsichtlich <strong>der</strong> Pausenzeiten gelten, wenn insoweit<br />

ein verbindlicher Pausenrahmen zeitmäßig festgesetzt wäre.<br />

Fortsetzung auf nächster Seite »

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