Ausgabe 10 (Saison 2009/2010): THW Kiel - Rhein-Neckar Löwen
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16 Homestory<br />
sam gemacht und wurde<br />
deshalb zum Welthandballer<br />
2004 gewählt. Als erstem<br />
Torwart wurde Fritz diese<br />
Ehre zuteil.<br />
Als Henning Fritz zum ersten<br />
Mal bewusst einen Ball<br />
in die Hand nahm, war mit<br />
dieser steilen Karriere nicht<br />
zu rechnen. Durch seinen Vater<br />
Roland kam Henning zum<br />
Handball, weil dessen Freund<br />
eine Mannschaft betreute. In<br />
der Schule hatte Henning die<br />
ersten Schritte gemacht und<br />
sich – ganz automatisch – ins<br />
Tor gestellt, als ein Keeper<br />
gesucht wurde. Offensichtlich<br />
stellte er sich dabei nicht<br />
zu schlecht an, denn fortan<br />
behielt er seinen Platz zwischen<br />
den Pfosten. „Ganz am<br />
Anfang wollte ich natürlich<br />
auch mal draußen spielen<br />
und aufs Tor werfen, aber das<br />
hat sich dann gelegt“, blickt<br />
Fritz zurück. Seine Gier auf<br />
eigene Torerfolge erhielt ohnehin<br />
früh einen Dämpfer:<br />
Nachdem er als Schüler drei<br />
Siebenmeter hintereinander<br />
verworfen hatte, fasste er den<br />
Entschluss, auch nicht mehr<br />
vom Strich gegen seine Torhüter-Kollegen<br />
anzutreten.<br />
Früh profi tierte Fritz von<br />
dem umfassenden Schul-<br />
und Ausbildungssystem in<br />
der ehemaligen DDR, trainierte<br />
vier Mal in der Woche<br />
und steigerte deshalb schnell<br />
seine Fähigkeiten. „Ohne das<br />
System in der DDR wäre ich<br />
kaum ein so guter Torhüter<br />
geworden“, glaubt Fritz, der<br />
es schade fi ndet, dass die umfangreichen<br />
Möglichkeiten,<br />
mit denen er als Kind und Jugendlicher<br />
sowohl schulisch<br />
als auch sportlich gefördert<br />
wurde, heute nicht mehr bestehen.<br />
„Das wäre eine Aufgabe,<br />
in diesen Bereichen<br />
wieder etwas mehr zu tun“,<br />
sagt Fritz, der sich vorstellen<br />
kann, nach seiner aktiven<br />
Karriere in diesem Feld tätig<br />
zu werden. Auch andere<br />
Talente sollen die Chancen<br />
haben, die ihm eingeräumt<br />
wurden.<br />
Mit 14 wechselte der gebürtige<br />
Magdeburger auf<br />
die Sportschule seiner Heimatstadt,<br />
um noch gezielter<br />
trainieren zu können. Das<br />
bedeutete gleichzeitig, dass<br />
er fortan für den SC Magdeburg<br />
und damit für den<br />
renommiertesten Verein in<br />
der DDR spielte. Zwischen<br />
1988 und 1991 ging Fritz auf<br />
die Sportschule und in seinem<br />
Zimmer hing in dieser<br />
Zeit ein Poster von Wieland<br />
Schmidt. Schmidt war das<br />
große Idol der Nachwuchs-<br />
Torhüter, stammt wie Fritz<br />
aus Magdeburg und gehörte<br />
der großen SCM-Mannschaft<br />
an, in die Fritz eines Tages<br />
auch aufsteigen wollte. „Wieland<br />
Schmidt hat der DDR<br />
den Olympiasieg 1980 ga-<br />
Der Durchbruch<br />
beim SCM erfolgt 1994<br />
rantiert und war in seiner Zeit<br />
der beste Torhüter auf der<br />
Welt“, schwärmt Fritz. Jahrelang<br />
schaute er auf den Torhüter<br />
der ersten Mannschaft<br />
auf, der mit dem SCM in der<br />
heimischen Hermann-Gieseler-Halle<br />
zwischen 1974 und<br />
1989 kein einziges Heimspiel<br />
verlor. Nach dem grandiosen<br />
Jahr 2004, Schmidt und Fritz<br />
hatten sich längst kennen und<br />
schätzen gelernt, veröffentlichten<br />
beide gemeinsam ein<br />
Buch mit dem Titel „Halten<br />
und Siegen“.<br />
Zusammen standen beide<br />
aber nie für den SC Magdeburg<br />
auf der Platte, denn ehe<br />
Fritz in die Seniorenteams<br />
aufrückte, hatte Schmidt den<br />
Verein kurz nach der Wende<br />
in Richtung Westen verlassen.<br />
Fast hätte es der junge<br />
Nachwuchstorhüter Fritz<br />
seinem Vorbild gleichgetan,<br />
als er 1992 ein Angebot von<br />
einem Zweitligisten aus Göt-<br />
tingen hatte. Doch als der<br />
SCM davon erfuhr, stattete<br />
er das Talent mit einem Profi<br />
vertrag aus und band Fritz<br />
an den Klub.<br />
Andere Torhüter aus der<br />
guten Akademie des SCM<br />
wollten nicht wie Fritz auf<br />
ihre Chance warten und hatten<br />
den Verein längst verlassen,<br />
was Fritz entgegen kam.<br />
„Es gab damals viele gute<br />
Torhüter beim SCM und ich<br />
hätte vermutlich länger warten<br />
müssen, wenn sie alle<br />
geblieben wären“, sagt der<br />
Schlussmann, der schließlich<br />
1994 seine Chance bekam,<br />
weil die beiden etatmäßigen<br />
Torhüter Jens Kürbis und<br />
Marco Stange gleichzeitig<br />
verletzt waren. Gegen den<br />
TV Niederwürzbach und den<br />
<strong>THW</strong> <strong>Kiel</strong> – damals zwei Spitzenvereine<br />
der Bundesliga –<br />
wurde Fritz ins kalte Wasser<br />
geworfen und schwamm sich<br />
mit sehr guten Leistungen im<br />
Handumdrehen frei. Das war<br />
das Startsignal einer großen<br />
Karriere, denn fortan hatte<br />
der Keeper seinen Platz im<br />
Tor des SCM sicher.<br />
Nach einigen Jahren, die<br />
der SCM im Mittelfeld der<br />
Bundesliga verbrachte, weil<br />
der Klub zwar weiterhin<br />
heimstark war, auswärts aber<br />
nur wenige Zähler ergatterte,<br />
bekam der Klub 1997 durch<br />
den Umzug in die Bördelandhalle<br />
bessere fi nanzielle<br />
Möglichkeiten. Die nutzte<br />
die Klubführung, um ausländische<br />
Stars wie Joël Abati<br />
oder Ólafur Stefánsson zum<br />
SCM zu locken. Die Krönung<br />
dieser Entwicklung<br />
folgte 2001, als der SCM<br />
zum ersten Mal gesamtdeutscher<br />
Meister wurde. Für<br />
Fritz bedeutete dieser Titel<br />
den idealen Abschied, denn<br />
er hatte schon einige Monate<br />
zuvor seinen Wechsel zum<br />
<strong>THW</strong> <strong>Kiel</strong> perfekt gemacht.<br />
„Für meine persönliche Entwicklung<br />
war es wichtig, den<br />
Henning Fritz in Aktion.<br />
12<br />
Henning Fritz<br />
Position: Torhüter<br />
Geboren: 21.09.1974<br />
Geburtsort: Magdeburg<br />
Größe: 189 cm<br />
Gewicht: 90 kg<br />
Nationalität: Deutschland<br />
Im Verein seit: 01.07.2007<br />
Vertrag bis: 30.06.2011<br />
Homepage: www.henningfritz.de<br />
kompakt<br />
Bish. Klubs: <strong>THW</strong> <strong>Kiel</strong> 2001-2007<br />
SC Magdeburg 1988-2001<br />
TuS Magdeburg 1984-1988<br />
Erfolge: 1 x Silber bei Olympischen Spielen<br />
(2004)<br />
1 x Weltmeister (2007)<br />
1 x Vize-Weltmeister (2003)<br />
1 x Europameister (2004)<br />
1 x Vize-Europameister (2002)<br />
1 x Champions-League-Sieger (2007)<br />
4 x EHF-Pokal-Sieger (1999, 2001,<br />
'02, '04)<br />
5 x Deutscher Meister (2001, '02, '05,<br />
'06, '07)<br />
2 x DHB-Pokalsieger (1996, 2007)<br />
1 x Welthandballer des Jahres (2004)<br />
1 x Dt. Handballer des Jahres (2004)