Juni/Juli 2013 - Johannes-Landenberger-Schule
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KleeBlatt<br />
26 Schülerzeitung <strong>Johannes</strong>-<strong>Landenberger</strong>-Förderzentrum Weimar<br />
Markus braucht einen Liegesack zum Entspannen<br />
Lehrer sehen damit die Chance, dass er schnell wieder in den Unterricht zurück kann<br />
THÜRINGEN hilft!<br />
THÜRINGER ALLGEMEINE<br />
Eine Aktion mit derDiakonie<br />
Von Christian Gehrke<br />
Weimar. Heute quengelt Markus<br />
besonders und knirscht laut mit<br />
den Zähnen. Sein Kopf schwankt<br />
hin und her. Der Oberkörper<br />
wippt vor und zurück. Der Blick<br />
ist unruhig. Ein Liegesack könnte<br />
dem Jungen Entspannung und<br />
ihn schnell wieder in den Unterricht<br />
zurück bringen.<br />
Markus braucht eine Auszeit.<br />
Jetzt liegt er auf einem Wasserbett<br />
im Entspannungsraum.<br />
Schulbegleiter Michael Stiebritz<br />
hat sich vor Markus auf das<br />
Wasserbett gesetzt und streichelt<br />
die Beine des Jungen. Stiebritz<br />
war früher Handwerker, ein kleiner<br />
sportlicher Mann mit breiten<br />
Schultern. Er kennt Markus seit<br />
fünf Jahren. Oft blicken sich<br />
beide an.<br />
Michael Stiebritz redet mit ihm.<br />
Markus kann zur Ruhe kommen.<br />
Denn der 12-jährige Junge ist<br />
schwer geistig behindert Oft<br />
reagiert er ungehalten, wird laut<br />
und kann dem Unterricht in der<br />
Klasse nicht folgen. Er muss<br />
dann raus und sich entspannen.<br />
„Sein Bewegungsdrang ist<br />
enorm. Heute liegt das, glaube<br />
ich, am schlechten Wetter“, sagt<br />
sein Schulbegleiter und streichelt<br />
weiter den Jungen.<br />
„Der Entspannungsraum ist häufiger<br />
belegt. Markus bräuchte<br />
einen eigenen Liegesack, auf<br />
dem er schnell runterkommen<br />
kann. Danach könnte er gleich<br />
zurück in die Klasse gehen“, sagt<br />
sein Schulbegleiter.<br />
Das Problem: Ein großer Liegesack<br />
zum Entspannen kostet 450<br />
Euro. Mit diesem könnte Markus<br />
nach der Einschätzung seiner<br />
Lehrer weiter Fortschritte im<br />
Unterricht machen. Auch der<br />
Alltag wäre für den Jungen einfacher.<br />
Zurzeit übt Michael Stiebritz mit<br />
Markus das selbstständige Essen<br />
mit der Gabel „Jeder noch so<br />
kleine Fortschritt, den wir in der<br />
gemeinsamen Arbeit erreichen,<br />
ist unheimlich toll. Wir brauchen<br />
viel Geduld“, sagt der Schulbegleiter.<br />
Bis vor zwei Jahren hatte<br />
Markus schwere Krampfanfälle.<br />
„Danach ging oft gar nichts<br />
mehr. Der Junge war vollkommen<br />
fertig. Das ist zum Glück<br />
vorbei“, sagt Michael Stiebritz.<br />
Er ist selbst Vater zweier Kinder.<br />
Beide sind gesund. Nach einer<br />
Pause sagt er: „Viele Eltern<br />
glauben, dass es selbstverständlich<br />
ist, gesunde Kinder zu haben.<br />
Doch es ist nicht selbstverständlich“.<br />
Markus Vater meint,<br />
der Junge hätte keinen besseren<br />
Schulbegleiter haben können. Er<br />
sieht seinen Sohn jedes zweite<br />
Wochenende.<br />
Die Mutter besucht Markus regelmäßig<br />
im Wohnheim. Der<br />
Vater ist stolz auf ihn, auch wenn<br />
Markus nie ein gewöhnliches<br />
Leben haben wird, nie einen<br />
Beruf, nie eine eigene Familie.<br />
„Der Junge ist lebensfroh. Für<br />
uns ist er eine echte Bereicherung,<br />
gerade für seinen Opa, der<br />
seit ein paar Jahren alleine leben<br />
muss. Wenn Markus in die <strong>Schule</strong><br />
gebracht wird, grüßen ihn alle.<br />
Das kommt von seiner lieben und<br />
lebendigen Art“, sagt sein Vater.<br />
Das bestätigt auch sein Schulbegleiter.<br />
Markus wird bald 13<br />
Jahre. Er ist dann ein Teenager.<br />
Wenn er den Kopf ruhig hält und<br />
die Zähne nicht so laut knirschen,<br />
sieht man einen Jungen<br />
mit großen braunen Augen, gepflegten<br />
Haaren und hübschem<br />
Gesicht.<br />
Er schaut jetzt seinem Schulbegleiter<br />
tief in die Augen. Der<br />
schaut zurück. Zeit vergeht. Ein<br />
Mitschüler kommt herein und<br />
will Markus zum Essen abholen.<br />
Markus braucht sehr lange, um<br />
aufzustehen. Er quengelt jetzt<br />
wieder…<br />
Thüringer Allgemeine, Ausgabe Apolda, 01.06.<strong>2013</strong>