BODENSEE-INTERNATIONAL 12 / 2007 – 01 ... - Seehas Magazin
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KALABRIEN –<br />
VERGESSENE WELT<br />
NEU ENTDECKT<br />
Individuelle Touren, einen Hauch von Abenteuer,<br />
wilde Romantik und gutes Essen finden die Touristen<br />
insbesondere in Kalabrien. Als Region für<br />
Ausländer wird das Land eben erst entdeckt und<br />
es will nach vorne. Die Aufbruchstimmung kommt<br />
spät in einer Region, die lange Zeit als Armenhaus<br />
des Landes von Rom vernachlässigt wurde. Aber<br />
genau darin liegt auch die Chance Kalabriens.<br />
Über 800 Kilometer Küste vom Tyrrhenischen bis zum Ionischen Meer bietet<br />
die Stiefelspitze ihren Besuchern. Dazwischen eine einzigartige Landschaft mit<br />
wild zerklüfteten Küstenstreifen, einsamen Badebuchten, dicht bewaldeten,<br />
geradezu alpinen Gebirgszügen und romantischen Bergdörfern. Unsere Reise<br />
führt ans Tyrrhenische Meer in die pittoreske Welt des Capo Vaticano, das an<br />
der Stiefelspitze Kalabriens ins Meer hinausragt, in Richtung der Liparischen<br />
Inseln. Diese Gegend haben wir durch das Reiseunternehmen Cilentano<br />
gefunden, das hier einige Ferienappartements anbietet.<br />
Das Flugzeug der Germanwings landet pünktlich in Lamezia Terme und auch<br />
der Mietwagen steht bereit. Bei schönstem Sonnenschein liegen jetzt noch<br />
ca. 50 Km Fahrstrecke vor uns und wir genießen die herrlichen Ausblicke auf<br />
das Meer. Die Küste wird steiler und rauer und die kurvenreiche Küstenstraße<br />
windet sich vorbei am Städtchen Pizzo in Richtung Tropea. Auf halber Strecke<br />
finden wir die Villa Zappino. Der Blick von unserer Veranda schweift weit hinaus<br />
aufs Meer und vor uns liegen die Liparischen Inseln, allen voran, ca. 60 Km<br />
vor der Küste, der aktive Vulkan Stromboli. Aus seinem Krater steigen weiße<br />
Wolken auf, es sind die Dämfe aus dem Erdinnern, die er permanent ausatmet.<br />
Die Sonne bietet ein gigantisch schönes Farbenspiel, bevor sie neben der Insel<br />
Lipari im Meer versinkt. Unter uns liegt Zambrone Marina mit seinem langen<br />
feinen Sandstrand und einigen gepflegten Ferienanlagen. Dazu gehört auch<br />
die bei Kindern beliebte Erlebniswelt des Aquapark.<br />
Tropea<br />
Zum Abendessen führt uns der Weg in das Städtchen Tropea mit seinen etwa<br />
7000 Einwohnern. Schon von unserer Wohnung aus haben wir die Silhouette<br />
der Häuser über dem ca. 40 m hoch aus dem Meer aufragenden Tuffsteinfel-<br />
24 SEEHAS-MAGAZIN<br />
sen gesehen. Eng und kurvig führt die Straße den Fels entlang mitten in den<br />
Ort hinauf. Die Lichter sind schon an und ein heimeliges Gefühl steigt in uns<br />
auf. Wir fühlen uns sofort zuhause. Die verkehrsberuhigte Hauptstraße, der<br />
Corso Vittorio Emanuele, führt geradeaus auf ein Geländer zu, dahinter scheint<br />
nichts zu sein. Als wir über das Geländer schauen, wird uns leicht schwindelig,<br />
denn wir blicken direkt über den Felsenabgrund in die abenteuerliche Tiefe<br />
hinunter zum Meer. Gegenüber, auf einem alleinstehenden Felsen steht die<br />
Kirche Santa Maria dell‘ Isola. Auf dem flachen Strandabschnitt unterhalb<br />
der Felsen finden späte Wohnmobilisten noch einen Campingplatz direkt am<br />
Meer mit seinem schönen Sandstrand. Einige Männer sitzen und stehen auf<br />
dem Parkplatz daneben um einen kleinen Tisch herum. Ein Kartenspiel zieht<br />
alle in ihren Bann. Mit viel Palawer wird das Spiel lautstark kommentiert. Die<br />
Gassen der Stadt bieten eine Fülle von kleinen Geschäften, Souvenierläden,<br />
Kalabresische Spezialitäten, Schmuckgeschäfte mit unzähligen Korallenketten<br />
und Galerien, in denen die Künstler ihre Werke darbieten. Wir finden sogar<br />
nach 22 Uhr einen kleinen geöffneten Alimentari Laden, in dem wir uns auch<br />
in den nächsten Tagen mit dem Nötigsten eindecken. Auf engstem Raum<br />
scheint es alles zu geben was man zum Leben braucht. Zahlreiche Cafés,<br />
Pizzerien und gemütliche Restaurants bieten eine große Auswahl an Gerichten<br />
mit guter Qualität. So haben wir Italien weiter nördlich noch vor 30 Jahren<br />
erlebt. Etwas verträumt, romantisch – einfach zum Verlieben.<br />
Die Griechen waren die ersten, die mit ihrer Hochkultur im 8. – 7. Jh. v. Chr.<br />
über das Meer kamen. Die Auswirkungen der griechischen Besiedelung und<br />
der damit verbundene Wissenstransfer sind enorm. Manche Archäologen<br />
halten den Aufstieg Roms ohne die griechische Besiedlung für undenkbar.<br />
Die jüngsten Funde in der Umgebung Roms bestätigen die Ausdehnung des<br />
hellenistischen Einflusses entlang der tyrrhenischen Küste Latiums bis hin zur<br />
Toskana. Nach dem Niedergang der griechischen Welt beherrschten Römer,<br />
Byzantiner, Sarazenen, Normannen, Staufer und Spanier das Land. Auch sie<br />
hinterließen Zeugnisse ihrer Kultur.<br />
Die raue, wilde Schönheit Kalabriens war modernen Zeiten gegenüber nicht<br />
immer sehr aufgeschlossen. Der Mangel an Industrie zwingt bis heute viele<br />
Bewohner ihre Heimat zu verlassen. Die Kalabresen fühlen sich „von Rom<br />
vergessen“. Sie bauen an einem eigenständigen Tourismus, den Kalabrien<br />
gut gebrauchen kann. Hotelburgen fehlen und wären hier auch völlig fehl<br />
platziert. Genau darin liegt aber die Chance für die Entwicklung eines Individualtourismus<br />
mit Erlebnis und Abenteuer und sehr viel alter Kultur.