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24. März 2012 - Arzt + Kind

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Essstörungen<br />

Essstörungen bei <strong>Kind</strong>ern und Jugendlichen<br />

Univ.-Prof. Dr. Andreas KARWAUTz<br />

Vizepräsident der ÖGES<br />

Universitätsklinik für <strong>Kind</strong>er- und Jugendpsychiatrie<br />

Währinger Gürtel 18-20, 1090 Wien<br />

Tel.: +43(0)1/40400-3057<br />

Fax: +43(0)1/40400-2793<br />

andreas.karwautz@meduniwien.ac.at<br />

www.ess-stoerung.eu<br />

42<br />

Essstörungen sind keine Ernährungsstörungen<br />

Essstörungen sind gemäß WHO im Kapitel F der Internationalen Klassifikation ICD-<br />

10 beschrieben, zählen also zu den psychischen Störungen (Karwautz 2008). Essen ist<br />

angstbesetzt, wird verweigert oder die Nahrungsaufnahme wird beziehungsgetriggert<br />

problematisiert. Die Ernährung ist lediglich als Endstrecke bzw. auf der Symptomebene<br />

ein Problem, nicht aber primär.<br />

Essstörungen und ihre Vorformen<br />

werden häufiger.<br />

Wie in einer deutschen Studie (BELLA-Studie<br />

als Teilstudie der KIGGS-Studie – siehe www.<br />

kiggs.de) gezeigt werden konnte, zählen<br />

etwa 1/3 der Adoleszenten zu einer „Risikopopulation<br />

für Essstörungen, da sie im Screening<br />

die erforderliche Cut-off Punkteanzahl<br />

erreichen bzw. überschreiten. Das gilt wie<br />

Waldherr et al. (2004) zeigen konnte auch<br />

für Österreich. Alarmierend ist insbesonders<br />

der Anstieg der für Essstörungen relevanten<br />

Skalen des Eating Disorder Inventory-2 (z.B.<br />

Körperliche Unzufriedenheit), in den Jahren<br />

1994-2004 bei Knaben (Waldherr et al. 2004).<br />

Zwar findet sich keine Zunahme der Inzidenz<br />

der klassischen Essstörungen bei Knaben<br />

aber doch eine zunehmende Auffälligkeit der<br />

relevanten Symptome, was für die Zukunft<br />

eine Zunahme der klinischen Essstörungen<br />

bei Knaben wahrscheinlich macht.<br />

Essstörungen kommen in vielfältigen<br />

klinischen Formen vor.<br />

Das DSM-V, das amerikanische Diagnostikmanual<br />

für alle psychiatrischen Störungen,<br />

das <strong>2012</strong> erscheinen wird, sieht einige<br />

Änderungen in der Klassifikation der Essstörungen<br />

vor, die der klinischen Realität<br />

besser entsprechen werden, als die<br />

derzeit gültigen Klassifikationssysteme:<br />

Anorexia nervosa (K 03) wird auch ohne Vorliegen<br />

sekundärer Amenorrhoe diagnostizierbar<br />

sein, Bulimia nervosa (K 04) wird nicht mehr in<br />

Subtypen (purging / non-purging) unterteilt<br />

werden, die Binge-Eating Störung (BED) (K<br />

05), die 1994 erst in den Appendix des DSM-IV<br />

Eingang gefunden hatte, wird neue Diagnose<br />

sein. Zusätzlich werden Störungen, die bisher<br />

verstreut im Kapitel F zu finden waren in das<br />

Kapitel „Essstörungen“ übernommen: Andere<br />

Spezifische Essstörungen (K 06): Atypische<br />

Anorexia nervosa, Subklinische Bulimia nervosa,<br />

Subklinische BED, Purging Disorder<br />

(Störung ohne Heisshunger aber mit einer<br />

Gewichtszunahme entgegensteuernden<br />

Maßnahmen), Night Eating Disorder (Nächtliches<br />

Essen). Unspezifische Essstörungen und<br />

Störungen der Nahrungsaufnahme (K 07).<br />

Weiters zählt Pica (das Essen nicht-essbarer<br />

Substanzen) zu den Essstörungen (K 00) sowie<br />

die „Störung mit Wiederkäuen“ - Rumination<br />

(K 01). Die vermeidende /restriktive Nahrungsaufnahmestörung<br />

(K 02) wird neu definiert.<br />

Zu frühkindlichen Essstörungen findet sich<br />

im Heft 3/2011 der Zeitschrift <strong>Arzt</strong>+<strong>Kind</strong> ein<br />

guter rezenter Referenzüberblick von Dunitz-<br />

Scheer et al. (2011).<br />

Essstörungen kann man nur mittels<br />

komplexer Ätiologiemodelle<br />

verstehen.<br />

Die Entstehung von Essstörungen zu verstehen<br />

ist lediglich mittels der Bildung komplexer<br />

Modelle möglich. Die Ursachen selbst sind<br />

bisher nicht ausreichend aufgeklärt. Ein biopsycho-soziales<br />

Krankheitsmodell ist heute<br />

– mit unzähligen empirischen Befunden in<br />

allen 3 Bereichen angereichert – das gültige<br />

und der klinischen Vielfalt der Essstörungen<br />

am Ehesten gerecht werdende Modell des<br />

Verstehens (Karwautz 2009). So konnte z.B.<br />

unser Team zur Ätiologie der Magersucht<br />

unlängst neue Daten vorlegen (Adambegan<br />

et al. 2011; Huemer et al. <strong>2012</strong>; Karwautz et al.

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