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Die gesamte Ausgabe 1/2004 als pdf-Datei - Senioren Zeitschrift ...

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Funktional statt repräsentativ<br />

<strong>Die</strong> Siedlungen Ernst Mays<br />

Klare Formen prägen die May-Häuser. Foto: FotoKreisKreativ, Christ<br />

Von den Siedlungen, die vor 75<br />

Jahren an Frankfurts Stadtrand<br />

entstanden, galt die „Römerstadt“<br />

<strong>als</strong> die gelungenste. Eingepasst in<br />

die Landschaft des Niddat<strong>als</strong>, wo<br />

ehedem die römische Stadt Nida<br />

lag, wurde sie rasch ein Wallfahrtsort<br />

für alle an einer neuen Baukultur<br />

wie an einer neuen Lebensführung<br />

Interessierte. Sie und die<br />

anderen Siedlungen und Bauten<br />

der zweiten Hälfte der zwanziger<br />

Jahre des vorigen Jahrhunderts<br />

verkörpern das „Neue Frankfurt“<br />

der Ära May.<br />

„Wir erkennen nur die Wirtschaftlichkeit<br />

<strong>als</strong> solche an, die auf der<br />

Grundlage der Gesunderhaltung der<br />

Menschen aufgebaut ist, die soziale<br />

Wirtschaftlichkeit, sie fordert zwingend<br />

die Wiederherstellung natürlicher<br />

Lebensbedingungen für den<br />

Menschen in der Großstadt durch zielbewusste<br />

Auflockerung des Stadtganzen<br />

durch Hereinziehung breiter Grünflächen<br />

in das Stadtinnere.“ So fasste<br />

der Architekt und Städteplaner Ernst<br />

May, Stadtbaurat Frankfurts 1925-<br />

1930, seine Ideen in seiner <strong>Zeitschrift</strong><br />

„Das Neue Frankfurt“ zusammen.<br />

Geboren wurde May am 27. Juli<br />

1886 in der Metzlerstraße in Sachsenhausen.<br />

Nach seinem Studium in<br />

London und München leitete er<br />

unter anderem später eine Siedlungs-<br />

30 SZ 1/<strong>2004</strong><br />

gesellschaft in Breslau, ehe er 1925 von<br />

Oberbürgermeister Ludwig Landmann<br />

nach Frankfurt berufen wurde.<br />

Leere Stadtkassen oder der „Druck<br />

ungeheurer wirtschaftlicher Not“,<br />

wie Oberbürgermeister Landmann<br />

sagte, und die große, keinen Aufschub<br />

duldende Wohnungsnot nach dem<br />

Ersten Weltkrieg verbanden sich<br />

mit einem Suchen nach Sachlichkeit<br />

und Materialgerechtigkeit, nach Klarheit<br />

in der Formgebung zum „Neuen<br />

Frankfurt“ Ernst Mays und seiner<br />

Mitstreiter. Nach dem Prinzip der<br />

Trabanten- und Gartenstädte schufen<br />

sie größere Siedlungen mit 15.000<br />

Wohnungen, zum Teil mit eigener<br />

Infrastruktur, mit Grünflächen und<br />

Gärten und gemeinschaftlich nutzbaren<br />

Räumen. In der Römerstadt,<br />

aber auch in Praunheim, Westhausen,<br />

Bornheimer Hang oder Niederrad<br />

prägten sie so einschneidend das Bild<br />

Frankfurts. Es entstanden auch kleinere<br />

Siedlungen wie Höhenblick, wo<br />

Ernst May und Martin Elsaesser sich<br />

ihre Häuser bauten, und zahlreiche<br />

Einzelobjekte, zum Beispiel die<br />

Großmarkthalle.<br />

„Schuhkästen“ mit Komfort<br />

Um billig und rasch zu bauen, wurden<br />

die Häuser nach genormten<br />

Grundrissen mit vorfabrizierten Bau-<br />

teilen im „Frankfurter Montageverfahren“<br />

errichtet. <strong>Die</strong> Siedlungen<br />

waren dam<strong>als</strong> durchaus umstritten,<br />

und es gab manche kritische Stimme,<br />

die sich an der Kleinheit, an den<br />

anders <strong>als</strong> vorgesehen hohen Mieten,<br />

an der Form mit den Flachdächern<br />

(„Schuhkästen“, „Pappkartons“) entzündeten.<br />

Aber die Siedlungen ermöglichten<br />

vielen erstm<strong>als</strong> eine Privatsphäre<br />

des Wohnens mit einem dam<strong>als</strong><br />

fortschrittlichen Komfort (voll elektrifiziert,<br />

Bad, Zentralheizung). Erstm<strong>als</strong><br />

hatte man sich Gedanken über<br />

zweckmäßige Inneneinrichtungen und<br />

optimale Ausnutzung des Raums gemacht.<br />

„Funktional statt repräsentativ“<br />

galt im besonderen für die Küche,<br />

die von Margarete Schütte-Lihotzky<br />

entworfene „Frankfurter Küche“.<br />

Sieben Quadratmeter groß war sie,<br />

arbeitsökonomisch und platzsparend,<br />

mit ausziehbaren Arbeitsflächen und<br />

klappbarem Bügelbrett gestaltet.<br />

Späte Würdigung<br />

1930 ging Ernst May <strong>als</strong> städtebaulicher<br />

Berater in die Sowjetunion,<br />

von dort emigrierte er 1934 nach<br />

Frau Hannes-Schmidt besitzt noch eine original<br />

erhaltene Frankfurter Küche Foto: Schmidt

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