Die gesamte Ausgabe 1/2004 als pdf-Datei - Senioren Zeitschrift ...
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Foto: Rüffer<br />
Arme und Reiche<br />
Ach, Blum un Strauch un Baum un<br />
Blüt,<br />
wie schmücke die die Welt.<br />
Doch was der aane garnet sieht,<br />
ins Aag dem annern fällt.<br />
Es trifft <strong>als</strong> Strahl sei Herz; entzünd<br />
viel Lichter in sei’m Sinn.<br />
Un bringt, wofür der Erste blind,<br />
dem Zwaate gleich Gewinn.<br />
Weil awwer net Besitz un Geld<br />
die Freudeflut entfacht,<br />
da is gerechter wohl die Welt<br />
wie mancher des gedacht.<br />
Denn wer besitzt aach manch<br />
Million,<br />
von dem, was blüht un reift,<br />
er net kraft Geld un Macht un Kron<br />
en Zippelsaum ergreift.<br />
Nur’m Herz, des offe, lieb un warm,<br />
schenkt alles sich zugleich.<br />
So mancher Reiche is drum arm;<br />
un mancher Arme reich.<br />
E Mittel gegen Schnuppe<br />
Bald heiß, bald kalt, un Füß wie Blei,<br />
da duht sich draa entpuppe<br />
-kratzt’s dich aach noch im H<strong>als</strong><br />
debei:<br />
du kriehst en düchtge Schnuppe.<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
ich möchte Ihnen heute einige<br />
Gedichte des Frankfurter „Dichters“<br />
Walter Weisbecker vorstellen.<br />
Er wurde 1915 geboren und starb<br />
1996. Nicht nur Dichter und<br />
Frankfurter war er, sondern auch<br />
Lebenskünstler, Humorist und ein<br />
Meister des Dialekts par excellence.<br />
Seine besondere Vorliebe<br />
galt neben seiner Stadt dem Werk<br />
Goethes.<br />
Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit,<br />
und denken Sie immer daran:<br />
Miteinander ist besser <strong>als</strong> Gegeneinander.<br />
Ihr Wolfgang Kaus<br />
Un wenn de hunnert Leut des sägst,<br />
die wisse hunnert Mittel.<br />
Doch, was de aach versuche möchst:<br />
Kompress mit Mäuseknittel,<br />
un Rum un heiße Äppelwei,<br />
un Plästercher duhst bappe.<br />
Vermutlich wird umsonst des sei.-<br />
Umsonst? Du mußt berappe<br />
de Apothek den ganze Kram.<br />
Doch was mer preist aach löblich:<br />
Am beste dätste’s Geld dir sparn-<br />
Des alles is vergeblich.<br />
Unterhaltung<br />
Er kimmt drei Dag un steht drei Dag<br />
un drei Tag duht er gehe.<br />
Un des gibt neun, ganz ohne Frag.<br />
Un immer werste sehe:<br />
Ob rum du lääfst, ob du im Bett,<br />
Arzneie viel mußt kaafe,<br />
der duht der’s unner neun Dag net;<br />
drum laß die Nas halt laafe.<br />
Was de Mensch<br />
zum Mensche macht<br />
De Mensch kimmt aus de<br />
Dunkelheit,<br />
geht aach dahi zurück.<br />
Dazwische liegt viel Herzeleid,<br />
wohl aach e Quentsche Glück.<br />
De aane steckt in Not, Verdruß,<br />
so hoffnungslos bald drin,<br />
wie jener annre in Genuß,<br />
im Strewe nach Gewinn.<br />
Un jeder ißt, trinkt, liebt und haßt<br />
un zeugt un schafft un spielt:<br />
Un mancher hat die aanzig Rast<br />
Im Sterwe kaum erzielt.<br />
<strong>Die</strong> Technik hat sein Weg geprägt,<br />
sich selten ihm versagt.<br />
Danach, wer all des Weltall trägt,<br />
hat viel er nie gefragt.<br />
Ergründt hätt’s wohl so wenig er,<br />
wie die, die vor uns war’n.<br />
Doch immer schmerzlich dünkt<br />
mer’s wer<br />
in all de Lebensjahrn<br />
nie sägt, nie denkt: Woher? Wohin?<br />
Hätt er’s aach weit gebracht,<br />
des Frage erst nach Zweck un Sinn<br />
de Mensch zum Mensche macht.<br />
<strong>Die</strong> Texte sind erschienen im Waldemar<br />
Kramer Verlag in Frankfurt.<br />
Walter Weisbecker<br />
©ISG Frankfurt am Main<br />
SZ 1/<strong>2004</strong><br />
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