USSBALL - Rot Weiss Damme
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Trainerporträt<br />
10<br />
Der General der „Brave Warriors“<br />
Trainer aus dem emsländischen Haselünne ist Nationaltrainer von Namibia<br />
Zeit zur Muße blieb Tom Saintfiet auch<br />
beim dreiwöchigen Heimaturlaub im<br />
emsländischen Haselünne und bei seiner<br />
Familie in Belgien nicht. Der Nationaltrainer<br />
von Namibia ist ständig unterwegs in Sachen<br />
Fußball. „Das ist mein Leben“, lacht der 36-<br />
Jährige.<br />
Zig Einladungen lagen vor für Saintfiet.<br />
Die nach Malta und auf die Faröer, wo er B71<br />
Sandur trainierte, musste der Weltenbummler,<br />
der die U-17 von Katar zu Bronze bei den<br />
Asienmeisterschaften führte, aus Zeitmangel<br />
ablehnen. Auch zu einem Hallo beim Oberligisten<br />
BV Cloppenburg, den er in der Regionalliga<br />
coachte, reichte es dieses Mal nicht.<br />
Er machte eine Stippvisite in Finnland beim<br />
Ex-Verein Rovaniemi PS. Er besuchte an einem<br />
Wochenende ein Gastspiel des BV Emmen,<br />
wo er Sportdirektor und Nachwuchstrainer<br />
war, in Cambuur, dann das Duell eines<br />
Bekannten in der sechsten Liga im Ruhrgebiet,<br />
einen Tag später fuhr er mit seinem<br />
Haselünner Freund „Mimo“ Micaletto zuerst<br />
zum Regionalligaspiel Oberneuland gegen<br />
Magdeburg, bei dem er Ex-Spieler Mike Barten<br />
begrüßte, und dann weiter zum Bundesligaspiel<br />
Hamburger SV gegen VfL Bochum,<br />
wo er „dienstlich“ bei Collin Benjamin vorbeischaute.<br />
Der Hamburger ist Kapitän der<br />
namibischen Nationalmannschaft. „Eine<br />
Kultfigur beim HSV und für mich ganz wichtig“,<br />
erklärt Saintfiet.<br />
Der Fußballer hatte sich in der letzten<br />
Minute des Länderspiels in Swasiland einen<br />
Januar 2010<br />
Kreuzband- und Innenbandriss sowie einen<br />
Knorpelschaden zugezogen. „Ich habe ihm<br />
geraten, sich Zeit zu nehmen“, soll Benjamin<br />
nach Absprache mit Saintfiet beim Comeback<br />
im nächsten Jahr kein übermäßiges Risiko<br />
eingehen. „Ich brauche ihn im September“,<br />
sagt der Belgier, der seit eineinhalb Jahren<br />
das Team in Südwestafrika trainiert und<br />
es auf einen Schnitt von mehr als 1,5 Punkten<br />
pro Duell gebracht hat. Tolle Zahlen für<br />
Namibia, jenes Land, in dem nur zwei Millionen<br />
Menschen leben, von denen nach FIFA-<br />
Angaben 135.000 Fußball spielen. Unter<br />
Saintfiets Regie war das Nachbarland von<br />
WM-Ausrichter Südafrika mehr als 13 Monate<br />
ungeschlagen. „Ich fühle mich noch immer<br />
wie ein König“, schmunzelt Saintfiet,<br />
der in Namibia „überall bekannt“ ist, mit Passanten<br />
häufig für ein Foto posieren muss und<br />
zum Tag der Deutschen Einheit wie selbstverständlich<br />
in die deutsche Botschaft nach<br />
Windhoek eingeladen wird.<br />
Sportlich vertraut der Nationalcoach,<br />
der sich in seiner afrikanischen Umgebung an<br />
jedem Wochenende drei bis fünf Fußballspiele<br />
ansieht, auf ein in Deutschland bekanntes<br />
Quartett: Neben Benjamin auf den Ex-Bremer<br />
Razundara Tjikuzu (Trabzonspor/Türkei), der<br />
sich vorbildlich und diszipliniert ins Team einfüge,<br />
sowie Wilko Risser (Trier) und Oliver Risser<br />
(Lyn Oslo). Vor allem Benjamin und Tjikuzu<br />
sind als „Doppel-Sechs“ sehr wichtig für<br />
das namibische Nationalteam. In diesem Jahr<br />
hat es nur sechs Spiele bestritten, „aber der<br />
Eine Spielszene aus der Begegnung Namibia (Collin Benjamin, vorn rechts) gegen Guinea (Ismael<br />
Bangoura) vom Afrika-Cup 2008 am 28. Januar. Foto: imago<br />
Tom Saintfiet<br />
Druck ist bei jeder Partie 1000 Mal größer als<br />
bei einem Ligaspiel“, weiß Saintfiet, der nach<br />
eigener Einschätzung das absolute Vertrauen<br />
des Fußballverbandes genießt. Kritik an seiner<br />
eher defensiven Spielweise kontert er:<br />
„Es zählt nur der Erfolg.“<br />
Saintfiet verordnete dem Nationalteam<br />
ein nach seiner Einschätzung für Afrika eher<br />
untypisches Sicherheitsdenken. „Wir wollen<br />
erstmal die Null halten und dann ein Tor<br />
schießen.“ Statt auf individuelle Qualitäten<br />
setzt er auf einen gut organisierten Abwehrverband,<br />
taktische Disziplin mit einem<br />
4-2-3-1-System und schnelle Konter. Der<br />
Nationaltrainer beobachtet, dass einige<br />
Klubs in der höchsten Liga des südwestafrikanischen<br />
Landes seine Taktik kopieren.<br />
Indirekt bestätigen die Nachfragen einiger<br />
Klubs sowie auch von Nationalverbänden<br />
Saintfiets Erfolg. Aber sein Vertrag endet erst<br />
in drei Jahren. Das neue Jahr soll lebhafter<br />
werden. Im März könnten mehrere Länderspiele<br />
stattfinden, im September beginnt die<br />
Qualifikation für den Afrika-Cup 2012 in Nigeria.<br />
Die Nagelprobe für den Coach.<br />
Sofort nach der Rückkehr Anfang Dezember<br />
suchte der aus dem belgischen Mol<br />
(Provinz Antwerpen) stammende Saintfiet<br />
die Verbandsspitze auf, denn die wollte bei<br />
der Auslosung der Gruppen für die Fußball-<br />
Weltmeisterschaft in Kapstadt Kontakt mit<br />
den Vertretern der qualifizierten Nationalteams<br />
aufnehmen „Wir hoffen auf ein<br />
Freundschaftsspiel gegen eine große Fußballnation“,<br />
kann Saintfiet sich vorstellen,<br />
dass ein WM-Teilnehmer zwei Flugstunden<br />
von Kapstadt oder Johannesburg entfernt<br />
im „politisch stabilen und modernen“ Namibia<br />
den Ernstfall proben oder ein Trainingslager<br />
beziehen will. Dem General der<br />
„Brave Warriors“, wie sein Team liebevoll<br />
genannt wird, kämen Brasilien, Italien oder<br />
Deutschland gerade recht. Ein Duell gegen<br />
Michael Ballack und Co. wäre ein Traum für<br />
die ehemalige deutsche Kolonie, die 1990<br />
von Südafrika unabhängig wurde. Saintfiet,<br />
der mit seinen Spielern – allesamt Profis,<br />
die meisten in Südafrika oder Angola - englisch<br />
und deutsch spricht, würde sich freuen,<br />
den Kollegen Joachim Löw kennenzulernen.<br />
Ulrich Mentrup