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Israel Regardie

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Gesellschaft veröffentlichten tantrischen Schrift von Rama Prasad einzubeziehen. Wir dürfen<br />

nicht vergessen, daß Mitglieder des Golden Dawn ihrer Zeit gemäß sehr sexualfeindlich<br />

erzogen waren. Bei ihrer magischen Arbeit wurden sie unweigerlich mit ihrer Sexualität<br />

konfrontiert, die ja nur eine besondere Form der magischen Energie ist, und wahrscheinlich in<br />

einem erheblichen Maße dadurch verunsichert. Die in Nature's Finer Portes dargelegten<br />

Gedanken und die von Harris propagierten Praktiken boten einen Ausweg, Sexualität zu<br />

praktizieren und sich gleichzeitig nicht damit zu identifizieren. In dem Moment, in dem ein<br />

körperlich sexueller Kontakt stattfindet, entäußern sich die Partner ihrer Persönlichkeit und<br />

werden Götter oder sonstwie magische Wesen, die sich repräsentativ oder stellvertretend für<br />

die durch einen sexuellen Kanal einfließende Kraft zur Verfügung stellen. Auf diese Weise<br />

läßt sich Sexualität praktizieren, ohne daß sich die Alltags- Persönlichkeit des im<br />

Viktorianischen Zeitalter lebenden Esoterikers durch eine so tierische Angelegenheit wie<br />

Sexualität beschmutzt fühlen muß. Dies gilt sicher auch für Mathers Ehe, wie anhand eines<br />

Briefs von Moina Mathers an Annie Horniman vom 8. Januar 1896 vermutet werden kann. 4<br />

Solche verschlungenen emotionalen Pfade mögen uns heute etwas skurril anmuten, aber sie<br />

müssen vor dem Hintergrund ihrer Zeit verstanden werden. Sexual- Mystik war übrigens nicht<br />

nur eine Angelegenheit des Golden Dawn, sondern wurde wahrscheinlich in den meisten<br />

esoterischen Vereinigungen der ersten Jahrzehnte dieses Jahrhunderts bis in die Reihen der<br />

Theosophischen Gesellschaft in der einen oder anderen Weise praktiziert. Diese Seite des<br />

Golden Dawn wird von den meisten Autoren entweder nicht oder nur am Rande erwähnt. 5<br />

Man könnte diese Seite ausklammern, wenn sie nicht mit ein wichtiger Faktor gewesen wäre,<br />

der offenbar die spätere Entwicklung des Ordens im Untergrund doch recht nachhaltig<br />

beeinflußt hat. Dies kommt vor allem zum Vorschein, wenn man beachtet, welche Personen<br />

sich anläßlich des späteren Schismas des Ordens welcher Partei anschlössen. Annie<br />

Horniman, eine für den Orden äußerst wichtige Person, sowohl was ihren persönlichen<br />

Einfluß als auch was ihren finanziellen Hintergrund betrifft, nahm an der Gruppe um Berridge<br />

Anstoß und verlangte deren Ausschluß aus dem Orden. Mathers, der finanziell total von<br />

Annie Horniman abhängig war, weigerte sich und gab ihr zu verstehen, sich nicht in die<br />

Angelegenheiten und Studien anderer Ordensmitglieder einzumischen. Als Annie Horniman<br />

trotzdem auf ihrem Anliegen bestand, schloß Mathers sie selbst aus dem Orden aus, obgleich<br />

eine Menge namhafter Mitglieder ihn mit einer Petition davon abzuhalten versuchten.<br />

Mathers hatte 1892 seinen Wohnsitz nach Paris verlegt. Die Gründe, die ihn dazu bewegen,<br />

sind nicht klar zu eruieren. Moina Mathers sagt in ihrem 1926 geschriebenen Vorwort zur 6.<br />

Auflage von Mathers' Kabbalah Unveiled, daß diese Übersiedlung auf Geheiß der geheimen<br />

Meister des Ordens erfolgte. (Vielleicht um eine größere räumliche Nähe zu diesen<br />

herzustellen. Mathers behauptete, mehrere Begegnungen mit diesen geheimen Meistern seien<br />

in Paris im Bois de Boulogne erfolgt.) Tagebuchaufzeichnungen und Notizen der mit Moina<br />

eng befreundeten Annie Horniman geben den Hinweis, daß Moina ihre künstlerischen Studien<br />

in Paris fortsetzen und intensivieren wollte. Es scheint nicht ganz ausgeschlossen, daß Annie<br />

Horniman Moina zu dieser Wohnsitzverlegung bewog in der Hoffnung, sie von ihrem Gatten<br />

zu entfernen, der dann zum Ärger Miss Hornimans doch seiner Frau nach Paris folgte. Die<br />

Mathers gründeten in Paris eine Zweigniederlassung des Golden Dawn unter dem Namen<br />

Ahathoor- Tempel (nach Athor, der ägyptischen Göttin der Nacht), zu deren Mitgliedern eine<br />

ansehnliche Zahl Amerikaner, aber auch der Okkultist Papus zählten. Zu seiner Statthalterin<br />

im Londoner Tempel ernannte Mathers Florence Farr. Wenn er die Hoffnung gehegt haben<br />

sollte, eine Frau wäre ein williges Werkzeug seiner Autorität, sah er sich bald enttäuscht.<br />

Florence Farr war eine Persönlichkeit, die, was autoritäre Haltung und<br />

4 Zitiert bei Howe Seite 121<br />

5 Nur Ithell Colquhoun widmet in ihrem Buch Sword of Wisdom (London 1971) dieser tantrisch beeinflußten<br />

Seite des Golden Dawn ein Kapitel, und auch Francis King gibt m seinem Tantra for Westerners<br />

(Wellmgborough 1986) Seite 77ff. und Seite 131 ff. interessante Informationen und Zusammenhänge dazu.

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