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stoßen aneinander, fallen und verletzen sich gar, und eine heillose Konfusion bricht aus.<br />
Genauso verhielten sich auch Mathers und die Mitglieder des Golden Dawn, als das Ende<br />
über sie hereinbrach. Vielleicht ein Indiz dafür, daß der Golden Dawn eben doch in<br />
Verbindung mit einer transzendenten Ebene stand, die sich nun von ihm zurückzog und ihn<br />
seinem Schicksal überließ.<br />
Im Frühjahr 1905 versammelten sich die übriggebliebenen Mitglieder des Golden Dawn, um<br />
ihre Zukunft und weitere Arbeit zu besprechen. Das Resultat war die Spaltung des Ordens.<br />
Eine Gruppe um Arthur Edward Waite, dem die von Mathers vertretene magische Richtung<br />
der Ordensarbeit sowieso nie gepaßt hatte, gründete unter dem alten Namen Golden Dawn<br />
einen neuen Orden. Diese Gruppe verneinte die Existenz von geheimen Meistern und richtete<br />
die Ordensarbeit ganz auf die christliche Mystik aus. Zu diesem Zweck schrieb Waite die<br />
Rituale entsprechend um. Dieser Zweig des Golden Dawn bestand bis in das Jahr 1914, darin<br />
löste Waite ihn auf und gründete einen neuen Orden mit dem Namen Fellowship of the Rosy<br />
Cross.<br />
Dr. Berridge und Brodie- Innes blieben Mathers treu. So wie er ihnen gegenüber anläßlich der<br />
Angriffe von Annie Horniman gegen seine materiellen Interessen loyal gewesen war, so<br />
standen sie jetzt zu ihm. Brodie- lnnes erhielt von Mathers ein Zertifikat, das ihn zum<br />
rechtmäßigen Oberhaupt des Golden Dawrn erklärte. Dr. Berridge versammelte in London die<br />
Mathers treu gebliebenen Mitglieder um sich und arbeitete mit ihnen in der traditionellen<br />
W'eise weiter. Mathers selbst beschränkte sich auf seinen Ahathoor- Tempel in Paris.<br />
Wahrscheinlich unter dem Einfluß von Moina verschrieb er sich mehr und mehr einem<br />
ausgeprägten Isis- Kult, dessen Rituale Mathers nicht nur im Orden, sondern gegen Eintritt<br />
auch in Pariser Theatern zelebrierte. Zahlreiche Amerikaner in Paris stießen zu seinem<br />
Tempel und brachten infolgedessen den Golden Dawn nach den Vereinigten Staaten.<br />
Die Mehrheit der Mitglieder gründete unter dem Tropenmediziner Dr. Felkin einen neuen<br />
Tempel mit dem Namen Stella Matutina (Morgenstern). Für diese Gruppe, die sich zwar von<br />
Mathers getrennt hatte, aber noch immer das von ihm geschaffene und vertretene<br />
Ordenssystem bearbeitete, war es nun von größter Wichtigkeit, den Kontakt zu den geheimen<br />
Meistern des Ordens wiederherzustellen. Zum Teil benutzten die Mitglieder dieser Gruppe die<br />
Techniken, die in Florence Farrs »Sphäre« angewendet wurden, um auf diese Weise eine<br />
Verbindung über die Astralebene herzustellen. Auf diese Weise hofften sie, neue esoterische<br />
Lehren zu erhalten und die bereits vorhandenen zu verbessern. Sie arbeiteten teilweise recht<br />
nachlässig ohne die strengen, von Mathers gegebenen Vorsichts- und Kontrollmaßnahmen,<br />
die verhindern sollten, daß bei diesen Astralvisionen Energien evoziert wurden und einfließen<br />
konnten, die mit der Schwingung des Golden Dawn nicht harmonisch waren. Die Folgen<br />
zeigten sich bald, indem jeder und jede behaupteten, auf ihre Weise Kontakt zu den Meistern<br />
hergestellt und persönlich neues Wissen übermittelt bekommen zu haben.<br />
Felkin selbst baute offenbar nicht allein auf diese astralen Offenbarungen. Er unternahm<br />
verschiedene Reisen auf den Kontinent, vorwiegend nach Deutschland, auf der Suche nach<br />
dem geheimnisvollen Rosenkreuzorden, der über Fräulein Sprengel den Golden Dawn in<br />
England gegründet haben sollte. Er knüpfte Kontakte zu verschiedenen Rosenkreuzer-<br />
Zirkeln, die damals in mehr oder weniger loser Form in Deutschland bestanden, und wurde<br />
schließlich auf Rudolf Steiner verwiesen, der damals Sekretär der Theosophischen<br />
Gesellschaft in Deutschland war und überdies Leiter einer Rosenkreuzer- Loge innerhalb des<br />
O.T.O. (Ordo Templis Orientis), eines magischen Ordens, der von Karl Kellner nach Studien<br />
im Osten gegründet worden war. Felkin glaubte, in Steiner die verlorene Verbindung zu den<br />
geheimen Meistern wiedergefunden zu haben, und Steiner scheint diese Rolle akzeptiert zu<br />
haben. Ein Ordensmitglied wurde nach Deutschland delegiert, um dort die entsprechende<br />
Schulung zu erhalten, damit der Londoner Tempel reorganisiert und ausgebaut werden<br />
konnte. Steiner besuchte im Jahre 1912 London und nahm an verschiedenen Tempel-<br />
Arbeiten und Ritualen des Golden Dawn teil. In der Folge floß mehr und mehr durch Steiner