abhängigkeit 2014 Potsdam 1,50 EUR
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menschen<br />
Zusammenkloppen<br />
alles weitere machen<br />
wir Später<br />
ein polizist zwischen den fronten<br />
Gert Schröder (Jg. 1941) ist Erster Polizeihauptkommissar a.D.<br />
Als langjähriger Mitarbeiter der Berliner Polizei während der<br />
deutsch-deutschen Teilung kann er von ganz persönlichen Erlebnissen<br />
im isolierten West-Berlin berichten. Sympathie für die Anliegen<br />
und Respekt gegenüber den Demonstranten brachten ihm eine<br />
Sonderstellung unter seinen Kollegen ein. Gert Schröder ist verheiratet<br />
und lebt im Süden Berlins.<br />
word.<strong>Potsdam</strong> | Herr Schröder, Ihre facettenreiche<br />
Karriere besaß Höhen wie Tiefen.<br />
Weshalb haben Sie sich für eine Laufbahn bei<br />
der Polizei entschieden<br />
Schröder: Ich fiel Ende der dreizehnten Klasse<br />
durch die Abiturprüfungen. Um meinen Eltern<br />
nicht auf der Tasche zu liegen, entschloss<br />
ich mich kurzfristig für einen Dienst bei der<br />
Bereitschaftspolizei. Ich hatte vorher nie mit<br />
dem Gedanken gespielt, hatte nur vom tollen<br />
Betriebsklima unter den Kollegen gehört. Polizisten<br />
wurden damals benötigt, als einer der<br />
vielen Bewerber war ich als Gymnasialschüler<br />
mit Mittlerer Reife im Vorteil. Meine dadurch<br />
verkürzte Ausbildungszeit folgerte, dass ich sehr<br />
schnell in den beruflichen Alltag kam. Allerdings<br />
war für mich nach wenigen Tagen Munitionshäuschen-Bewachen<br />
klar, dass ich bis zum Ende<br />
meiner Karriere noch etwas Anderes tun wollte.<br />
Ich wollte versuchen, so schnell wie möglich in<br />
den Gehobenen Dienst (Kommissarslaufbahn)<br />
gelangen.<br />
word.<strong>Potsdam</strong> | Ihr erster Tag in Dienst fiel<br />
auf den 4. April 1961, im uns so bekannten<br />
„Schicksalsjahr“. Ihre Frau hatte im Vorgespräch<br />
von dem Tag berichtet, als Sie zur Mauer<br />
gerufen wurden.<br />
Schröder: Wir hatten normalerweise 24 Stunden<br />
Dienst, dann 48 Stunden Freizeit. Am<br />
Sonntag, dem 13. August hatten wir frei, ich<br />
war bei meinen Eltern zu Hause und hörte über<br />
das Radio, dass Berlin abgeriegelt werde. Als ich<br />
dann abends um 11 Uhr in die Polizeikaserne<br />
ging, standen bereits überall Fahrzeuge herum;<br />
wir wurden angebrüllt, man hätte im Radio<br />
nach allen Auszubildenden rufen lassen – Wir<br />
hatten ja damals noch kein Telefon. Ich sagte<br />
zum Spieß: „Ich war mit dem Paddelboot auf<br />
dem Wannsee”, woraufhin dieser zurückgab,<br />
ich sei der fünfundneunzigste, der heute Paddelboot<br />
auf dem Wannsee gefahren sei. Das<br />
war der Einstieg für eine angespannte Situation<br />
für die nächsten Wochen: Wir bekamen keinen<br />
Ausgang mehr, trugen auf einmal Kampfanzug<br />
und Stahlhelm.<br />
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