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worse.<br />

entartete<br />

kunst<br />

Oder: Wie die Medien unsere<br />

moralischen Werte festlegen<br />

Mit diesem Artikel möchte ich die worse. Sparte<br />

unseres Magazins nach dem VIP-Artikel mal<br />

wieder nutzen, um mich so richtig auszulassen.<br />

Ich sah kürzlich eine Sendung von „JoizTV“, ein<br />

junger Sender mit Sitz in Berlin-Friedrichshain,<br />

der den Rapper Moneyboy auf ein Gespräch<br />

einlud. Bevor es aber um die Sendung geht,<br />

muss ich den Leser davon in Kenntnis setzen,<br />

wer dieser Mensch überhaupt ist. Und das<br />

muss ich natürlich – trotz seiner Medienpräsenz.<br />

Moneyboy (nachfolgend MBeezy) heißt<br />

bürgerlich Sebastian Meisinger, war lange<br />

professioneller Basketballspieler und studierte<br />

Publizistik- und Kommunikationswissenschaften<br />

in Wien. Sein Studium schloss er mit einem<br />

Magister philosophiae, in dem er über die<br />

deutsche Rapszene schrieb, ab. Bekannt wurde<br />

er als Künstler mit dem Song „Dreh den Swag<br />

auf“, eine deutsche Version des Songs „Turn<br />

The Swag on“ von Solja Boy. MBeezy polarisiert<br />

krass. Hinter benanntem Video stehen auf der<br />

einen Seite auf Grund seines satirischen Unterhaltungswertes<br />

eine große Community und 21<br />

Millionenklicks, auf der anderen Seite verbreitete<br />

sich der Song auf Grund eines „shitstorms“<br />

sehr rasch. Wir haben also verstanden, dass er<br />

sich sein Publizistik- und Kommunikationswissenschaften-Studium<br />

zunutze macht. Genauso<br />

funktionieren seine sehr provokanten Tweets<br />

(Zitat vom Muttertag 2013: „Schade dass soviele<br />

Mütter den Muttertag gar nicht richtig feiern<br />

können. Alkohol ist ja erst ab 16“), Videos und<br />

verbalen Angriffe auf andere Rapper<br />

Die Sendung, über die ich schreiben möchte,<br />

war so aufgebaut, dass die Moderation (Alexandra<br />

Simone Maurer) sich einen „Promi“<br />

sucht, der sie auf ein „Blind-Date“ trifft. Nun<br />

sitzt ein solcher Mensch also in einer Show<br />

eines „jungen, modernen und hippen“ Senders,<br />

in dem die Moderatorin schrille zehn Minuten<br />

darüber nölt, nicht zu wissen, wer ihr Gesprächspartner<br />

ist. Was bei einem „Blind-Date“<br />

ja wichtig zu wissen sei, da nur das Aussehen<br />

der Partner zähle. Ihr Moderations-Partner<br />

(Martin Tietjen) verbindet ihr die Augen und<br />

weist glücklich darauf hin, dass sie ihren Arsch<br />

gegen seinen Genitalbereich drücke. Die Moderation<br />

weiß es, sich sympathisch, seriös und ein<br />

ganz klein wenig kokett zu geben.<br />

Nachdem sie nun also mit verbundenen<br />

Augen auf der Schulter<br />

ihres Co-Moderators auf die Bühne<br />

getragen wurde, wiederholen sich<br />

die letzten zehn Minuten.<br />

Endlich beginnt das Gespräch.<br />

Man unterhält sich über den Karneval und stellt<br />

durch eine Abneigung demgegenüber eine<br />

Gemeinsamkeit fest. Beide schlagen ein. Sie erzählt:<br />

„Da wird man nur krank und betäu.. also<br />

trinkt zu viel und steckt sich mit irgendwas an<br />

oder so“ – ihr Gesprächspartner vervollständigt<br />

ihren Satz „… mit Aids oder so - also #nohomo“<br />

Augenblicklich wird er dafür gescholten. Alex<br />

unterbricht ihn und sagt, sie fände es nicht<br />

okay, sowas zu sagen. Momente später erklärt<br />

Mbeezy, dass er gerne auf Partys Drogen nimmt<br />

und das auch den Zuschauern empfehlen kann.<br />

Alex erklärt, dass der Sender sich von so etwas<br />

distanziere. Und fragt ihn, was sowas denn solle<br />

und ob er das gut fände – die jungen Leute, die<br />

diesen Sender einschalten, verstünden schließlich<br />

nicht, ob er es ernst meint.<br />

worse.<br />

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