abhängigkeit 2014 Potsdam 1,50 EUR
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Erfahrungen mit vorherigen Beziehungen, psychische<br />
Verfassung, Werte, Mentalität, Charakter<br />
– all das beeinflusst unsere Auslegung von<br />
Innigkeit, Nähe, Zweisamkeit. Anders gesagt: Eifersüchtig,<br />
anhänglich oder besorgt um Verlust<br />
sind Menschen nie grundlos. Darüber geredet<br />
werden sollte sowieso. Nichts stinkt mehr als<br />
Unausgesprochenes, das in irgendeiner Zwischendimension<br />
rumwabert.<br />
Die Gesellschaft ist auch keine große Hilfe,<br />
wenn es um Beziehungsbilder geht. Außer Stereotypen<br />
von scheinbar glücklicher und inniger,<br />
Heterobeziehung mit Hausautokindhund hat sie<br />
wenige Alternativen auf Lager. Allerdings auch<br />
ein bisschen logisch, immerhin ist genau dieses<br />
Konzept am besten verwertbar für …. TADAAA<br />
den Kapitalismus. Dabei ist Ehe längst ein<br />
Modell mit Krückstock, und Begehrlichkeiten<br />
werden an jeder Ecke erzeugt. Vielleicht wird<br />
sich grade weil die Fassade der Monogamie<br />
bröckelt, besonders gern an ihr festgehalten. So<br />
eine Art kollektiver Backflash. Ich schweife ab.<br />
Abhängigkeiten in Beziehungen können vielgestaltige<br />
Formen annehmen: Emotional,<br />
materiell, körperlich. Das geht alles ziemlich<br />
tief, reicht weit in die Geschichte von Personen<br />
und ihre Psyche hinein. Die Sucht (oder Suche)<br />
nach Zuneigung, körperlicher und emotionaler<br />
Nähe, Zuspruch, kann uns manchmal echt das<br />
Hirn vernebeln, sodass wir nur noch aus Beziehungen<br />
heraus in die Welt blinzeln, an der Welt<br />
an sich aber gar keinen Anteil mehr nehmen<br />
– Isolation nach außen = Abhängigkeit nach<br />
innen. Mal ehrlich, das nervt Außenstehende<br />
und früher oder später auch die Insassen dieser<br />
Beziehungsfestung. Individuelle Un<strong>abhängigkeit</strong><br />
ist hier angesagt. Call it Selbstliebe, gesunder<br />
Egoismus, meinetwegen Abgrenzung. Wenn es<br />
zu vereinnahmend wird, sollte das thematisiert<br />
werden.<br />
Hobbies können infolge dessen zurückerobert<br />
und andere Beziehungen, die aufgrund fehlinterpretierter<br />
Ausschließlichkeit brach lagen,<br />
wieder aufgenommen werden. Locker machen<br />
ist angesagt und Vertrauen in die andere Person<br />
haben<br />
Eine gute partnerschaftliche Beziehung ist vielleicht<br />
nur dann gut, wenn alle Beteiligten auch<br />
noch sie selbst seien dürfen. Und das müssen<br />
sie auch! Dazu braucht es Zeit und Platz und<br />
wenigstens ab und an ein Gefühl von Selbsterfahrung,<br />
der Mainstream labelt das wohl mit<br />
„etwas für sich selbst tun“. Das ist allerdings<br />
kein Aufruf zu schonungsloser Autonomie. Kontakt<br />
zu den Bedürfnissen der anderen halten<br />
und Einfühlungsvermögen aktivieren, so lässt<br />
sich vielleicht so etwas wie Ausgewogenheit<br />
schaffen, in welcher „Ich“ , „Wir“ und der Rest<br />
der Welt Platz finden.<br />
Lara Schleusner<br />
wordpotsdam.de<br />
Regelmäßig veröffentlichen wir Film- und Serientips<br />
auf unserer Website.<br />
Unsere Redakteure empfehlen hier Filme, die<br />
sie selbst mitreißen, faszinieren oder einfach<br />
unterhalten.<br />
kolumne<br />
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