abhängigkeit 2014 Potsdam 1,50 EUR
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kunst<br />
über den schock<br />
vor<br />
der trauer<br />
eine kurzgeschichte<br />
Jemand rennt über ausgedörrtes Land... Ein<br />
Mädchen mit dunklen, verfilzten Haaren und<br />
abgetragenen Sommerklamotten. Man hört<br />
ihren panischen, unregelmäßigen Atem und<br />
ihre schnellen, hektischen Schritte auf dem<br />
staubigen Boden. Der Himmel ist eine weiße,<br />
undurchdringliche Wolkendecke, hinter der sich<br />
irgendwo die Sonne versteckt hat.<br />
Die Landschaft strahlt eine dumpfe Trostlosigkeit<br />
aus.<br />
Ewiges Grau, das einen anzustecken droht mit<br />
seiner unendlichen Unabänderbarkeit.<br />
Egal wie hoch ich mich von der Luft tragen<br />
lasse, sehe ich keine einzige grüne Pflanze oder<br />
ein Tier, das sich in diese Einöde verirrt hat.<br />
Nur das Mädchen bewegt sich und durchbricht<br />
die leblose Landschaft.<br />
Ein Gedanke segelt mir durch den Kopf, er fliegt<br />
in Schlangenlinien vor mir her, fest entschlossen<br />
sich mir zu entziehen.<br />
Ich versuche ihm hinterher zukommen, doch<br />
ich komme nicht voran, als würde ich wie die<br />
grauen Herren von Momo beharrlich gegen<br />
eine unsichtbare Wand laufen, ausgeschlossen<br />
vom Reich des Meister Hora, dem Herren der<br />
Zeit.<br />
Ich gebe resigniert auf, bleibe einen Augenblick<br />
schwebend in der Luft hängen.<br />
Mein Blick fällt wieder auf das Mädchen.<br />
Auch sie ist stehen geblieben. Es ist offensichtlich,<br />
dass es ihr nicht gut geht.<br />
Ich versuche das Gefühl von Mitleid in mir<br />
herauf zu beschwören und es einen Moment zu<br />
kosten, aber alles was mich umgibt ist Gleichgültigkeit.<br />
Die absolute Leere um mich herum droht mich<br />
zu verschlucken. Ich ziehe mich ein Stück zurück,<br />
gewollt dem Nichts zu entfliehen.<br />
Im selben Moment fällt das Mädchen um wie<br />
eine leblose Puppe.<br />
Jetzt liegt sie mit verkrampften Gliedern da, wie<br />
ein Käfer, der auf dem Rücken liegt und versucht<br />
davon zu fliegen.<br />
Dabei ist es offensichtlich, dass sie es nicht<br />
mehr schaffen wird aufzustehen.<br />
Aus einem anerzogenen Reflex heraus begebe<br />
ich mich zu ihr, um ihr wieder aufzuhelfen.<br />
Doch als ich schließlich bei ihr bin, weiß ich<br />
nicht mehr, was ich tun könnte.<br />
Würde sie wieder aufstehen, hätte sie keine andere<br />
Wahl als weiter zu rennen, auf der Suche<br />
nach irgendetwas, dass nicht grau und öde ist –<br />
was sie hier nicht finden würde. Sie hat bereits<br />
einen Punkt erreicht, an dem es kein zurück<br />
mehr gibt.<br />
Der Gedanke, den ich kurz zuvor noch nicht fassen<br />
konnte, durchschießt mich urplötzlich wie<br />
ein Blitz: Dieses Mädchen ist tot!<br />
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kunst