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abhängigkeit 2014 Potsdam 1,50 EUR

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Schröder: Man war aufgekratzt, es wurde verallgemeinert.<br />

Man sprach nicht von gewalttätigen<br />

Ausnahmefällen, man sprach von „den Studenten“<br />

– eine Art Herabsehen auf die intellektuelle<br />

Jugend. An der Polizeischule versuchten wir<br />

mit Seminaren für die einzelnen Führungspersonen,<br />

die Lage etwas zu entschärfen. Richtig<br />

funktionierte dies erst, als der Kern des Baader-Meinhof-Komplexes<br />

festgenommen wurde<br />

und die Reste sich langsam zurückzogen.<br />

word.<strong>Potsdam</strong> | Wir befinden uns zeitlich jetzt<br />

etwa Mitte der 1980er-Jahre.<br />

Schröder: Aufleben der Hausbesetzerphase.<br />

Das gab es schon in den 1960ern, doch jetzt<br />

konnte man steigende Mieten und Gentrifizierung<br />

als Protestpunkte sehen, die ja auch heute<br />

wieder ein Thema sind. Dem Hin-und-Her zwischen<br />

Besetzung und Räumung wurde schließlich<br />

durch die „Berliner Linie“ begegnet, nach<br />

der Häuser nur geräumt werden durften, wenn<br />

Besitzer konkrete Pläne für eine nachträgliche<br />

Nutzung vorlegen konnten. Bei Räumungen<br />

stellten wir erst die Personalien fest, um einen<br />

personenbezogenen Räumbefehl per richterlichem<br />

Entschluss ausführen zu können. Ich kann<br />

mich an sehr lebhafte Auseinandersetzungen<br />

mit Kollegen erinnern, die die schonende Herangehensweise<br />

von uns Mediatoren nicht nachvollziehen<br />

konnten. Wieder einmal überzeugte<br />

sie erst das Gelingen der Strategie.<br />

Das blieb auch nach einem „Schulungsseminar<br />

zum demokratischen Polizisten“ so. Ein Problem<br />

dagegen war die Stasi, die viele Mitarbeiter in<br />

der Volkspolizei hatte. Eine Polizeipsychologin<br />

wurde zum Beispiel nach Monaten von einem<br />

ehemaligen Häftling als Leiterin eines MfS-Gefängnisses<br />

erkannt. Sie wurde umgehend<br />

verwiesen. Diese harte Linie schien der Zusammenarbeit<br />

im ehemals geteilten Berlin gut zu<br />

tun. In vielen anderen der Neuen Bundesländer<br />

fehlte dieser nahe Kontakt zum ehemaligen<br />

Klassenfeind, sodass eine echte Auseinandersetzung<br />

mit der Vergangenheit nicht möglich<br />

war, und die Mitarbeiter der Staatssicherheit in<br />

ihren Posten blieben.<br />

word.<strong>Potsdam</strong> | Herzlichen Dank für das<br />

Gespräch!<br />

*Name geändert<br />

pj<br />

word.<strong>Potsdam</strong> | Sie hatten bereits von Ihren<br />

Freudentränen am Morgen des 10. November<br />

gesprochen, doch entscheidender für Ihren<br />

Beruf wird wohl die Wiedervereinigung mit<br />

der Übernahme der Volkspolizei gewesen sein.<br />

Schröder: Es war eines der schönsten Erlebnisse<br />

meiner Dienstzeit, als ich am Tag der Wiedervereinigung<br />

mit Volkspolizisten auf gemeinsamer<br />

Streife Unter den Linden entlang laufen<br />

durfte. Die gemeinsame Freude über die Wiedervereinigung<br />

habe ich noch in guter Erinnerung.<br />

Wir mit den Kollegen aus Ost-Berlin sehr<br />

gut zurecht. Ich bemerkte, dass sie insgesamt<br />

ruhiger und obrigkeitstreuer waren.<br />

14<br />

menschen

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