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abhängigkeit 2014 Potsdam 1,50 EUR

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Martin schaltet sich ein: „Du hast doch gerade<br />

gesagt, Moneyboy, dass die Leute nicht ganz so<br />

dumm sind, dann möchte ich jetzt mal ein paar<br />

Zitate aus dem Chat vorlesen, wo ich mich dann<br />

fragen muss, ob sie nicht doch dumm sind…“<br />

er verliest ein paar klar ironische Kommentare<br />

„i hab mir gerade heroin gegönt, jetzt fül i mir<br />

puddelwohl!“ um danach zu den vernünftigen<br />

Zuschauern zu kommen, die den Talkshow-Gast<br />

beleidigen. Es folgt sein erster Auftritt. Performt<br />

wird „Kola mit Ice“, ein Track, der alkoholfreie<br />

Getränke anpreist. Trotzdem findet die Moderation<br />

– die spätestens an dieser Stelle im Vorhinein<br />

genau Bescheid gewusst haben muss – hier<br />

auch „ein paar Sachen, von denen [sie sich] klar<br />

distanzieren will“.<br />

Im weiteren Gespräch erwähnt er,<br />

studiert zu haben – die Antwort<br />

„Dann kannst du nicht ganz blöd<br />

sein, oder“.<br />

Der Künstler möchte nun eine rauchen – das<br />

wird ihm untersagt. Jetzt versucht Alex in den<br />

Angriff überzugehen und fragt ihren Gast, ob<br />

seine Mutter das gutheiße. Er erklärt ihr, wieso<br />

jene das durchaus tue und erwähnt seinen<br />

Track „Meine Mama liebt mich“. Vom Thema<br />

Mama zum Thema Sexualität ist es kein großer<br />

Schritt mehr - Moneyboy erzählt, dass er seine<br />

Freundin gerne teile. „Du meinst jetzt sexuell“<br />

wird er von Alex gefragt. Er bestätigt und fügt<br />

hinzu, dass er das in Ordnung findet, solange es<br />

auf einer rein körperlichen Basis geschieht und<br />

keinerlei Gefühle zwischen seiner Freundin und<br />

seinen „Homies“ entstehen. Alex fragt: „Du redest<br />

jetzt von deiner Freundin“ – er antwortet,<br />

dass es nicht „seine Freundin“ im Sinne eines<br />

Besitztums sei, um damit auf eine Problematik<br />

im Sexismus aufmerksam zu machen. Nun wird<br />

er gebeten zu freestylen: Er räuspert sich, um<br />

nachdenklich die Worte „wie fing der noch an“<br />

zu murmeln.<br />

Die Ironie eines vorgeschriebenen Textes entgeht<br />

der Moderatorin, die ihn genervt fragt ob<br />

er das nicht jeden Tag mache. Kurz darauf, kurz<br />

vor dem letzten Song und somit Schluss der<br />

Sendung „verträgt“ sich die Moderatorin mit<br />

ihrem Gast. „Ich geb’ dir nochmal ’ne zweite<br />

Chance.“ Martin schaltet sich ein, er hätte das<br />

Interview lieber mit Augen- und Ohrenbinde<br />

erlebt um es nicht ertragen zu müssen. Außerdem<br />

erzählt er, Moneyboy hätte vor der<br />

Sendung gegen das Gebäude gepisst, „so einen<br />

Gast will man nicht nochmal haben.“<br />

<strong>50</strong> Minuten reiner Wahnsinn.<br />

Bevor ich aber zum Nachspiel dieser Sendung<br />

komme, möchte ich einige Worte zur Sendung<br />

verlieren. Die Unprofessionalität der Produktion<br />

muss hier nicht weiter hervorgehoben werden,<br />

dass ein so kleiner Sender wie JoizTV sich<br />

komplett an seinen Gästen hochzieht vielleicht<br />

schon. Denn durch ihren Gast generieren sie<br />

höhere Zuschauerquoten. Und natürlich haben<br />

sie sich informiert, wer da bei ihnen sitzt – es<br />

reicht, einen Titel zu hören und man versteht<br />

den Charakter der Sache. Ginge es um wirklich<br />

krasse Äußerungen von Seiten Moneyboys,<br />

könnte man noch diskutieren ob Kunst alles<br />

darf und wie viel Freiheit ein Künstler genießt.<br />

Es geht aber darum, dass die Moderatorin sich<br />

im Namen des Senders von Moneyboys Aussagen<br />

distanziert hat, dass der Sender zwar weiß,<br />

wen er einlädt, und ihn dann trotzdem verurteilt.<br />

Moneyboy wurde nicht eingeladen, um<br />

mit ihm zu sprechen, sondern um sich durch<br />

ihn größerer Medienwirksamkeit zu erfreuen.<br />

Nun aber zu dem Nachspiel der Sendung: Der<br />

Sender JoizTV finanziert sich über Werbung, so<br />

produziert er im Nachhinein mehrere Beiträge<br />

zur Sendung mit MBeezy. Der interessanteste<br />

heißt „10 Dinge, die man nicht im TV sagen<br />

darf“, angekündigt wird er von Martin: „Oh<br />

Gott... Rapper Money Boy hat sich einen verbalen<br />

Fehltritt nach dem anderen geliefert! Warum<br />

er im Nachhinein einige Aussagen bereut<br />

hat, erfährst du hier…“.<br />

18<br />

worse.

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