AUFTRAG_280_150dpi_2.pdf - Gemeinschaft Katholischer Soldaten
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KIRCHE UNTER SOLDATEN<br />
55. Gesamtkonferenz<br />
Glaubensverkündigung in der Postsäkularen<br />
Von Montag, dem 18.10.2010 bis Freitag, den 22.10.2010 fand in Berlin-Steglitz die 55. Gesamtkonferenz<br />
der katholischen Militärgeistlichen, Pastoralreferentinnen und -referenten statt. Bis zum Gästeabend<br />
am Mittwoch war die Konferenz quasi öffentlich, danach tagten die Seelsorger intern.<br />
Militärgeneralvikar Apostolischer Protonotar Walter<br />
Wakenhut begrüßte unter den zahlreichen Gäste mit<br />
besonderer Herzlichkeit die ausländischen Militärseelsorger,<br />
darunter die anwesenden Militärbischöfe aus Ungarn,<br />
Ukraine und der Slowakei (ab Mittwoch). In seinem Lagebericht<br />
ging Generalvikar Wakenhut auf die Personallage<br />
ein. Da der Priestermangel in den Ortsdiözesen größer<br />
wird, sei es immer schwieriger, Priester für die Militärseelsorge<br />
zu gewinnen. Diese Problematik sei ein Dauerthema<br />
bei den Bischofskonferenzen in Deutschland. Der Dienst<br />
in der Militärseelsorge sei unbestritten und wird von den<br />
Diözesanbischöfen auch als wichtiger Dienst angesehen,<br />
führte Wakenhut aus. Letztendlich seien die Ortsbischöfe<br />
aber für ihren Verantwortungsbereich zuständig. In der zukünftigen<br />
Struktur der Bundeswehr – wie immer diese auch<br />
aussehen möge und mit welchen Zahlen diese unterlegen<br />
werden würde – sei der Stellenwert der Militärseelsorge<br />
zwar anerkannt, aber mit Einschnitten müsse gerechnet<br />
werden, so der Leiter der Katholischen Militärseelsorge<br />
in Deutschland. Weiter führte er aus, dass ab Sommer<br />
2010 eine erste Befragung durchgeführt würde mit dem<br />
Ziel, die Milieus in Deutschland zu untersuchen. Da sich<br />
die Grenzen dieser Milieus verschöben, seine auch neue<br />
Studien dazu notwendig, um für die Zukunft gewappnet<br />
zu sein. Man müsse die Zukunft aktiv gestalten und nicht<br />
auf Entwicklungen warten.<br />
Generalvikar Wakenhut sprach von einer möglichen<br />
Flexibilisierung der Dienstzeiten von Militärseelsorgern,<br />
um gut ausgebildete und bewährte Pfarrer nicht zu verlieren,<br />
wies aber daraufhin, dass die dazu notwendigen Entscheidungen<br />
nicht in allerkürzester Zeit fallen können, da<br />
dem dienstrechtliche Probleme ebenso entgegenstünden<br />
wie die Bedenken der Diözesen, die auf „ihre“ Pfarrer<br />
warten würden. Als positive Entwicklung sah Wakenhut<br />
die Durchführung des Lebenskundlichen Unterrichtes.<br />
Die neue Vorschrift nähme den Dienstvorgesetzten in die<br />
Pflicht, die Militärseelsorge sei für die Durchführung verantwortlich.<br />
Diese müsse qualitativ hochwertig durchgeführt<br />
werden, damit das Ziel der ethischen Aus- und Weiterbildung<br />
der Soldatinnen und <strong>Soldaten</strong> auch erreicht<br />
würde. „Eine professionelle Armee braucht professionelle<br />
Seelsorger und Lehrer“ führte Wakenhut in seinem<br />
Bericht. Er verwies auf die Leistungen des emeritierten<br />
Bischofs Dr. Mixa hin, der nicht nur die Zusammenarbeit<br />
der Militärseelsorge mit dem Institut für Ehe und Familie<br />
fördere, sondern auch das Institut für Theologie und Frieden<br />
in Hamburg gründete und als letzte offizielle Amtshandlung<br />
das Zentrum für ethische Bildung in den Streitkräften<br />
(zebis) eröffnete.<br />
Die Laienarbeit nahm im Bericht zur Lage des Militärgeneralvikars<br />
wie gewohnt einen breiten Raum ein.<br />
Die <strong>Gemeinschaft</strong> <strong>Katholischer</strong> <strong>Soldaten</strong> und die Gremien<br />
der Rätestruktur seien nicht Belastung sondern Basis des<br />
Arbeitens vor Ort. Auch wenn es negativ Beispiele geben<br />
sollte, bleibe doch die von Erzbischof Zollitsch in seinem<br />
Eröffnungsreferat erwähnte Tatsache, dass die Kirche nur<br />
in der <strong>Gemeinschaft</strong> der Glaubenden stark sei (das Impulsreferat<br />
des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz<br />
war ebenso wie das Werkheft 2010 den Teilnehmer<br />
in der Konferenzmappe ausgehändigt worden). Gerade in<br />
der Zeit, in der die Katholiken prozentual gesehen immer<br />
weniger werden, sei es unabdingbar zusammenzuarbeiten,<br />
führte der Militärgeneralvikar aus und zitierte aus seinen<br />
Ausführungen zur Woche der Begegnung: „In Zukunft wird<br />
dieses, der Laien Engagement und ich sage jetzt sehr bewusst<br />
ihr Zeugnis noch mehr gefordert werden (Hervorhebung<br />
durch Militärgeneralvikar)“. Den Bericht zur Lage<br />
der Militärseelsorge beschloss Apostolischer Protonotar<br />
Wakenhut mit dem Dank an alle, die sich für die Militärseelsorge<br />
engagierten.<br />
Der erste Gastreferent Prof. Dr. Hans Joas 1 trug am<br />
Dienstagvormittag zu dem Thema vor: „Religion in Europa:<br />
Pluralismus, Säkularisierung, neue Vitalität“. In freier<br />
Rede trug Prof. Joas seine Thesen vor, dass Europa nicht<br />
– wie immer behauptet – einheitlich auf das christlichjüdische<br />
Geschichtsbild zurückblicken könne, die Säkularisierung<br />
keine Folge der Modernisierung gewesen<br />
sei und dass die Säkularisierung eben nicht irreversibel<br />
sei. Für die erste These des einheitlichen religiösen Geschichtsbildes<br />
führte der Redner an, dass im asiatischen<br />
Teil Europas das Osmanische Reich schon sehr früh den<br />
Islam in den europäischen Raum gebracht hätte und dass<br />
in Folge der Christianisierung viele Stämme ihre alten<br />
Gewohnheiten in das Christentum hinüber gerettet hätten,<br />
wie es zum Beispiel in Litauen im 14. Jahrhundert<br />
geschehen wäre. Eine rückwärts gewandte Idealisierung<br />
führte zur Verdrängung der Tatsache, dass ein religiöser<br />
Pluralismus in Europa vorhanden war. Bevor der Referent<br />
auf die Säkularisierung zu sprechen kam, führte er aus,<br />
dass dieser Begriff so vielfältig sei, dass er zu Beginn postulieren<br />
müsse, im Vortrag den Begriff „Säkularisierung“<br />
nur zu verwenden im Sinne „Abnahme der Bedeutung des<br />
Glaubens“. Geschichtlich betrachtet würde das Phänomen<br />
der Säkularisierung in Schüben auftreten, führte Prof. Joas<br />
aus, die er an den Jahren 1791 bis 1803 und 1969 bis<br />
1973 beispielhaft erklärte. Die Französische Revolution<br />
wäre zu Beginn 1789 nicht antichristlich gewesen, dies<br />
sei erst in der Zeit der Tribunale so geworden, als man für<br />
die nicht eintretenden Erfolge der Revolution Sündenböcke<br />
bräuchte und auf die Kleriker zurückgriff. 1968 sei<br />
die alten gesellschaftlichen Klammern gelöst worden, bis<br />
dann ab 1969 die Sakralisierung des Körpers mit der ein-<br />
1 Professor Dr. Hans Joas von der Universität Erfurt, Jahrgang<br />
1948, Studium in München und Berlin<br />
48 <strong>AUFTRAG</strong> <strong>280</strong> • DEZEMBER 2010