AUFTRAG_280_150dpi_2.pdf - Gemeinschaft Katholischer Soldaten
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SICHERHEITS- UND FRIEDENSETHIK<br />
Brahimi plus 10<br />
VN-Friedenssicherung auf dem Prüfstand<br />
Licht und Schatten von Friedensmissionen<br />
VON KLAUS LIEBETANZ 1<br />
Am 6. September 2010 fand die Veranstaltung der „Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen<br />
(DGVN)“ zum Thema „Brahimi plus 10“ in der bayerischen Vertretung beim Bund in Berlin statt. Zu den<br />
Sachverständigen, die über die Wirksamkeit von Instrumenten der VN-Friedenssicherung diskutierten,<br />
gehörten u.a. Dr. Wolfgang Weisbrod-Weber vom Department of Peacekeeping Operations (DPKO), Prof. Dr.<br />
Winrich Kühne, ehemaliger Leiter des Zentrums für internationale Friedenseinsätze (ZIF) und General a.D. Dr.<br />
h.c. Klaus Naumann, ehemaliger Generalinspekteur, Vorsitzender des NATO-Militärausschusses und Mitglied<br />
der Brahimi-Kommission. Sie stellten erkennbare Erfolge des Brahimi-Reports fest und verwiesen auf noch ungelöste<br />
Fragen, die den Abschuss von VN-Friedensmissionen behindern. Dies soll im Folgenden dargelegt werden.<br />
Zur Vorgeschichte:<br />
„Agenda for Peace“ – Eine Handlungsanweisung<br />
für den Frieden<br />
In der Erklärung des Sicherheitsrats<br />
vom 31. Januar 1992 wurde<br />
der Generalsekretär der Vereinten<br />
Nationen Boutros-Ghali beauftragt,<br />
bis zum 1. Juli 1992 eine entsprechende<br />
Empfehlung auszuarbeiten.<br />
Dabei sollte er prüfen, inwieweit die<br />
Fähigkeiten und Kapazitäten der Vereinten<br />
Nationen im Rahmen der VN-<br />
Charta zur vorbeugenden Diplomatie<br />
zur Friedensschaffung (peacemaking)<br />
und zur Friedenssicherung<br />
(peace-keeping) gestärkt und effizienter<br />
gestaltet werden könnten. Am<br />
17. Juni 1992 legte Boutros-Ghali –<br />
nach gründlicher Rücksprache mit<br />
den Vertretern der wichtigsten Staaten<br />
und verschiedenen großen internationalen<br />
Organisationen – der<br />
Generalversammlung die “Agenda<br />
für den Frieden” (Agenda for Peace,<br />
AfP) vor. Deutlich zu erkennen ist der<br />
deutsche Beitrag, wo es um die vertrauensbildenden<br />
Maßnahmen zweier<br />
verfeindeter Staaten geht. Wer die<br />
Agenda sorgfältig liest, wird feststellen,<br />
dass fast jeder Satz auf Erfahrungen<br />
der jüngsten, teilweise schmerzlichen<br />
Vergangenheit zurückzuführen<br />
ist. Auch heute noch hat die „Agenda<br />
für den Frieden“ nichts an ihrer Aktualität<br />
verloren.<br />
1 KMaj a.D. Klaus Liebetanz ist Prüfer<br />
für weltweite Projekte der deutsche Humanitären<br />
Hilfe, langjähriges Mitglied<br />
der Plattform Zivile Konfliktbearbeitung<br />
und Mitglied im Sachausschuss Sicherheit<br />
und Frieden<br />
<strong>AUFTRAG</strong> <strong>280</strong> • DEZEMBER 2010<br />
Friedenskonsolidierung in der<br />
Konfliktfolgezeit (post-conflict peace-building)<br />
Boutros-Ghali hat die „Friedenskonsolidierung<br />
in der Konfliktfolgezeit“<br />
(Post conflict peace-building)<br />
als neuen Begriff in die AfP<br />
aufgenommen und in den Ziffern 55<br />
bis 59 beschrieben. Sie hat sich im<br />
Laufe der Zeit als eine erfolgreiche<br />
Form der Konfliktprävention erwiesen<br />
(Mittelamerika, Hinterindien, Balkan<br />
etc.) und stellt in der Regel eine<br />
Zusammenarbeit von militärischer<br />
Stabilisierung und zivilem Wiederaufbau<br />
(humanitäre Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit,<br />
Aufbau staatlicher<br />
Einrichtungen, wie rechtstaatliche<br />
Polizei und ein entsprechendes<br />
Gerichtswesen etc) dar. Der „Friedenskonsolidierung<br />
in der Konfliktfolgezeit“<br />
muss ein in sich schlüssiges<br />
Gesamtkonzept (comprehensive<br />
approach) zu Grunde liegen, das den<br />
zivilen Mitteln mindestens den gleichen<br />
Nachdruck verleiht wie den militärischen<br />
Mitteln.<br />
Was ist und welche Rolle spielt der<br />
Brahimi-Report<br />
Im Jahr 2000 hat sich eine hochrangige<br />
Kommission unter Leitung<br />
des ehemaligen algerischen Außenministers<br />
Lakhdar Brahimi mit der<br />
Auswertung von Friedensmissionen<br />
im Rahmen der AfP im Auftrag des<br />
VN-Generalsekretärs beschäftigt. In<br />
diesem Brahimi-Report wurde festgestellt,<br />
dass bei einigen VN-Friedensmissionen<br />
die Blauhelmtruppen<br />
unzureichend mandatiert und<br />
ausgerüstet waren (z. B. in der VN-<br />
Schutzzone Srebrenica). Dieser Bericht<br />
gibt also keine Empfehlung,<br />
Blauhelme besser durch Polizisten<br />
oder gar Friedensfachkräfte zu ersetzen,<br />
wie es Teile der Friedenbewegung<br />
fordern. Des Weiteren wurde<br />
in diesem bemerkenswerten Bericht<br />
darauf hingewiesen, dass bei einigen<br />
VN-Friedensmissionen die Mittel<br />
für den zivilen Wiederaufbau im<br />
Verhältnis zu den Militärausgaben<br />
zu schwach und deshalb diese Missionen<br />
nicht nachhaltig waren und<br />
darum scheiterten.<br />
10 Jahre Brahimi-Report –<br />
erkennbare Fortschritte<br />
Durchbruch bei der Robustheit von<br />
VN-Friedensmissionen<br />
Nach Auffassung von Winrich<br />
Kühne besteht die strategische<br />
Bedeutung des Brahimi-Reports darin,<br />
dass ein Durchbruch bei der<br />
Robustheit von Friedensoperationen<br />
erzielt wurde. In Ruanda und Srebrenica<br />
standen die unterbewaffneten<br />
und schwach mandatierten Blauhelme<br />
auf verlorenem Posten. Klaus<br />
Naumann räumte ein, dass es im<br />
Bereich der Vereinten Nationen erhebliche<br />
Widerstände gegen robuste<br />
Friedenseinsätze gab, vor allen<br />
bei traditionellen Truppenstellern,<br />
wie Bangladesch, Pakistan, Indien,<br />
Nigeria und den Fidschiinseln, welche<br />
mit Hilfe des VN-System ihre<br />
überdimensionierten Streitkräfte finanzieren.<br />
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