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Groove 35.pdf

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ITen Years without Prostitution I<br />

Kriegt einer noch zusammen. was Prostitution so<br />

alles heißen könnte. läßt man Dolly & Co. mal außen<br />

vor?! LotharZimmer schafft das. vielleicht ist es<br />

ihm aber in dem Moment. da es ihm über die<br />

Lippen gleitet. gerade nicht bewußt: "Erfolg ist<br />

solange legitim. wie man ihn durch harte<br />

Arbeit an seinem Produkt. nicht aber durch den<br />

Verkauf seiner Seele erzielt". · Hör gut zu. Dro·<br />

ste! "Es ist das alte leidige Thema: eine SubktJI·<br />

tur entwickelt sich zu einer Jugend-Kultur<br />

und damit zum gemeinschaftli·<br />

chen Allgemeingut. Auch<br />

eine Firma wie DMD<br />

oder Discomania<br />

kann sich den Ent·<br />

Wicklungen nicht ver·<br />

schließen. Die Frage<br />

für alle Szene·Aktivi·<br />

sten stellt sich nicht<br />

in dem "Ob". sondern<br />

in dem 'Wie". Der<br />

verhältnismäßige<br />

Underground? · Exi·<br />

stent. oder Fiktion<br />

einer Reihe schützen·<br />

der Argumentations·<br />

phrasen eines Produktmanagers<br />

und<br />

stellvertretenden<br />

A&R des dienstälte·<br />

sten Technover·<br />

triebs in Deutsch·<br />

land' Seit zehn<br />

Jahren jeden·<br />

falls sind Lothar<br />

Zimmers Worte<br />

in etwa Programm<br />

und Philosophie<br />

von Discomania.<br />

deren Grundstein einst<br />

von den Masterminds<br />

Christian Fehlau und Uwe<br />

Kohlwes in Hannover gelegt<br />

wurde. "Entstanden ist Dis·<br />

comania aus der fixen<br />

Idee zweier. gerade<br />

der Pubertät ent·<br />

ronnenen Detmolder.<br />

ihren<br />

Wei:rcl Sea:rcl<br />

?:rod. uc:tio:n.s<br />

I bärtige Vibes I<br />

Erinnert sich noch einer an die<br />

beiden "Mind Evolution"·Piatten auf<br />

Kick Down Records? Potente Versu·<br />

ehe. Trance und Breakbeats unter<br />

einen Hut zu bringen. Lief damals<br />

gar nicht schlecht. machte den<br />

Hauptinitiator des Projektes. Severin<br />

Faust. aber auch nicht gerade reich:<br />

klar. Gleichzeitig war Severin noch Key·<br />

border der Band 'lunatics". Oie tingel·<br />

ten zu d1eser Zeit in Mainz von Ab1· Fete<br />

zu Uni-Fest. Irgendwann kam er dann auf<br />

die glorreiche Idee. mal mit Lunatics·Saxo·<br />

phonist Frank Fritsch (der über eme große.<br />

geschmackvoll zusammengestellte Black Music·<br />

Plattensammlung verfügt. in der immer wieder<br />

das ein oder andere Sampie zu Iinden 1st) an<br />

emer Breakbeatnummer zu basteln. Es entstand<br />

"On The Beach". mit gleichnamigem Chris Rea·<br />

Sample. Ein kleiner H1t war geboren. Aufgrund<br />

des merkwürdigen Bartdesigns von Frank<br />

Fritsch. der auch schonmal mit Moses verwech·<br />

seit wird. nannten d1e beiden ihr ProJekt 'Weird<br />

Beard" Fünf Breakbeatplatten und zwe1 Hause·<br />

platten sind bislang auf Weird Beard Records<br />

damals für Deutschland nur schwer<br />

erhältlichen Lieblingssound Hause im<br />

großen Stil für alle zugänglich zu<br />

machen. Sie zögerten nicht lange und<br />

gründeten ihren eigenen Vinyl·<br />

Import laden. Das war im August<br />

1 9 8 5. Es ist die Geschichte<br />

vom Tellerwäscher zum<br />

Millionär: Aus den<br />

erschienen. In letzter Zeit<br />

ist das Augenmerk noch<br />

mehr auf Hause gerichtet.<br />

Dabei ist das musikalische<br />

Prinzip das gleiche. wie bei<br />

den Breakbeatnummern:<br />

Verrückte. ausgefallene Sam·<br />

ples werden zurechtgerückt.<br />

mit Drums unterlegt und mit<br />

Piano· oder ähnlichen Sounds<br />

ergänzt. Bemerkenswert dabei<br />

ist. daß die Qualität der Weird<br />

Beard Produktionen · sowohl<br />

was Musikalität. als auch den<br />

Sound betrifft · ständig steigt. Sei·<br />

ten wird bei deutschen Produktio·<br />

nen soviel Wert auf die richtigen<br />

'Vibes" gelegt.<br />

die soulgefül l·<br />

ten Har·<br />

monien.<br />

überzeugten Hause-Recken von damals sind heute die<br />

Männer im Hintergrund des mittlerweile 60 Mitarbeiter<br />

umfassenden Technogroßhandels geworden: der sechs<br />

Jahre später gegründete und bei Frankfurt lokalisierte<br />

Zögling DMD beschäftigt m seiner Funktion als Exklu·<br />

siv·Vertrieb weitere fünf Angestellte.<br />

Expansion steht im wahrsten Sinne des<br />

Wortes vor der Tür: gegen Ende des<br />

Jahres zieht man in ein (paar<br />

Meter entferntes) firmeneigenes<br />

Gebäude und vergrößert den<br />

Mitarbeiterstamm. Früher wie<br />

heute sieht man sich als Trend·<br />

setter. nicht als Mitläufer mit<br />

Absahnerqualitäten. "Namen<br />

und Titel wie Phenomenia<br />

( 'Who Is Elvis") und<br />

Dance2Trance ( 'Where Is<br />

Dag") oder diverse Labels<br />

der ersten Stunde machten<br />

Techno erstmals zum<br />

Thema für eine breitere<br />

Öffentlichkeit. Fünf Jahre<br />

später setzen DMD und Disco·<br />

mania immer noch Trends.<br />

statt 1hnen nachzuhecheln.<br />

Namen wie Ian Pooley. Rob<br />

Acid oder Emanuel Top<br />

beweisen das··. Bei statistischen<br />

Zahlen von<br />

"einem wöchentlichen<br />

Veröffentlichungs·<br />

Output von ca. 2 0·<br />

10 Platten allein<br />

im Exclusiwertrieb DMD". und<br />

Dimensionen von "pro Woche<br />

etwa 500 Neuheiten. die der<br />

Großhandel Discomania bietet".<br />

drängt sich eine nähere Untersu·<br />

chung der Aussage auf. die da in<br />

irgendeinem Zusammenhang noch<br />

den Therm "Untergrund" benutzte.<br />

Klar wird einem. was sich in den<br />

kühlen Reg10nen der Musikge·<br />

schäfte als Underground heraus·<br />

stellte. erst. wenn man die Nase<br />

zum Vergleich in betriebswirt·<br />

schaftlieh kältere Klimazonen<br />

vorgewagt hat. Der Umstand.<br />

daß ein Vertrieb aus den Wur·<br />

zeln einer Bewegung erwach·<br />

sen ist. schützt allzu zuverlässig<br />

vor der Übernahme geläu·<br />

figer Geschäftsgebaren.<br />

deren Ausgeburten Begriffe<br />

wie "Hype". "Mobbing" und<br />

"Herzinfarkt" sind: · der ver·<br />

hältnismäß1ge Underground<br />

hier als der Retter des (verhält·<br />

msmäß1g) guten Tons. ( DH )<br />

Pianos und Flächen. Das hat hierzulande keme<br />

Tradition und wird von vielen als "we1ch··<br />

oder "klingt irgendwie englisch" abgetan.<br />

Weird Beard hingegen stehen dazu. keme W. B.·<br />

Produktion ohne die richtigen Vibes! Auch zu<br />

ihren teilweise recht frechen Sampies haben sie<br />

eine gesunde Einstellung. Die Sampies smd das<br />

Salz in der Suppe. machen den Track mteressant:<br />

s1e gehören zu einem W.B.·Track wie d1e durch·<br />

gehende Bassdrum zu Hause. Jedoch w~rd<br />

mcht einfach dumm geklaut. sondern d1e<br />

Sampies werden in einen neuen Zusammenhang<br />

eingebunden ·aus alt mach<br />

neu. dafür verdienen sie den blauen<br />

Umweltenge I.<br />

Weird Beard in 1995: Bei<br />

Ladornat erschien "Siek<br />

Intelligence Agency". dort<br />

veröffentlichen d1e Bärte<br />

unter dem Namen<br />

"Back From Wonder·<br />

land" Zu den Remi·<br />

xen von Army Of<br />

Lovers' "Life Is Fan·<br />

tasti( steuerten sie<br />

unter dem Namen<br />

Eldo Tyrell emen<br />

Mix bei. Schließlich<br />

wird in den näch·<br />

sten Tagen d1e zwei·<br />

te Bamboo Shoot<br />

erscheinen. wo die<br />

Mainzer unter dem<br />

Namen "(ookie Jar"<br />

eine Platte namens<br />

"Potential Biscuus"<br />

produziert haben.<br />

(MV)

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