06.03.2015 Aufrufe

Groove 35.pdf

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Endlich zuhause an~ekommen und<br />

Nieder trocken, f~hlst du dich ei~entlich<br />

schon Nieder ein ~utes Stöck klarer.<br />

Aber halt, da ist sie schon Nieder,<br />

diese ei~enarti~e Stimmun~. Die<br />

Fenster sind fest ~eschlossen, das<br />

kann's schon mal nicht sein. Dein<br />

Blick schNeift Neiter zu den<br />

~autsprechern. Lan~sam sickert die<br />

~traRenszene in deine Wohnun~. die­<br />

~ es Gef~hl der Ohnmacht, das dir die<br />

Brust zuschn~rt. dich am liebsten<br />

unters Bett kriechen läRt -dieser<br />

Ludo,lic Navarre scheint sich richti~~ehend<br />

darin zu suhlen. Und doch hat<br />

~ich ir~endNas ~anz entscheidend ver­<br />

"ndert...<br />

Ra1.1sgekommen Ist das ~anze bei F<br />

communications, dem Nachfol~er des<br />

meist~berhyptesten Labels der Neuzeit<br />

FNAL - bekanntermaRen eines dieser<br />

Labels, die sich besonders ~ern mit<br />

e'ner Aura des ~eschmäcklerischen und<br />

d r "Open-mindedness" um~eben. Und<br />

so Nunden es dann auch nur Neni~.<br />

das nach Vorzei~e-Grinsebold Laurent<br />

Garnier- Lharmeur, Flaneur und<br />

K(n)öpfchenverdreheur vom Diensteire<br />

~anz anders ~ela~erte<br />

S~hWsselperson zum ersten Mal mit<br />

dem ~blichen PR-tratra auf den Plan<br />

tritt, die sich bisher doch eher im<br />

Hinter~rund hielt: eben Ludovic Navarre<br />

oder soll ich St. Germain oder Deepside<br />

oder D.S. oder Hexa~one oder ... oder<br />

sa~en?<br />

Nun ja, so brimborisch ist das tratra<br />

nun doch nicht, denn ei~entlich spricht<br />

der Mann lieber durch seine Musik.<br />

Dementsprechend enthält er sich vornehmst<br />

jedes ~reifbaren Kommentars,<br />

der ihm später vielleicht mal als Meinun~<br />

aus~ele~t Nerden könnte - in Frankreich,<br />

siehe allerunnöti~ste Atomversuche ja<br />

keine ~anz un~eNöhnliche Praxis, das.<br />

Zum GWck (?) hat er ja noch Eric Morand,<br />

prernier chef dl.l ,,f c.ommunicationsj', im<br />

Schlepptau und so sitzen mir die beiden<br />

bei einer Massen-Presse-Vieh­<br />

Versammlun~ in einem furchtbar bohemienhaften<br />

Kötner Hotel ~e~en~ber.<br />

Ludovic läRt sich seine nur allzu sparsam<br />

raus~epressten ÄuRerun~en von seinem<br />

Brötchen~eber ~roRz~~i~ ausschm~cken,<br />

Erics Tarnun~ als Dolmetscher ist nahezu<br />

perfekt: daNerden aus drei Wörtern mal<br />

schnell drei Absätze, "da soll ich doch nun<br />

dies antworten, oder nicht?" zum vielzitierten<br />

Bonmot und im Eifer des Gefechtes<br />

auch mal ver~essen, vor der Übersetzun~<br />

der AntNort auch mal<br />

den zu Übersetzenden<br />

zu Wort kommen zu lassen.<br />

We , an~eskhts all<br />

dessen nun denkt, das L-----mllllii,...::;;..-<br />

Labei-Lredo ,.Ne ~ive a french tauch to<br />

hause" N~rde sich in brachialer<br />

Erstschla~s-Härte niederschla~en ist<br />

Aber SO toU, Nie solch universal<br />

anNend bare Konzepte auch<br />

sein mö~en, so klasse Musik auch<br />

als katharsisches Ausdrucksmittel<br />

f~r ei~enbrötlerische zur~ckhaltende<br />

Menschen funktionieren<br />

können, so ... ja, NO ei~entlich lie~t<br />

denn nun mein Problem mit dem<br />

Werk des Ludovic Navarre? Also<br />

man verstehe mich nicht falsch,<br />

Deep Lontest's "Ripost EP" und<br />

der "Alabama Blues", beide<br />

damals noch bei FNAL, ebenso der<br />

zu zahlreichen Anekdötchen ~ereichende<br />

"Art of Stalkin~"-Remix (in<br />

Kurzform: Ori~inal auf Transmal<br />

eNi~es Lieblin~sst~ck des Ludovic,<br />

er remixt ~Ieich ein ~anzes Tape<br />

voll, Derrick May ist ir~endNann<br />

mal in Paris, hört Lassette, ~ibt<br />

directement sein "d' accord",<br />

Brettcover dazu und alle sind ~IJcklich<br />

und lie~en sich in den Armen)<br />

~ehören sicherlich mit zum Besten,<br />

Nas je Europäischen Steckdosen<br />

entsprun~en ist.<br />

Und auch auf dem Album pumpt<br />

der Bass Nieder Nie Hölle, appetitlich<br />

kombiniert mit der nöti~en<br />

Portion Understatement im rechten<br />

Au~enblick. Klavierspielen lernen<br />

lohnt Nieder, auf jeden Fall. 4-to-thefloor-Rhythmen<br />

ohne das eNi~ leidi~e<br />

Diktat der Bassdrum. Wenn diese, Nie<br />

nach dem epischen Aufbau von<br />

"Thank You Mum" ir~endNann dann<br />

doch noch in das Geschehen ein~reift,<br />

tut sie das<br />

~ehr behutM.m und doch<br />

kLar Lenkend, eine LiebevoLLe<br />

Mutter von einer B~~drum<br />

eben, t~chuk.<br />

Musik mö'o{en Nerden, wi..irden sich niemals eine 12" kaLJfen".<br />

Da spricht M.Morand, ~anz der Geschäftsmann, Nährend der<br />

Sch~tzlin~ sich m~ht, mö~lichst teilnahmslos aus dem<br />

Fenster zu blicken. Und so entsteht dann am Ende auch eben<br />

mehr soNas Nie die ~latt~efe~te T errassen-Aus~abe des<br />

Hauses, klarer strukturiert und doch etNaS konturlos, so fast<br />

ohne den ~blichen ~chNulst des "Home-listenin~" - das hat<br />

ei~entlich schon mehr mit Blues, vielleicht noch ein Neni~<br />

mit Jazz zu tun und f~hrt so das Hause ~ber den europäischen<br />

UmNe~ Nieder zur~ck in denNarmen MutterschoR<br />

seiner ei~entlichen Urspr~n~e.<br />

Aber leider auch nur fast, denn bei dem, Nas obendrJber<br />

so passiert, schleicht sich leider ein ~eNisses Unbeha~en<br />

ein.<br />

Denn juz;z-AnLeihen ~chön und gut, aber<br />

genuu un dem Punkt, un dem auch ~eine<br />

großen Det roiter VorbiLder Marke juun<br />

AtkiM, CurL Cruig etc.p.p. den]uz;z­<br />

Gedunken mit ihren M~chinen koMequent<br />

weiterentwickeLn, bLeibt er Leider im<br />

kLi~cheeüberLudenen Sumpfi der Zitate<br />

~tecken und rlchtet ~o den ]uz;z, brutaL<br />

digitaL.<br />

Der Tra~öd le erster Teil: Wie bitteschön soll so auch<br />

der letztendlich entscheidensie Grundbaustoff des<br />

Hauses sich entNickeln können? Dieses drecki~e<br />

Verlan~en, diese manchmal quälende ~ehnsucht, dieser<br />

immer Nieder freudemachende MasochisrrHJS, nicht ans<br />

Ziel zu ~elan~en. Der Mann selbst spricht da ~erne von<br />

"Ia belle techno", sehr schön. Ja, das ist "des Pudels<br />

Kern", und der ~ute Dr. Faustus heiRt plötzlich Ludovic<br />

mit Vornamen. Wie verbissen er doch einsam in seinem<br />

~tudio sitzen ma~ und strebt, zNar "mancherlei ~ar<br />

schon studiert" und die richti~en Quellen ~eNiR' kennt -<br />

oh ja, das tut er ~anz bestimmt. Aber kann seine arme<br />

Menschenseele ~berhaupt erahnen, daR es in diesem<br />

Jahrhundert nur einem Franzosen, namentlich Francais<br />

Mitterand XJV., ver~önnt sein sollte, seinem ~raRen<br />

Ideal nahezukommen (und auch der muRte diesen<br />

Frevel mit schNerer Krankheit und Amtsverlust bezahlen)'<br />

F~r alle anderen Froschverzehrer bleibt da nur<br />

noch, sich Neiterhin Ne~en blöder Atomversuche ihrer<br />

neuen Re~ierun~ mit ~Part des Welt­<br />

SchNarze-Peters be~nJ~en zu mJssen.<br />

Doch "der Mensch irrt, solan~ er strebt" -<br />

oh un~erechte Welt!<br />

Was ein Glück, daR der ~ute Ludovic<br />

~eistfreundlichen Ohrenfän~er herzunehmen,<br />

das Werk dieses Mannes zum<br />

hippen Symbol fJr tra~ische<br />

Un~erechti~keiten herabzude~radieren?<br />

Dreimal pfui! Seine Faszination fJr afroamerikanische<br />

Kultur in allen Ehren<br />

(diese zu entNickeln dJrfte in der Stadt<br />

mit der ~röRten ~chNarzen Lommunity<br />

auRerhalb Afrikas auch nicht soo schNer<br />

fallen), aber Nenn das Zitat Nie auch die<br />

Jazz-Kredite nur als bloRer chiquer<br />

Ge~enpol zur Kultur und Musik seines<br />

Heimatlandes- mit Namen nennt<br />

Navarre im Gespräch solche Din~e Nie<br />

Lharles Aznavour - ~edacht sind ... Tja,<br />

dann tut es mir leid, aber dann fällt es<br />

mir sehr schNer, noch einen ~raRen<br />

Unterschied zNischen seinem Maleolm­<br />

Approach und jenem von X-Käppi tra~enden<br />

MolotoN-Loktail-schleudernden<br />

HalbN~chsi~en in Rosteck zu finden.<br />

Aber, oh Entschuldi~un~. das hier ist ja<br />

"Kunst", mancheiner findet hierin, spätestens<br />

mit der Hilfestellun~ des "Spie~el",<br />

so~ar "eine Botschaft". Dazu noch ein<br />

Bonmot des K~chenchefs: "Jeden Ta~<br />

dasselbe zu essen ist doch lan~Neili~. du<br />

muRt noch GeN~rze dazutun". Am besten<br />

Nohl noch ~efrier~etrocknet und in der<br />

MikroNelle auf~etaut? Applaus.<br />

Der Tragödie zweiter Tel!: Fast schon<br />

böse, in jedem Fall an~enervt zei~t sich<br />

der ansonsten so stille Monsieur Navarre<br />

bei der Fra~e nach der Motivation zu solchen<br />

im ersten Au~enblick unbedeutend<br />

erscheinenden Fehl~riffen Nie das<br />

Namedroppin~ in ,.What's neN". ln enthusiastischestem<br />

"fran~lais" (die Sprache der<br />

En~lisch parlierenden Frösche) danken der<br />

Herr und sein Lieblin~ unter Frankreichs<br />

Jocks, OJ Deep, hier allen Qualitätsarbeitern<br />

der NeN Yorker Schule, NOdurch das StJck<br />

mancherorten nur als das "Hyper, Hyper<br />

der Housemusik" ~ehandelt Nird .. ..; .... ; ein<br />

tra~ischer SJndenfall zu einer der besten<br />

Basslinien im Haus. Immer Nieder ~eht der<br />

Blick ~ber den ~ro1\en Teich, ein kleiner<br />

Rebell ~e~en die Kultur in einem Land, in<br />

derro der "Walkman" nicht mehr .Walkman"<br />

heiRen darf und auch Nettbekannte<br />

Fastfood-Bratlin~·Brötchen schmerzhafte<br />

Umbennenun~en in Kauf nehmen rro~ssen.<br />

ln dieser blinden Verehrun~ und dem fast<br />

schon teutonischem Wahn, unbedin~t ori~inaler<br />

als das ori~inal sein zu m~ssen, ...<br />

Stop, jetzt Nird's, ~Iaube ich, unfair, aber<br />

.La Funk Mob" mal auRen vor~elassen, Nas<br />

verbindet ihn mit Alliance Ethnique, ML<br />

Solaar, DJ Kam, Bi~ Lheese, Pomkin?<br />

P.S.: Falls es dar~ber demnächst mal<br />

Studien ~eben sollte, auch in Köln scheint<br />

das, lese ich ~erade, f~r Kopfzerbrechen zu<br />

sor~en. Naja, und Symbole, Namen und<br />

ihre manni~falti~en VerNendun~en in den<br />

unterschiedlichsten Kontexten, Na rum sie<br />

Nann in Nelcherro MaRe korrekt sind:<br />

ei~entlich sind das doch alles nur<br />

Sachen, ~ber die sich - in der<br />

Re~el- doch nur Sch~ler,<br />

33<br />

Studenten und extra und nur daf~r<br />

bezahlte Kopfspasten ihren Bart<br />

zerpfl~cken, oder? Also lassen<br />

Nir's nun rroal endlich ~ut sein.<br />

Dfl\n uufi der Prucht~truße de~<br />

Ludovlc Nuvurre L

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!