Groove 35.pdf
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'Dl"Y - lf you want to do<br />
a job properly:IDo it yourse[f I<br />
Mehr oder weniger lose Kollektive bringen<br />
gerne das Problem mit sich. daß keiner<br />
für alle sprechen will. darf oder kann.<br />
Möchte man dann ein Interview per Telefon.<br />
wird das Ganze zum echten Problem.<br />
da 25-Per-sonen-Konferenzschaltungen<br />
erstens technisch nicht immer möglich. und<br />
zweitens auch nicht sonderlich<br />
praktikabel sind. Um einer Reise<br />
nach Nottingham (ungern) aus<br />
dem Weg zu gehen. wurde sich auf<br />
ein Fax- Interview geeinigt. das die<br />
Möglichkeit offenläßt. jede zu<br />
gebende Antwort erstmal mit möglichst<br />
allen Beteiligten abzustimmen<br />
und zu erörtern. Das Endergebnis<br />
des Ganzen war eine Komplettdarstellung<br />
des DIY-Prinzips.<br />
das weitaus mehr zum Inhalt hat<br />
als eine einfache .. selbst ist der<br />
Mann·-Mentalität. Eigentlich machen<br />
DIY heute noch genau das- selbe.<br />
womit sie 1989 begannen: sie fei <br />
ern. Damals war es nur eine einzige<br />
Clubnacht namens Bounce. aber<br />
allein die Tatsache. daß dieser Event<br />
-nach mehrmaligem Wechsel der<br />
Örtlichkeit- noch immer fester<br />
Bestandteil der Nottmghamer<br />
Wochenendnacht ist. legt den Gedanken<br />
nahe. es könne sich um Qualität<br />
oder gar Kult handeln. Das Zusammentreffen<br />
der Ur-DIY mit einigen<br />
Travellern im Jahre 1990 kann ohne<br />
Übertreibung als htstorisch wertvoll<br />
eingestuft werden. Entstand doch daraus<br />
das. was heute das Leben ·von ach'<br />
so vielen Jugendlichen bestimmt: der<br />
Rave. Draußen. ohne Eintritt. ohne<br />
Security. lang und vor allem fröhlich.<br />
Das DIY nicht die ersten waren. die so<br />
etwas raten. ist wahrscheinlich. aber<br />
doch bleibt fraglich. ob der berühmte<br />
Summer of Love. der hauptsächlich<br />
aus solchen Veranstaltungen bestand.<br />
nicht möglicherweise noch ein Jährchen<br />
hätte auf sich warten lassen. Spekulationen<br />
über Ähnlichkeiten zum<br />
Dauerthema 'Wer hat House er- tunden··.<br />
hat man nicht von sich weisen<br />
können. Eine Parallele zur Entwicklung<br />
der Musik gibt es auf jeden<br />
Fall. Auch diese Raves gibt es immer<br />
noch. auch wenn sie sich mittlerweile<br />
mit der Crimmal Justice Bill<br />
einem nicht zu unterschätzenden<br />
Gegner gegenüber sehen. Wer<br />
DIY sind. ist nicht festzustellen.<br />
Dies liegt dar an. daß sie es selber<br />
nicht genau wissen. Es gibt da so<br />
ungefähr 2 0-2 5 Leute. die sich<br />
andauernd mit irgendwelchen<br />
DIY-Aktivitäten beschäftigen.<br />
Vom PA-Techniker über Organisatoren.<br />
DJs. und was es sonst<br />
noch alles gibt im Rave-und<br />
Label-Zirkus. Zusätzlich gtbt es<br />
da noch unzählige Helfer und<br />
letztendlich sind alle die. die<br />
sich 1m nächtlichen Sherwood<br />
Forest oder sonstwo in den<br />
englischen Midlands tanzend<br />
tummeln. auch DIY. Einen<br />
latenten sozialistischen Touch<br />
kann man in allem erkennen.<br />
was DIY so hervorbringen. Polit<br />
Raver sind sie aber nicht. Typisch englisch<br />
eher. mit allem. was in die<br />
Geschichte der englischen Musik so<br />
wichtig war: von Clash bis Jam. von Joy<br />
Division bis DN U Sound. Working (lass.<br />
Pubsand E's. Geschichte. Vier Labels<br />
leben mittlerweile<br />
unter<br />
dem Dach von<br />
DIY. Strictly 4<br />
<strong>Groove</strong>rs für<br />
House und<br />
deepe <strong>Groove</strong>s.<br />
DIY-Communications<br />
für Techno.<br />
Spacehopper<br />
für Jazzigen<br />
HipHop und<br />
gerade neu<br />
Serve Chilied<br />
Vordergrund stehen. schreibt man mir. und<br />
mit den Praktiken der Majors wolle man<br />
nicht viel zu tun haben. wohl wissend. daß<br />
es nicht möglich ist den Anti-Kommemalismus<br />
zu predigen. wenn man ernsthaft ein<br />
Label betreiben möchte. Erfolg streben<br />
auch DIY an. aber die Mittel sollen andere<br />
sein. Überzeugung ist etwas. worauf sie<br />
viel Wert legen: erst mal etwas machen<br />
und sich daran orientieren. ob es echt ist<br />
und gut und dann hoffen. daß man den<br />
Respekt dafür erhält. Von Hypes will man<br />
hier nichts wissen. man will die Leute<br />
entscheiden lassen. mcht Instanzen. Und<br />
zu eben jenen Leuten besteht ein enger<br />
Kontakt. eben durch die Struktur von DIY.<br />
Auch die DJs und Musiker. die auf den<br />
Labels erscheinen. unterliegen der ständigen<br />
·Kontrolle· des Publikums. Betonung<br />
liegt darauf. möglichst unterschiedliche<br />
Menschen auf den Partys zu versammeln.<br />
da der Vibe ein viel besserer sei<br />
als in einem Club voller Klone. DIY ist<br />
die Gegenbewegung zu den regierenden<br />
Praktiken in der englischen<br />
House-Landschaft. Zurück zu den<br />
lokalen Residents. die den Leuten<br />
auf Dauer musikalisch viel mehr geben<br />
als die andauernde Wiederholung derselben<br />
Gäste. dte. da sie den Club<br />
und die Leute nicht kennen. meistens<br />
die sichere Seite der Dauerhitbeschallung<br />
wählen und somit<br />
jede Progressivität verloren ginge.<br />
DIY möchte immer neuen Leuten<br />
eine Chance geben. denn sie<br />
sehen darin die einzige Möglichkeit.<br />
voranzukommen. Entgegen<br />
kommt ihnen darin<br />
ihre Positionierung in<br />
Nottingham. Nots'<br />
liegt außerhalb des<br />
großen Rampenlichts<br />
der englischen Medien.<br />
aber -wie eigentlich<br />
überall in England-<br />
nicht weit entfernt<br />
von den Zentren<br />
der Partykultur. wie<br />
z.B. Manchester. In<br />
der dortigen Hacienda ( dem<br />
Cult-Ciub an sich) wird der<br />
Bounce-Abend in absehbarer<br />
Zeit einige Male gastieren: eine<br />
Methode. die auf der Insel zum<br />
Alltag gehört. in Deutschland<br />
bis zum heutigen Tage nur<br />
wenig Anhänger findet ( Dubmission-Omen).<br />
Wer irgendwann<br />
einmal nach Nottingham<br />
kommt dürfte sich sicher<br />
sein. freundlich empfangen zu<br />
werden. denn den Hippi-Touch<br />
kann keiner so recht verneinen.<br />
Etgentlich eine sehr<br />
sympathische Vorstellung: englisch<br />
gekleidete Hippies. die<br />
durch den Wald rennen und<br />
sich Gedanken über die ultimative<br />
CD-Rom machen.<br />
Am Ende des ganzen Textes<br />
wird dann alles vorangegangene<br />
auf den Nenner gebracht:<br />
Actually. we just wanna have a<br />
ball... (SO)