Denis Gustavus - Interessengemeinschaft deutschsprachiger ...
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Er nickte begeistert:<br />
„Eine verrückte Geschichte.“<br />
„Wieso?“<br />
„Ich habe dieses Handy gefunden, als Christine<br />
gerade darauf anrief.“<br />
„Wo?“<br />
„An der Bushaltestelle vor dem Bahnhof.“<br />
„Unglaublich.“<br />
„Ist aber so.“<br />
„Und wer ist Inge?“<br />
„Meine Verlobte.“<br />
„Männer sind Verbrecher“, flüsterte eine<br />
junge Frau ihrer Freundin zu.<br />
Ich stieß den Mann mit dem Handy an.<br />
„Du musst Blumen kaufen!“ schlug ich vor.<br />
„Wem?“<br />
„Der Christine natürlich.“<br />
„Richtig“, sagte der Bekannte.<br />
„Christine, hörst du mich?“<br />
Er lauschte einige Zeit und verzog das Gesicht.<br />
„Ich komme“, sagte er.<br />
„Denk an die Blumen!“ sagte ich.<br />
„Sehr gut“, sagte der Bekannte. „Und die<br />
Inge rufen wir an und sagen ihr, dass du<br />
heute Überstunden machen musst.“<br />
„Männer sind Schweine“, stellte die junge<br />
Frau bekümmert fest.<br />
„Vergiss die Blumen nicht!“ sagte ich.<br />
Der Zug hielt. Ich stieg aus. Auf dem Bahnsteig<br />
schaute ich noch einmal in den Wagen.<br />
Der Mann nahm gerade das Handy vom<br />
Ohr und sah seinen Bekannten unsicher und<br />
fragend an.<br />
Ich hätte schwören können, dass es der Typ<br />
war, der damals mein Handy aus dem Abfallkorb<br />
gefischt hatte.<br />
Ich ging in den Bahnhof und grinste schadenfroh.<br />
Geschah ihm ganz recht, diesem<br />
hirnlosen Vollidioten!<br />
prosa<br />
Klaus Mühlen<br />
na c h t s c h at t e n<br />
IGDA aktuell, Heft 2/3 (2009) Seite 35<br />
Er drehte sich um.<br />
„Pitsch – Patsch“.<br />
Ununterbrochen. Und dazu, Regen, Wasser<br />
in Unmengen fielen herab, es regnete und<br />
regnete. Er schaute auf die Uhr, als ob sie<br />
mit dem Regen etwas zu tun hätte. Nur eines<br />
war ihm in diesem Moment klar: Die Uhr,<br />
wasserdicht, hatte in diesem Moment nichts<br />
gemeinsam mit seinen Schuhen. In diesen<br />
suchte sich das Wasser von vorne nach hinten<br />
unaufhaltsam einen Weg. Gummistiefel<br />
wären besser gewesen. Auch seine Kleider<br />
wurden vom Regen nicht verschont. Einen<br />
Schirm! Aber erst einmal einen haben. Und<br />
außerdem war ihm so ein Ding viel zu umständlich:<br />
Mit sich herum tragen, dann darauf<br />
achten, ja nicht liegen lassen. Viele hatte<br />
er schon liegen lassen.<br />
Und wieder dieses Pitsch – Patsch. Als ob jemand<br />
nur in den überall vorhandenen Pfützen,<br />
ausgerechnet darin, springen würde. Im<br />
Licht der Straßenlaternen spiegelten sie sich<br />
wie silbernes Lackpapier.<br />
Immer nur für kurz schimmerte das Mondlicht<br />
zwischen den dunklen Wolken des<br />
Nachthimmels hervor. Sicherlich hatte auch<br />
er dieses Pitsch – Patsch gehört, und verkroch<br />
sich darauf hin hinter einer vorbeiziehenden<br />
Wolke. Dann wieder dieses Pitsch – Patsch.<br />
Unheimlich.<br />
Dann hatte es sich der Mond doch überlegt.<br />
Und er schob die schwarze Wolke wieder zur<br />
Seite.<br />
„Pitsch – Patsch“. Es erschreckte ihn immer<br />
mehr.<br />
Und im Licht des Mondes stand nun ein großer<br />
Schatten von der Straße reichend an der<br />
Hauswand hinauf. Größer als ein Pferd es<br />
sein konnte. Der Schatten blieb stehen, zitterte<br />
und wackelte nicht. Wie an die Wand gemalt,<br />
unbeweglich verankert.<br />
Verschwunden war auf einmal dieses Pitsch<br />
– Patsch. Eiskalt wurde ihm vom Hals bis zu<br />
den Füßen. So ein Kribbeln. Dabei bemerk