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Die Demut der Sklavin - Fantastik-online.

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"Selbst jetzt stellst du noch For<strong>der</strong>ungen, obgleich<br />

du in <strong>der</strong> ungünstigeren Lage bist", bemerkte<br />

er. "Du bist zum Befehlen geboren -<br />

wie?" Aber er setzte ihr das Gefäß an die Lippen<br />

und neigte es. Reijinara trank das lauwarme<br />

Naß gierig, das sie erfrischte und blickte ihn<br />

dann wie<strong>der</strong> an. Seine Hand blieb unter ihrem<br />

Kinn und stützte es. "Warum hast du mich gerettet?"<br />

fragte er eindringlicher.<br />

"Ich habe etwas erkannt", antwortete sie. Jetzt<br />

war nicht die Zeit für Stichelleien. Sie sagte<br />

ihm die Wahrheit. "und zwar, daß wir unsere<br />

Kraft nicht aneinan<strong>der</strong> vergeuden sollten. Gemeinsam<br />

könnten wir es schaffen, zu fliehen."<br />

"Fliehen? Natürlich. Daran denkt nur eine eigensüchtige<br />

Borgon-Dun. Ich habe hier Freunde<br />

und Vertraute, glaubst du ich gehe ohne die,<br />

die mit mir verschleppt wurden?"<br />

Reijinara erinnerte sich an ihren Traum. "Dann<br />

wird es einen Weg geben, auch sie hier herauszuholen.<br />

Mit meiner Klugheit, meiner...List,<br />

deinem Willen und deiner Stärke..."<br />

Er hielt ihr den Mund zu. "Genug geredet, Reijinara<br />

von Borgon-Dyl. Ich werde es mir überlegen"<br />

Dann ließ er sie los und verschwand in<br />

<strong>der</strong> Dunkelheit, weil einer <strong>der</strong> Wächter aufmerksam<br />

wurde.<br />

Am Morgen löste man ihre Fesseln und brachten<br />

sie nicht in die Zelle, son<strong>der</strong>n in das kleine,<br />

<strong>der</strong> Arena angeglie<strong>der</strong>te Bad. Reijinara empfand<br />

es als Erleichterung, daß sie ihre geschundenen<br />

Glie<strong>der</strong> und erschöpften Muskeln entspannen<br />

konnte und genoß die Massage durch<br />

eine ältere <strong>Sklavin</strong>. Als sie gerade Öl einrieb,<br />

betrat <strong>der</strong> Arenenmeister den Raum und musterte<br />

sie.<br />

"Du bist noch immer in aller Munde, Rilta.<br />

Natürlich war es ein glücklicher Zufall, einer<br />

<strong>der</strong> seltenen Meisterstöße, <strong>der</strong> selbst einem<br />

erfahrenen Kämpfer nur selten gelingt, aber das<br />

Volk will dich wie<strong>der</strong> sehen - wenn Fürst Telentrah<br />

es zuläßt. Du hast zwar seinem Befehl<br />

zuwi<strong>der</strong>gehandelt, aber du bist für ihn noch<br />

wertvoller geworden. Nutze das, Mädchen. Du<br />

könntest bald frei sein."<br />

Reijinara lächelte ihn an. "Und dann? Wie lange<br />

soll ich fechten, und immer fürchten müssen,<br />

den Kampf nicht zu überleben."<br />

"Überleg es dir!" sagte er Arenenmeister nach<br />

einer Pause und legte vor sie auf den Boden ein<br />

Tuch, das er noch entfaltete. "Der Schmuck<br />

hier ist schon ein hoher verdienst, nur den<br />

Dolch muß ich behalten, da er eine Waffe ist."<br />

"Behaltet sie und bezahlt Darlynx ein Begräbnisritual<br />

nach den Reeln Borgons. Das hat er<br />

verdient."<br />

Der Meister nickte. "Ich werde mein bestes<br />

tun."<br />

Er hielt sein Wort. Darlynx wurde mit allen<br />

Ehren bestattet, so als sei er ein freier Mann<br />

gewesen. Auch sonst erfüllte <strong>der</strong> Arenenmeister<br />

ihr fast jeden Wunsch und gewährte ihr<br />

größere Freiheiten. Sie spürte, daß sie bei ihm<br />

an Achtung gewonnen hatte, son<strong>der</strong>n auch bei<br />

den an<strong>der</strong>en - sogar den Aufsehern.<br />

Sie begann die Männer mit an<strong>der</strong>en Augen zu<br />

sehen. Nicht alle waren grausame, hinterhältige<br />

Bastarde, wie die, die sie vergewaltigt hatten,<br />

in einigen erkannte sie sogar Träume, Wünsche<br />

und Hoffnungen wie<strong>der</strong>, die auch ihre Kampfgefährten<br />

gehabt hatten. Ob nun hell- o<strong>der</strong><br />

dunkelhäutig, so sehr unterschieden sie sich<br />

nicht voneinan<strong>der</strong>.<br />

Keladhan, den sie nun nicht mehr Lyron nannte,<br />

wenn sie alleine waren, behandelte sie auch<br />

an<strong>der</strong>s. Der Haß war gewichen und hatte einer<br />

aufmerksamen Beobachtung Platz gemacht.<br />

Wann immer es ging, unterhielten sie sich leise,<br />

und Reijinara erfuhr nach und nach, was in<br />

Lydon, zu Beginn ihrer Regierungszeit, vorgefallen<br />

war.<br />

Sadia von Lydon, die Vertreterin Borgon-Dyls<br />

in <strong>der</strong> Stadt, die sich erst vor kurzer Zeit dem<br />

Reich angeschlossen hatte, riß brutal die Macht<br />

an sich, indem sie Fürst Seram ermorden ließ.<br />

Aufständische und gefährliche Männer und<br />

Frauen hatte sie noch in jener Nacht ergreifen<br />

und verschleppen lassen. Sie hatte es so aussehen<br />

lassen, als handelte sie auf Befehl <strong>der</strong> Deye<br />

- und sich so sicherheit verschafft. Kein Wun<strong>der</strong>,<br />

daß Keladhan sie für alles verantwortlich<br />

gemacht hatte, und seinen Haß auf Reijinara<br />

projeziert.<br />

Nun, da er sie besser kennenlernte, und sie<br />

nicht mehr über ihm stand, lernte er die junge<br />

Frau kennen, die er nur als Deye gekannt hatte,<br />

erfuhr von ihrer Verbitterung und ihren Haß, in<br />

die Rolle <strong>der</strong> Thronfolgerin gedrängt zu sein,<br />

die zu einem Abbild ihrer Vorgängerin werden<br />

sollte.

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