Die Demut der Sklavin - Fantastik-online.
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weilte, ihr Körper verdörrte in einer schmutzigen<br />
Zelle. Sie rollte sich zusammen wie ein<br />
Kind im Mutterschoß und wollte sich vertrauensvoll<br />
in ihn sinken lassen, als ein blaues<br />
Leuchten sie umgab und durch ihre geschlossenen<br />
Li<strong>der</strong> drang. Sie sah durch ihre Nicht-<br />
Augen, obgleich sie nichts wahrnehmen wollte.<br />
Bil<strong>der</strong> wechselten in schnellen Folgen mit<br />
Symbolen ab. Wirkliches vermischte sich mit<br />
Phantasiegebilden.<br />
Willst du leben?<br />
"Für was soll ich leben? Ich bin dir Jahre nicht<br />
gefolgt und nun willst du mich als Krüppel am<br />
Leben erhalten, Keiiris?" klagte Reijinara.<br />
Willst du leben?<br />
Ein Licht erstrahlte in ihr, wurde immer größer<br />
und füllte sie aus, bis es durch ihre Körpermitte<br />
entwich und zu einer kleinen, zierlichen Gestalt<br />
mit hellerer Haut als <strong>der</strong> ihren wurde.<br />
Wenn nicht für dich, so für sie?<br />
Reijinara schluchzte, als sie ihre Tochter, das<br />
Noch-Nicht-Kind in den Armen hielt, das nicht<br />
mehr sein konnte als ein erster Funke des Lebens<br />
in ihrem Leib.<br />
"Aber soll sie als Sklavenkind aufwachsen?<br />
Unfrei, Gefangen, Ausgeliefert?" Als sie keine<br />
Antwort erhielt, sprach sie weiter.<br />
"Wir hatten einen Plan, Keladhan und ich."<br />
Ich gab dir einen Traum. Es liegt an dir, ihn<br />
zu erfüllen!<br />
Reijinara zögerte. Dann spürte sie, wie das<br />
Noch-Nicht-Kind in ihren Armen verblaßte.<br />
"ICH WILL!" sagte sie mit entschlossener<br />
Stimme. "Ja, ich will! Ich werde dem Traum<br />
folgen, was immer er auch bringt, und auf welchen<br />
Pfad er mich führen mag. SELDANA<br />
ESH KEIIRIS! Bei deinem heiligen Eid. IN<br />
DEINEM NAMEN."<br />
So sei eingeweiht, Weise Frau. Handle gerecht<br />
und wissend.<br />
Das Licht verblaßte, und Reijinara fiel in die<br />
Wirklichkeit zurück.<br />
Olena starrte verwun<strong>der</strong>t auf das Leuchten.<br />
Auch wenn es voller Frieden und Trost war,<br />
berührte sie es nicht mehr, denn es galt nicht<br />
ihr. Dann murmelte Reijinara etwas mit heiserer<br />
Stimme und in kurzen Abständen.<br />
"Ich will. Seldana esh Keiiris. In deinem Namen."<br />
Olena blickte erstaunt auf die Borgon-Dun.<br />
Keiiris? <strong>Die</strong> friedliche, stille Göttin <strong>der</strong> Borgon-Dun,<br />
<strong>der</strong> sich zumeist die einfachen Menschen<br />
verschworen hatten. Aber achteten die<br />
Adligen Borgon nicht mehr und hatten ihn zu<br />
ihrem Herrn gemacht? Vor allem die Deye?<br />
Das Licht schwand, und in dem selben Augenblick<br />
setzte sich Reijinara auf, und blickte auf<br />
die Handgelenke. Dort waren nur noch Narben<br />
zu sehen, nicht mehr. Einen Moment schien sie<br />
verwun<strong>der</strong>t, dann blickte sie Olena mit seltsam<br />
schimmernden Augen an.<br />
"Morgen holen sie dich und ketten dich ans<br />
RAD. Es wäre besser für dich gewesen, du<br />
wärest gestorben. Von dort unten kehrt keiner<br />
zurück." sagte die Gelehrte lahm, weil sie nicht<br />
wußte, was sie sonst sagen sollte.<br />
Aber Reijinara klang zuversichtlich, als sie die<br />
Hände auf ihre Schultern legte und antwortete:<br />
"Dennoch wird dieser Fall unser aller Rettung<br />
sein. Auch Keladhan ist dort unten und ich<br />
habe einen Traum zu erfüllen, den ich nur mit<br />
ihm durchführen kann. Hör mir zu, denn wir<br />
haben nicht viel Zeit..."<br />
Und sie redete lange und mit einer solchen Entschlossenheit<br />
auf Olena ein, daß sie glaubte<br />
alles zu vergessen, aber dem würde nicht so<br />
sein. Jedes Wort hallte in ihrem Inneren wie<strong>der</strong>,<br />
und die Gelehrte erkannte, daß die Hand <strong>der</strong><br />
Götter im Spiel war. Und vielleicht sollte sie so<br />
vertrauensvoll sein, diese Hilfe anzunehmen...<br />
Am nächsten Morgen aber kamen die Wächter<br />
um erneut nach den <strong>Sklavin</strong>nen zu sehen. Als<br />
sie Reijinara sahen - wichen sie zunächst aus<br />
abergläubischer Furcht zurück, doch dann<br />
überwog die Angst vor Telentrah. Sie packten<br />
Reijinara und brachten sie in noch tiefere Gewölbe,<br />
während Olena in die Frauengemächer<br />
zurückkehren konnte, und dort über das Gehörte<br />
nachdachte.<br />
Reijinara aber führte man an den tiefsten Punkt<br />
<strong>der</strong> Insel. Sie blickte gefasst auf die enge Höhle,<br />
in <strong>der</strong> die Männer Seite an Seite, Schritt für<br />
Schritt einen Mechanismus bewegten, <strong>der</strong> an<br />
<strong>der</strong> Oberfläche das Wasser hervorbrachte. <strong>Die</strong><br />
Sklaven waren zumeist schon so stumpfsinnig,<br />
daß sie gar nicht aufschauten, als das Rad anhielt,<br />
um einen leeren Platz zu füllen.