barrikade # 7 - Abrechnung mit Seidmans 'Gegen die Arbeit'.pdf
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30<br />
Quellen:<br />
Gerhard BotZ –<br />
Der Arbeiter-Sschriftsteller<br />
Carl Dopf (1883-1968)<br />
und <strong>die</strong> anarchistische<br />
Subkultur – in:<br />
Im Schatten der Arbeiterbewegung<br />
– Zur<br />
Geschichte des Anarchismus<br />
in Österreich<br />
und Deutschland<br />
(o. Jahr).<br />
Karl DoPf war u.a.<br />
Mitherausgeber der<br />
Huren-Zeitschriften Der<br />
PranGer (1921) und<br />
Herausgaber von Der<br />
KraKeHler (Das Blatt<br />
der Eigenbrödtler, 1922)<br />
und Das SiGnal (Kampf-<br />
Organ der Versprengten,<br />
1924) in Hamburg<br />
arbeitete er <strong>mit</strong> Karl<br />
Langer an dessen<br />
Alarm <strong>mit</strong>, zieht sich<br />
jedoch von den Freien<br />
Sozialisten zurück, als<br />
einige der Mitglieder<br />
sich an Plündeungen<br />
und Gewalttaten<br />
(Sülzeunruhen 1919)<br />
beteiligen.<br />
BeFreiunG<br />
& ErKenntis – Wien,<br />
Redaktion: Rudolf<br />
Großmann. (Schriftstellername:<br />
Pierre Ramus)<br />
Dank an das Anarchistische<br />
Archiv Wien,<br />
das uns den Artikel<br />
von Karl DoPf<br />
zur Verfügung<br />
gestellt hat.<br />
In einer sozialdemokratischen Musterfabrik<br />
des ZDK - Genossenschaftsverbandes 1913<br />
In der Papierwarenfabrik der Verlagsgesellschaft<br />
deutscher Konsumvereine des zdk in Hamburg – hier<br />
wurden zentral alle Drucksachen und Zeitschriften<br />
des Verbandes hergestellt – gab es eine syndikalistische<br />
Gewerkschaftsgruppe der FVdG, wie der<br />
Hilfsarbeiter Karl DoPf in seinen Erinnerungen zu<br />
berichten weiß: er arbeitete „über zehn Jahre lang in<br />
<strong>die</strong>sem Betrieb, der in produktionstechnischer wie sozialer<br />
Hinsicht als Musterbetrieb galt, dessen Organisation<br />
des Arbeitsprozesses jedoch dopf weniger »sozialistisch«<br />
erschien, als er es sich vorgestellt hatte. Grund<br />
der Unzufriedenheit waren <strong>die</strong> innerbetriebliche Hierarchie,<br />
<strong>die</strong> starken Lohnunterschiede und überhaupt der<br />
hier herrschende »preußische Geist«. Die Hilfsarbeiter,<br />
zuunterst in der betrieblichen Pyramide, scheinen hier<br />
ihre eigenen Vorstellungen von einem »gerechten Sozialismus«<br />
entwickelt zu haben und schon vor dem Ersten<br />
Weltkrieg anarchosyndikalistisch orientiert gewesen zu<br />
sein. Daher vermied es Dopf, der zwar nominell Mitglied<br />
der deutschen sozialdemokratischen Gewerkschaftsorganisation<br />
wurde, der SPD beizutreten. Die Bedeutung<br />
<strong>die</strong>ser betrieblichen Verhältnisse für <strong>die</strong> weitere weltanschauliche<br />
Entwicklung Dopf s liegt auf der Hand.“<br />
(BotZ) •<br />
In der österreichischen anarchistischen Zeitschrift<br />
ErKenntnis & BeFreiunG (Nr. 9 / 1923) schreibt DoPf<br />
u.a. folgendes: „Die genossenschaftliche Fabrik,<br />
wie sie <strong>die</strong> Sozialdemokratie geschaffen hat, ist dasselbe<br />
wie eine kapitalistische Aktiengesellschaft, nur <strong>mit</strong><br />
dem Unterchied, daß der Reingewinn, der bei jener in<br />
<strong>die</strong> Tasche der Aktionäre wandert, hier den beteiligten<br />
Genossenschaften zufällt, in denen Arbeiter organisiert<br />
sind. Da<strong>mit</strong> ist aber meines Erachtens im System der<br />
Ausbeutung nicht geändert und wird nie etwas geändert<br />
werden. (...) Wer den Ertrag meiner Arbeit bekommt,<br />
ist mein Ausbeuter, ganz gleich, ob er sich zur Kapitalistenklasse<br />
oder zum Proletariat rechnet.“ Später<br />
schreibt DoPf von den Methoden im zdk-Betrieb<br />
und charakterisiert <strong>die</strong> Funktionsträger der Genossenschaft<br />
nach dem Ausscheiden der „bürgerlich<br />
gesinnten Menschen“ aus der Betriebsleitung als<br />
„durchwegs von proletarischen Emportkömmlingen“<br />
durchsetzt, unter denen „Zustände einreißen, wie<br />
ich sie in keiner kapiatlsitischen Bude gesehen habe“.<br />
DoPf meint, er könnte ein Buch schreiben über <strong>die</strong><br />
Zustände, „<strong>die</strong> beweisen, daß <strong>die</strong> Praxis der genossenschaftlichen<br />
Betriebsführung nichts, aber nicht das Geringste<br />
<strong>mit</strong> dem geiste des Sozialismus oder auch <strong>mit</strong><br />
den wahren Zielen des Genossenschaftsgedankens zu<br />
tun hat“. Die Ursache sieht er vor allem in <strong>die</strong>sem<br />
Übel: „Im genossenschaftsbetriebe habe ich selbst bei äußerster<br />
Anstrengung, noch nie ein anderes Wort gehört,<br />
als daß eben wieder nicht genug geschafft worden sei.<br />
Das Problem von der Steigerung der Leistungen liegt<br />
den Herren Genossenschaftsführern allen im Kopf, und<br />
daher glauben sie auch, es nur lösen zu können, wenn<br />
sie recht viele, möglichst hinter jedem Arbeiter einen Antreiber<br />
stehen haben, anstatt, was vernünftiger wäre, an<br />
jeder Arbeitsstelle genügend produktiv schaffende Kräfte<br />
wirken zu lassen.“ Und das geht dann so weit, daß<br />
in der genossenschaftlichen Fabrik „nur strengste<br />
Disziplin“ herrscht, „und jeder hat sich ohne Widerspruch<br />
der Autorität seines Vorgesetzten unterzuordnen.<br />
Tut er <strong>die</strong>s nicht, wird sofort <strong>die</strong> Hungerpeitsche<br />
Mastkorb • Theorie [Ausblick auf den libertären Kommunismus]<br />
geschwungen, das heißt man entledigt sich seiner oder<br />
droht ihm wenigstens.“ ... „So kommt es dann, daß viele<br />
Arbeiter herumlaufen, <strong>die</strong> sich ihr Wochengeld auf anderer<br />
Leute Knochen ver<strong>die</strong>nen können, wenn sie sich<br />
durch einen schmutziger Stehkragen als <strong>die</strong> »bevorzugte<br />
Proletarierklasse« kenntlich zeigen. Schließlich tragen<br />
auch noch <strong>die</strong> famosen Tarifverträge der Gewerkschaften<br />
dazu bei, <strong>die</strong> bestimmen, daß der ungelernte Arbeiter<br />
jede ihm befohlene Arbeit auszuführen hat. Wenn also<br />
ein Vorgsetzter befiehlt, daß man ihm <strong>die</strong> Stiefel putzen<br />
oder einem Unteroffizier <strong>die</strong> Knöpfe blank zu scheuern<br />
hat, dann hat man <strong>die</strong>s ohne Widerspruch auszuführen,<br />
weil es irgendwo im Tarif steht.“ •<br />
Heinrich Kaufmann und<br />
<strong>die</strong> Buchdruckergehilfen in Hamburg<br />
In der EiniGKeit erschien am 25. Oktober 1913 noch<br />
ein Nachtrag zur Buchdrucker-Auseinandersetzung<br />
in Hamburg durch Roche:<br />
„Ausgewiesen. Wir haben im Mai d.J. In der ‚Einigkeit‘<br />
berichtet, daß <strong>die</strong> Buchdrucker in der Verlagsgesellschaft<br />
Deutscher Konsumvereine zu Hamburg ihre Stellungen<br />
kündigten, weil Herr Heinr. Kaufmann, ehemals<br />
Volksschullehrer, dann sozialdemokratischer Redakteur<br />
und jetzt „Prinzipal“ bei genannter Gesellschaft, Buchdrucker<br />
gemaßregelt hatte. Der Streit wurde damals<br />
durch Schlichtung beigelegt, und <strong>die</strong> Buchdrucker blieben<br />
an ihren Plätzen. Herr Kaufmann hat sich wiederholt<br />
berühmt gemacht und zuletzt dadurch, daß er in<br />
seiner Eigenschaft als Prinzipal der Verlagsgesellschaft<br />
der Unternehmerorganisation beitrat und Genossenschaftsgeld,<br />
also vorwiegend Groschen aus den Taschen<br />
der organisierten Arbeiter, in eine Antistreikkasse der<br />
Buchdruckerprinzipalität zahlte. Solche genossenschaftliche<br />
Förderung der Arbeiterinteressen ist ihm dann von<br />
der Gesellschaft verboten worden. Aber welcher Zeitgenosse<br />
baut nicht gerne seine eigenen Lorbeeren! Als der<br />
Konflikt im Mai beigelegt war, da ging Herr Kaufmann<br />
in <strong>die</strong> Prinzipalsversammlung und machte gegen <strong>die</strong><br />
Buchdruckergehilfen scharf.“<br />
Herr Kaufmann wollte gar einen Teil des Vermögen<br />
des Deutschen Buchdruckerverbandes per Gerichtsvollzieher<br />
eintreiben, weil ihm der Tarif <strong>die</strong>ser<br />
sozialdemokratischen Gewerkschaft „zu revolutionär“<br />
erschien. Das klappt aber nicht, denn „Geldopfer<br />
waren nicht beizutreiben [gewesen]. Also hat man<br />
sich anders zu helfen gesucht. Der Wortführer der Gehilfen<br />
in dem Konflikt war der Buchdrucker Steinhardt; er<br />
hat auch auf dem Verbandstage in Danzig <strong>die</strong> Interessen<br />
der Hamburger Buchdrucker gegen den Zentralvorstand<br />
energisch vertreten. Er ist also, wie <strong>die</strong> „Instanzen“ da<br />
so zu nennen belieben, ein gewerkschaftliches Rauhbein.<br />
Nun hat Steinhardt einen Geburtsfehler: er ist nämlich<br />
außerhalb der „schwarzweißroten“ Grenzen zur Welt<br />
gekommen. Das wurde ihm zum Verhängnis. Der Hamburger<br />
Senat hat ihn jetzt, nachdem er schon 12 Jahre<br />
hier lebte, ausgewiesen. Wir behaupten natürlich nicht,<br />
daß <strong>die</strong> Verlagsanstalt Deutscher Konsumvereine zu der<br />
Ausweisung den Anstoß gab; denn was nicht zu beweisen<br />
ist, darf nicht behauptet werden. Aber kann das nicht<br />
ein Blinder <strong>mit</strong> dem Krückstock sehen? K.“ •<br />
• Die EiniGKeit, Nr. 43 – Berlin, 25.10.1913