barrikade # 7 - Abrechnung mit Seidmans 'Gegen die Arbeit'.pdf
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arrikade sieben - April 2012<br />
zum Spartakusbund zusammengeworfen werden.<br />
Er skizziert <strong>die</strong> Arbeit der KAP., besonders während<br />
des Kapp-Putsches und weist zurück, daß <strong>die</strong><br />
Vorgänge in Köthen und Velbert auf das Schuldkonto<br />
des Hauptausschusses zu setzen sind.<br />
Genosse ThYssen als Gast schildert auf Grund<br />
praktischer Erfahrungen das Verhältnis von Partei<br />
und Union und zeigt an Beispielen, daß da, wo<br />
im Reiche keine KAP. zur Verteidigung der Union<br />
stand, <strong>die</strong> Union zusehends versumpfte. Das Diskutieren<br />
über Zentralismus und Föderalismus ist<br />
öde Wortklauberei. Er empfiehlt den Delegierten,<br />
durch <strong>die</strong> Tat Überbleibsel falscher zentralistischer<br />
Gestaltung, insbesondere Personenkult, auszumerzen.<br />
Seifert, Ostsachsen, erläutert <strong>die</strong> Verhältnisse<br />
seines Bezirks. Er verwahrt sich gegen <strong>die</strong> Festsetzung<br />
eines einheitlichen Programms, da in jedem<br />
Wirtschaftsbezirk <strong>die</strong> Verhältnisse anders sind. In<br />
Ostsachsen ist das Proletariat am weitesten vorgeschritten.<br />
Das ist zu ersehen an seiner Negation der<br />
politischen Parteien überhaupt und auch daran,<br />
daß <strong>die</strong> Genossen in Ostsachsen Volksversammlungen<br />
als bürgerliche Propaganda<strong>mit</strong>tel überwunden<br />
haben.<br />
MÖhrling, Braunschweig, verwahrt sich dagegen,<br />
daß DannenBerg <strong>mit</strong> Braunschweig identifiziert<br />
wird. Die Braunschweiger Genossen legen<br />
auf <strong>die</strong> Annahme der Prinzipienerklärung keinen<br />
großen Wert. Sie werden sich den Beschlüssen der<br />
Konferenz unterwerfen, aber nicht abgehen von<br />
dem Aufbau nach Industrien.<br />
Arndt, Mitteldeutschland 2, spricht über <strong>die</strong><br />
Frage »Bezirks- oder Industrie-Unionismus« und<br />
empfiehlt, bei der bezirksweisen Zusammenfassung<br />
zu bleiben, da sie <strong>die</strong> einzig richtige und notwendige<br />
sei zur Schulung und Organisierung des<br />
Kampfes. Die Zellenbildung, wie sie <strong>die</strong> Genossen<br />
aus Ostsachsen propagieren, bedeutet Sprengung<br />
der Union. Jede Zelle stellt eine besondere Interessengemeinschaft<br />
dar, <strong>die</strong> auf einen engen Kreis<br />
beschränkt bleibt. Diese Interessengemeinschaft<br />
wird andere Gemeinschaften nach sich ziehen, so<br />
daß auf <strong>die</strong>sem Wege ein Spaltpilz hineingetragen<br />
ist. Die Konsequenz des Vorgehens der Genossen<br />
in Ostsachsen, <strong>die</strong> heute schon zur Ablehnung der<br />
Volksversammlungen gelangt sind, wird <strong>die</strong> sein,<br />
daß <strong>die</strong>se Genossen in nächster Zeit jegliche Organisation<br />
überhaupt ablehnen. KAP. und Union<br />
müssen in enger Kampfgemeinschaft zueinander<br />
stehen.<br />
Die Einheitsorganisation, wie sie von einem großen<br />
Teil der Genossen [in Ostsachsen] propagiert<br />
wird, wird und kann nur im Stadium der Diktatur<br />
des Proletariats zur Tatsache werden. Wir wollen<br />
keine Herrschaft der Partei über uns, wir gehen <strong>mit</strong><br />
der KAP. konform, soweit sie revolutionär bleibt.<br />
Entfernt sie sich vom konsequenten Kommunismus,<br />
dann entfernen auch wir uns von ihr und<br />
werden sie bekämpfen. Die BO. befolgte bisher<br />
<strong>die</strong> Parolen der KAPD., weil <strong>die</strong> KAP. <strong>die</strong> einzige<br />
revol[utionäre] Partei ist. Sie wird dasselbe auch in<br />
Zukunft tun, wenn <strong>die</strong> KAP. auf demselben Boden<br />
weiterschreitet.<br />
Adrian, Ostsachsen, lehnt Parteien überhaupt<br />
ab, da Parteien in der Vergangenheit stets versagt<br />
haben und auch in der Zukunft versagen müssen.<br />
Parteien sind überflüssig, auch <strong>die</strong> KAP., da es ja<br />
Aufgabe der Union ist, das Proletariat als Klasse zusammen<br />
zu fassen. Auch er kommt zur Ablehnung<br />
eines einheitlichen Programms, da jeder Bezirk auf<br />
Grund ökonomischer und sonstiger Besonderheiten<br />
besondere Interessen, besondere Entwicklungsgrade<br />
im Proletariat u[nd] a[nderes] m[ehr] aufzuweisen<br />
hat. Die KAP. als Mutter der AAU. ist eine<br />
alte Person und muß sterben.<br />
Mond, Niederlausitz, wendet sich gegen Ostsachsen<br />
und erklärt, daß man auch in der Niederlausitz<br />
versucht, von Ostsachsen [aus] einzudringen,<br />
jedoch ohne Erfolg.<br />
Genosse Hedrich als Gast tritt Mond entgegen<br />
und glaubt feststellen zu können, daß auch <strong>die</strong> Proletarier<br />
in der Niederlausitz in der großen Mehrzahl<br />
gegen politische Parteien sind. Wenn man <strong>die</strong><br />
Massen in den Betrieben fragt, antworten sie, geht<br />
los <strong>mit</strong> allen politischen Parteien.<br />
K. Berlin [Walther KÄmPf?], schält noch einmal<br />
<strong>die</strong> Gegensätze der Auffassungen heraus, stellt fest,<br />
daß Westdeutschland und Ostsachsen nicht einig<br />
gehen, spricht für Anerkennung der Partei und<br />
empfiehlt <strong>die</strong> Annahme der Berliner Leitsätze.<br />
Im gleichen Sinne äußert sich Gen[osse] Sans,<br />
Frankfurt a[m] M[ain].<br />
DoVidat, Hamburg, erklärt, daß <strong>die</strong> Hamburger<br />
nicht gegen <strong>die</strong> Partei sind, sondern sich nur gegen<br />
<strong>die</strong> Parteien wenden, wo sie sich den proletarischen<br />
Klassenkämpfen entgegenstellen. Er wünscht im<br />
Namen seiner Genossen eine Änderung des Programms<br />
in der Frage der Stellung zu den Syndikalisten<br />
und zur Partei. In Hamburg geht der Aufbau<br />
der Union nach Industriegruppen vor sich.<br />
Gen[osse] MenZel, Ostsachsen, glaubt den Grund<br />
der Meinungsverschiedenheiten in der Fragestellung<br />
»Zentralismus oder Föderalismus« gefunden<br />
zu haben. Berlin vertritt den straffen Zentralismus,<br />
Ostsachsen, Hamburg und Westdeutschland den<br />
Föderalismus.<br />
JakoBi, Hamburg, plä<strong>die</strong>rt gegen <strong>die</strong> Partei, da<br />
<strong>die</strong> KAP. nicht <strong>die</strong> Partei ist, <strong>die</strong> den Rätegedanken<br />
propagieren kann, allein schon auf Grund ihres<br />
Programms. Wenn wir uns unter <strong>die</strong> Fittiche einer<br />
Partei stellen sollten, müssen wir uns jener Partei<br />
unterstellen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Mehrheit am Orte hat.<br />
Ein Antrag auf Schluß der Debatte wurde angenommen<br />
und ebenfalls ein Antrag auf Wahl einer<br />
Programm-Kommission. Sie setzt sich aus je drei<br />
Genossen der zwei verschiedenen Auffassungen<br />
zusammen.<br />
Der dritte Punkt der Tagesordnung, Stellung<br />
zur 3. Internationale, wurde auf einstimmigen Beschluß<br />
hinausgeschoben, bis einheitliche Leitsätze<br />
von der R.K. [34] angenommen wären.<br />
Zum Punkt 4 »Gesetzliche oder revol[utionäre]<br />
Räte« hielt R. Berlin [Bernhard ReichenBach]<br />
das Referat. Er kam zur strikten Ablehnung der<br />
ges[etzlichen] Räte und empfahl <strong>die</strong> Fortbildung<br />
revolut[ionärer] Aktionsausschüsse oder<br />
pol[itischer] Arbeiterräte.<br />
In der Ablehnung der ges[etzlichen] Räte ist sich<br />
<strong>die</strong> Konferenz bis auf <strong>die</strong> Vertreter Westsachsens<br />
einig.<br />
5. Punkt der Tagesordnung „Internationale Verbindungen“.<br />
Roche-Hamburg teilt <strong>mit</strong>, daß <strong>die</strong> Hamburger<br />
37<br />
[1] BO C K 1969, S. 80ff.<br />
[2] AI G T E 1930, S. 162<br />
[3] BO C K 1969, S. 125<br />
[4] Wenigstens ein<br />
Vertreter der FVdG,<br />
ER N S T RI E G E R (Berlin-<br />
Hohenschönhausen),<br />
war auf dem<br />
Gründungsparteitag<br />
anwesend und vertrat<br />
deren Positionen (s. WE B E R<br />
1993, S. 122f., S. 150f.,<br />
S. 159 [Antrag RI E G E R<br />
zur Tarifvertragspolitik]),<br />
S. 338f. [Biograhische<br />
Hinweise]<br />
[5] WE B E R 1993, S. 162 ff.<br />
[6] BO C K 1969, S. 87ff.<br />
[7] Was wollen <strong>die</strong><br />
Syndikalisten? Der<br />
Syndikalismus lebt!; in:<br />
Der Syndikalist, Jg. 1,<br />
Nr. 1, 14. 12. 1918, S. 1;<br />
der Text ist in BO C K 1969,<br />
S. 351 – 353, abgedruckt,<br />
das Zitat S. 352 – warum<br />
BO C K (1969, S. 104)<br />
daraus eine Empfehlung<br />
zum Parteibeitritt liest,<br />
ist nicht ersichtlich. Daß<br />
es de facto so von vielen<br />
interpretiert wurde, steht<br />
auf einem anderen Blatt.<br />
[8] RO C K E R 1919<br />
[9] nachgedruckt in BO C K<br />
1969, S. 359 f.<br />
[10] Die kommunistische<br />
Partei und der<br />
Syndikalismus; in: Der<br />
Syndikalist (Berlin), Jg.<br />
I, Nr. 30, 5. 7. 1919; s.a.<br />
BR A N D T 1919<br />
[11] S. KPD 2. PA R T E I T A G<br />
1919; s. a. BO C K 1969, S.<br />
139 ff.; BO C K 1977<br />
[12]S. KPD 3. PA R T E I T A G<br />
1920<br />
[13] Auf ihrem Höhepunkt<br />
hatte <strong>die</strong> AAUD 1920/21<br />
keine 200.000 Mitglieder(s.<br />
BO C K 1969, S. 195 f.),<br />
übte aber, ähnlich wie <strong>die</strong><br />
Syndikalisten, in ihren<br />
Hochburgen zeitweilig<br />
einen bestimmenden<br />
Einfl uß aus.<br />
[14] BÖ T C H E R (1922,<br />
S. 71) nennt irrtümlich<br />
den April 1920 als<br />
Gründungsdatum.<br />
[15] RO C H E, langjähriger<br />
Aktivist und Funktionär in<br />
der sozialdemokratisch<br />
beeinfl ußten<br />
Gewerkschaftsbewegung<br />
im Kaiserreich (zuletzt<br />
in Hamburg), war 1909<br />
zur Freien Vereinigung<br />
übergetreten und schon<br />
vor dem Ausbruch des<br />
1. Weltkriegs einer ihrer<br />
rührigsten Aktivisten. Er<br />
verfaßte unter anderem<br />
das erste Programm der<br />
FVdG nach dem Krieg<br />
(erstmals nachgedruckt in<br />
RO C H E 2009).