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Im Fokus<br />
Bandscheiben-Operationen der<br />
neuen Generation<br />
Neue Operationsverfahren zur Therapie chronischer Rückenschmerzen setzen<br />
heute nach Möglichkeit auf eine Wiederherstellung des natürlichen Bewegungsumfangs.<br />
Dabei helfen modernste Bandscheibenendoprothesen den Patienten,<br />
ihre Mobilität und Flexibilität wieder zu erlangen.<br />
Immer mehr und auch immer jüngere Menschen leiden an<br />
chronischen Rückenschmerzen. Ursachen können Bandscheibenvorfälle,<br />
Arthrosen der kleinen Wirbelgelenke, Verengungen<br />
des Wirbelkanals oder auch die reine Degeneration der<br />
Bandscheibe sein. Bei letztgenanntem Krankheitsbild spricht<br />
man vom sogenannten „diskogenen Schmerz“ (Diskus intervertebralis<br />
= lat. Zwischenwirbelscheibe). Das heißt, die vom<br />
Patienten empfundenen Beschwerden resultieren aus einem<br />
20 1/2007 orthinform<br />
altersbedingten Verschleiß der Bandscheibe, ohne dass es zu<br />
einem Austreten von Bandscheibengewebe in den Wirbelkanal<br />
kommen muss.<br />
Üblicherweise geht die Behandlung des chronischen Rückenschmerzes<br />
von einem multimodalen Ansatz aus, der eine medikamentöse<br />
Schmerztherapie mit Krankengymnastik und balneophysikalischen<br />
Maßnahmen verbindet. Dennoch können<br />
Fotos: Zimmer GmbH<br />
Modernes Bandscheibensystem mit<br />
innovativem Design und variablem<br />
Rotationszentrum<br />
auch mit einem derart intensivierten Behandlungskonzept<br />
nicht alle betroffenen Patienten dauerhaft von ihren Beschwerden<br />
kuriert werden. In solchen Fällen kommen operative<br />
Maßnahmen zur Anwendung.<br />
In der Vergangenheit stützte sich die operative Behandlung<br />
des chronischen Rückenschmerzes überwiegend auf Verfahren,<br />
die entweder an der Bandscheibe selbst ansetzen oder<br />
aber auf Versteifungsoperationen. Im Bereich der Bandscheibe<br />
wurden neben klassischen offenen Bandscheibenoperationen<br />
zunehmend sogenannte „mikrochirurgische Verfahren“ oder<br />
auch das enzymatische Auflösen von Bandscheibengewebe<br />
eingesetzt.<br />
Versteifungsoperationen, die vor über 100 Jahren zur Behandlung<br />
der Tuberkulose entwickelt wurden, fanden zunehmend<br />
auch Einsatz bei der Behandlung des diskogenen Rückenschmerzes.<br />
Doch ist dieses Therapieverfahren immer auch mit<br />
einem Beweglichkeitsverlust im operierten Segment verbunden.<br />
Deshalb – und auch wegen der teilweise unbefriedigenden<br />
Ergebnisse der Bandscheibenchirurgie mit Narbenbildung<br />
im Wirbelkanal – wurden im Lauf der letzten Jahrzehnte zunehmend<br />
Verfahren entwickelt, die einerseits eine zufrieden<br />
stellende Behandlung des diskogenen Schmerzes ermöglichen,<br />
andererseits jedoch nicht die geschilderten Nachteile<br />
beinhalten. So begann man 1966 mit der Erstimplantation einer<br />
Art Bandscheibenprothese, die aus einem metallischen<br />
Rundkörper bestand, welcher nach Entfernung der Bandscheibe<br />
in den Zwischenwirbelraum eingesetzt wurde. Diese sogenannte<br />
„Vernström-Prothese“ scheiterte jedoch daran, dass<br />
die Metallkugel im Laufe der Zeit in die benachbarten Wirbelkörper<br />
einbrach und damit funktionslos wurde.<br />
Im Fokus<br />
Im Jahre 1984 wurde erstmals die sogenannte „Charité-Prothese“,<br />
eine moderne Bandscheibenprothese, implantiert.<br />
Mittlerweile in der 3. Generation hergestellt, besteht die lumbale<br />
Bandscheibenprothese aus Metallplatten, die im Bereich<br />
der Abschlussplatten zweier Wirbelkörper mit dem Knochen<br />
zementfrei verbunden sind. Zwischen den Metallplatten sitzt<br />
ein Kunststoffkern, der jene Beweglichkeit ermöglichen soll,<br />
die der im Rahmen der Operation entfernten Bandscheibe entspricht.<br />
Inspiriert durch diese Prothese wurden im Lauf der letzen 20<br />
Jahre mehrere andere Modelle entwickelt. Ihr Einsatz erfolgte<br />
zunächst im Rahmen klinischer Studien. Mittlerweile werden<br />
sie jedoch auch routinemäßig im regulären klinischen Alltag<br />
zur Behandlung des diskogenen Schmerzes, teilweise jedoch<br />
auch zur Behandlung von sogenannten „Postnukleotomiesyndromen“<br />
und Instabilitäten im Bereich der Lendenwirbelsäule<br />
eingesetzt.<br />
Anders als klassische Wirbelsäulenoperationen wird die Implantation<br />
einer Bandscheibenprothese nicht von hinten sondern<br />
von vorn durchgeführt. Unter Schonung der Bauchorgane<br />
und der großen Bauch- und Beckengefäße wird sie<br />
üblicherweise auf einer – in Ausnahmefällen auch auf zwei<br />
oder mehr – Segmenthöhen nach vorheriger Ausräumung der<br />
Bandscheibe durchgeführt.<br />
Die Bandscheibenendoprothese gewährleistet also den Bewegungserhalt.<br />
Und so könnte es möglich sein, typische Probleme<br />
der Fusionsoperationen und der Bandscheibenchirurgie,<br />
nämlich die bereits erwähnten Anschlusssegmentinstabilitäten<br />
und Narbenbildung im Spinalkanal, zu vermeiden. Die<br />
bisherigen klinischen Studien zeigen, dass zumindest mit der<br />
Fusion vergleichbare Ergebnisse erzielt werden können. Zu<br />
hoffen bleibt, dass der erst auf lange Sicht einsetzende Effekt<br />
einer Schonung der angrenzenden Segmente durch Erhalt der<br />
Beweglichkeit des operierten Segmentes durch Langzeitstudien<br />
bestätigt werden kann.<br />
Entscheidend bei der Bandscheibenendoprothetik ist jedoch –<br />
wie bei allen anderen operativen und konservativen Therapieverfahren<br />
des chronischen Rückenschmerzes –, dass gemeinsam<br />
von Arzt und Patient eine sorgfältige Auswahl des<br />
geeigneten Therapieverfahrens vorgenommen wird.<br />
OA PD Dr. med. Wolfram Käfer<br />
OA PD Dr. med. Balkan Cakir<br />
Orthopädische Universitätsklinik Ulm am RKU<br />
Oberer Eselsberg 45<br />
89081 Ulm<br />
www.uniklinik-ulm.de<br />
orthinform 1/2007<br />
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