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Im Fokus<br />
Skoliose<br />
Deformität der Wirbelsäule<br />
Die Skoliose (griechisch: skolios = krumm) ist eines der am längsten bekannten<br />
orthopädischen Leiden. Es handelt sich hierbei um eine dreidimensionale Deformität<br />
mit einer Seitverbiegung und Rotation der Wirbelsäule bei gleichzeitiger<br />
Verdrehung der Wirbelkörper. Laut Fachliteratur sind zwischen 0,2 und 16 %<br />
der Bevölkerung betroffen. Diese große Spannbreite ist wohl auf die unterschiedlichen<br />
Definitionen der Skoliose zurückzuführen. In Europa geht man von<br />
einer Skoliosehäufigkeit von 2 bis 4 % bei der Bevölkerung aus.<br />
Skoliosen unterscheidet<br />
man nach ihren<br />
Entstehungsursachen:<br />
Idiopathische Skoliosen: Etwa 85 %<br />
der Skoliosen werden als idiopatisch bezeichnet,<br />
das heißt die Ursache ist unbekannt.<br />
Offensichtlich liegt jedoch ein<br />
Missverhältnis zwischen dem Wachstum<br />
der vorderen und der hinteren Wirbelanteile<br />
vor, was zu Zeiten starken Wirbelsäulenwachstums<br />
zu einer Zunahme der<br />
Skoliose führen kann. Dementsprechend<br />
wird die idiopathische Skoliose auch als<br />
Wachstumsdeformität bezeichnet. Mädchen<br />
sind viermal so häufig betroffen<br />
wie Jungen.<br />
Kongenitale Skoliosen: Diese Skoliosen<br />
können bei Fehlbildungen einzelner<br />
Wirbelkörper oder ganzer Wirbelsäulenabschnitte<br />
auftreten.<br />
Neuropatische und myopatische<br />
Skoliosen: Hierbei führen Grunderkrankungen<br />
des Nerven- oder Muskelsystems<br />
zum Auftreten einer Skoliose.<br />
22 1/2007 orthinform<br />
Darüber hinaus gibt es noch eine ganze<br />
Reihe von weiteren Ursachen die zum<br />
Auftreten einer Skoliose führen können,<br />
zum Beispiel Systemerkrankungen (Erkrankungen,<br />
die sich auf ein gesamtes Organsystem<br />
wie das zentrale Nervensystem<br />
oder sogar den gesamten Körper<br />
auswirken) oder auch radiogene (durch<br />
Einwirkung radioaktiver Strahlung), posttraumatische<br />
(Reaktion nach einem erlebten<br />
Trauma), entzündliche oder tumorbedingte<br />
Gründe.<br />
Die meisten Skoliosen werden im Kindes-<br />
und Jugendlichenalter durch Zufall<br />
festgestellt. Die Patienten sind in der Regel<br />
ohne Beschwerden. Besteht bei einem<br />
Kind oder Jugendlichem beim Vorne-<br />
Überbeugen (sogenannter „Vorneigetest“)<br />
eine Auffälligkeit des Rumpfes, sollte man<br />
sich bei einem in der Diagnostik und Therapie<br />
der Skoliose geschulten Orthopäden<br />
vorstellen. Da eine Skoliose, wie oben beschrieben,<br />
eine erhebliche Krümmungszunahme<br />
während des Wachstums entwickeln<br />
kann, sind die frühe Sicherung<br />
der Diagnose und die regelmäßige Verlaufkontrolle<br />
für die Prognose wichtig.<br />
Der Vorneigetest: Ist eine Rückenhälfte deutlich<br />
gewölbt und die andere erscheint flach,<br />
besteht der Verdacht auf eine Skoliose.<br />
Trägt man regelmäßig ein Korsett, sollte die<br />
Skoliose korrigiert oder zumindest in ihrer<br />
Entwicklung gebremst werden.<br />
Die Behandlung der Skoliose ist sehr<br />
komplex, da jede Skoliose eine individuelle<br />
und damit einzigartige Krümmung<br />
ist. Krankengymnastische Maßnahmen<br />
sind wichtiger Bestandteil der Behandlung.<br />
Bei Skoliosen bis zu 20 Grad werden<br />
sie in der Regel als einzige Maßnahme<br />
empfohlen.<br />
Sollte die Skoliose größer als 20 Grad<br />
sein und der Patient sein körperliches<br />
Wachstum noch nicht abgeschlossen haben,<br />
ist eine Korsettbehandlung zur Korrektur<br />
oder zumindest zur Verhinderung<br />
beziehungsweise Verzögerung einer Zunahme<br />
der Krümmung sinnvoll. Das Korsett<br />
sollte nach einer Eingewöhnungsphase<br />
23 Stunden am Tag, also auch<br />
nachts, getragen werden. Begleitend<br />
dazu sollten krankengymnastische Übungen<br />
durchgeführt werden. Nachdem der<br />
Patient körperlich weitgehend ausgewachsen<br />
ist, wird das Korsett üblicherweise<br />
wieder schrittweise abtrainiert.<br />
Bei Skoliosen ab einer Krümmung von<br />
Bei einer stark ausgeprägten Skoliose ist eine<br />
Operation sinnvoll. Dabei richtet man die<br />
Wirbelsäule mit Hilfe von implantierten<br />
Metallstäben bis zu einem gewissen Grad auf.<br />
50 bis 55 Grad ist eine Operation sinnvoll.<br />
Es gibt Techniken, bei denen von<br />
seitlich vorne (ventral) oder von hinten<br />
(dorsal) operiert wird. Diese können isoliert<br />
oder kombiniert eingesetzt werden.<br />
Um eine Korrektur der Krümmung zu<br />
erreichen, werden Implantate eingebracht.<br />
Welche Operationstechniken bei<br />
Im Fokus<br />
welcher Skoliose angebracht und sinnvoll<br />
sind, wird auch heute noch auf orthopädischen<br />
Fachtagungen diskutiert.<br />
So kann es durchaus sein, dass ein Patient<br />
bei Vorstellung in mehreren Kliniken<br />
verschiedene operative Behandlungsmöglichkeiten<br />
vorgeschlagen<br />
bekommt.<br />
Unser Team praktiziert sowohl die konservative<br />
(nicht-operative) als auch die<br />
operative Therapie von Skoliosen. Die Kooperation<br />
mit einer orthopädischen Werkstatt<br />
bietet den Vorteil direkter Wege und<br />
damit die Möglichkeit der unmittelbaren<br />
Problemlösung. In Bezug auf die Operationsverfahren<br />
bei Skoliose-Patienen werden<br />
hier, abhängig von der Krümmungsform,<br />
ventrale (vordere/seitliche)<br />
und/oder dorsale (hintere) Operationstechniken<br />
durchgeführt. Die Wahl der<br />
Operationstechnik ist dabei maßgeblich<br />
abhängig von der Krümmungsform, aber<br />
auch von der kosmetischen Deformität.<br />
Unter dieser kosmetischen Deformität<br />
leiden nicht wenige Patienten – sie fühlen<br />
sich durch die Skoliose entstellt. Es<br />
ist darum sehr wichtig, diese psychische<br />
Komponente zu berücksichtigen. Denn<br />
die Motivation zur therapeutischen Mitarbeit<br />
ist für den Behandlungserfolg, der<br />
wiederum das Selbstbewusstsein stärkt,<br />
notwendig. Hier spielen neben Familie,<br />
Freunden, Ärzten, Orthopädietechnikern<br />
und Krankengymnasten auch Selbsthilfegruppen<br />
eine wichtige Rolle.<br />
Priv.-Doz. Dr. med.<br />
Constantin Klöckner<br />
Orthopäde/Orthopädischer Chirurg<br />
Hohlstr. 192<br />
CH – 8004 Zürich<br />
info@spine-in-balance.com<br />
orthinform 1/2007<br />
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