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DIE REPORTAGE<br />
Unerwartet schöne Aussicht auf modernde Technik<br />
Rundflug über Trianel Windpark in der Nordsee der Stadtwerke Bochum<br />
Zugegeben, lange<br />
überlegen<br />
musste ich nicht<br />
als die Anfrage<br />
kam. Wann<br />
bekommt man<br />
schon einmal die<br />
Gelegenheit einen<br />
Windpark mitten in<br />
der Nordsee aus einem<br />
Flugzeug heraus<br />
in Augenschein<br />
zu nehmen? Genauer<br />
gesagt den Trianel<br />
Windpark Borkum<br />
I (TWB I), der 45<br />
Kilometer nördlich<br />
von Borkum liegt und<br />
an dem die Stadtwerke<br />
Bochum mit 18,46<br />
Prozent beteiligt ist.<br />
Aber schon kurz nach<br />
meiner Zusage schlich<br />
sich ein komisches<br />
Gefühl in meine Magengegend.<br />
Schließlich<br />
steige ich nicht gerade<br />
mit einem Lächeln im<br />
Gesicht in ein Flugzeug.<br />
Flugangst wäre wohl zu<br />
viel gesagt. Respekt vor<br />
der Höhe und das unwohle<br />
Bewusstsein, sein<br />
irdisches Dasein komplett<br />
in die Hand der Technik<br />
– sprich eines Flugzeugs<br />
– zu legen, trifft es wohl<br />
eher. Deshalb hatte ich vor<br />
einigen Jahren schon einmal<br />
eine Einladung zu einem<br />
45 Kilometer nördlich von Borkum<br />
befindet sich der Trianel<br />
Windpark.<br />
Rundflug über die Insel Sylt<br />
ausgeschlagen. Das sollte mir<br />
nicht noch einmal passieren.<br />
Mit dem Bus ging es morgens<br />
nach Emden. Nach gut dreistündiger<br />
Fahrt kamen wir in Otto<br />
Waalkes Heimatstadt an. Dietmar<br />
Spohn, Geschäftsführer der<br />
Stadtwerke Bochum, brachte<br />
die Journalisten auf den aktuellen<br />
Stand der Dinge in bezug auf<br />
den TWB I. Atemberaubende 1<br />
Mrd. Euro sind seit 2011 in 40<br />
Windkraftanlagen investiert worden,<br />
die künftig 800 Mio. kWh<br />
pro Jahr produzieren sollen.<br />
Anschließend hieß es zurück in<br />
den Bus Richtung Flughafen.<br />
Von wegen Anstellen zum Einchecken,<br />
lange Schlangen beim<br />
Zoll oder Ähnliches. Kaum auf<br />
dem Flughafen angekommen<br />
wurden wir von unseren zwei<br />
Piloten persönlich begrüßt. Unsere<br />
elfköpfige Reisegruppe<br />
wurde aufgeteilt. Und dann ging<br />
es zu unseren Fliegern. Und da<br />
war es wieder, dieses mulmige<br />
Gefühl in der Magengegend.<br />
Von wegen Jumbo. Eher Konservendose.<br />
So wirkten die beiden<br />
zweimotorigen Flugzeuge<br />
des Ostfriesischen Flug Diensts<br />
jedenfalls auf mich. Auch der<br />
Hinweis unserer Pilotin, dass<br />
wir die Seenotrettungsinsel im<br />
Notfall selbst rauswerfen und<br />
unbedingt am Griff festhalten<br />
müssten, wirkte nicht gerade<br />
beruhigend. Eher schon der Hinweis,<br />
dass auch der Ausfall beider<br />
Propeller kein Grund zur Besorgnis<br />
sei. Die Maschine könne<br />
auch im Gleitflug sicher landen.<br />
Mutig saß ich als Erster in der<br />
Maschine. Natürlich letzte Reihe.<br />
Die für Feiglinge. Ganz so rosig<br />
war es um meinen Mut nun auch<br />
nicht bestellt. Uwe Albert, Prokurist<br />
der Trianel Windpark Borkum<br />
GmbH & Co. KG, gesellte sich<br />
an meine Seite. Und dann ging<br />
es los. Beschleunigen, ein kurzer<br />
Ruck. Wir verließen sicheren<br />
Boden. Schnell stiegen wir auf<br />
1.500 Meter Höhe. Ich konnte<br />
es kaum glauben. Kein Ruckeln,<br />
kein Schaukeln, wir glitten einfach<br />
hinaus über Borkum, auf die<br />
Nordsee. Es schien eher so, als<br />
würde sich die Erde unter uns<br />
drehen und wir ruhig an einer<br />
Stelle verharren. Ich begann den<br />
Flug zu genießen. Auch die Sonne<br />
durchbrach die Wolken und<br />
sorgte für tolle Farbenspiele über<br />
der gar nicht rauen, sondern<br />
blauen und ruhigen Nordsee.<br />
Nach gut einer Viertelstunde<br />
hieß es endgültig den Blick nach<br />
unten zu richten. Da lag er ma-<br />
Martin Jagusch fliegt mit Uwe Albert,<br />
Prokurist der Trianel Windpark<br />
Borkum, über die Nordsee.<br />
Fotos (3): 3satz<br />
jestätisch vor und unter uns: der<br />
Trianel Windpark Borkum I. 40<br />
imposante Windkrafträder, das<br />
Umspannwerk und die Koverterplattform<br />
Dol-Win alpha der TenneT.<br />
Dazwischen Schiffe, die an<br />
den Windkrafträdern ankerten.<br />
Die 500 Stunden-Wartung, bei<br />
der alle Windkraftanlagen noch<br />
einmal genau kontrolliert werden,<br />
wird gerade durchgeführt.<br />
Nach zwei Runden rund um den<br />
Windpark geht es zurück über<br />
die Insel Juist über grüne und<br />
gelbe Felder nach Emden.<br />
Nach 70 Minuten setzten wir<br />
wieder auf der Landebahn auf.<br />
Viel zu schnell ging dieser Rundflug<br />
zu Ende. Sozusagen wie<br />
im Fluge. Ich fühlte mich richtig<br />
wohl in diesem Flugzeug, dieser<br />
Konservendose. Konnte die<br />
Zeit genießen. Ein ungewohntes,<br />
aber tolles Gefühl. Für mich<br />
steht fest: so einen Rundflug<br />
werde ich noch einmal machen.<br />
Dann ohne komisches Gefühl.<br />
Nur voller Vorfreude. Und ganz<br />
entspannt. Martin Jagusch<br />
14 | <strong>Stiepeler</strong> <strong>Bote</strong> | <strong>Juni</strong> <strong>2015</strong>