Tag der Württ. Pfarrerinnen und Pfarrer - Evangelischer Pfarrverein ...
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kann dazu führen, die Person aus dem<br />
Blick zu verlieren. Man muss nicht<br />
zum K<strong>und</strong>en aufsteigen, um wertgeschätzt<br />
zu werden. Das K<strong>und</strong>enparadigma<br />
verkürzt die christliche Wertung<br />
<strong>der</strong> Person. Wer K<strong>und</strong>e ist, ist austauschbar<br />
gegen einen an<strong>der</strong>en K<strong>und</strong>en<br />
– <strong>und</strong> wird wertgeschätzt nur in<br />
<strong>der</strong> Eigenschaft des Käufers. Dann<br />
kommt es im Zweifelsfall so, wie eine<br />
Hartz-IV-Bezieherin neulich sagte:<br />
»Ich werde als K<strong>und</strong>e bezeichnet <strong>und</strong><br />
als Bettler behandelt.«<br />
Drittens: Die Diakonie darf sich nicht<br />
nur als Dienstleister verstehen – etwa<br />
im Sinne <strong>der</strong> Sozialgesetzbücher. Son<strong>der</strong>n<br />
sie hat zugleich die Aufgabe, anwaltschaftlich<br />
für die Betroffenen einzutreten:<br />
von <strong>der</strong> Migrationspolitik bis<br />
zur Armutsbekämpfung, von <strong>der</strong> Pflegefinanzierung<br />
bis zur Gleichstellung<br />
<strong>der</strong> Menschen mit Handicap. Subsidiarität<br />
enthält ja beides – die Dienstleistung<br />
<strong>und</strong> die Anwaltschaft: den Betroffenen<br />
aufhelfen <strong>und</strong> dafür Sorge tragen,<br />
dass ihnen langfristig geholfen<br />
ist. Wenn <strong>der</strong> Umbau des Sozialstaates<br />
die Armutsrisiken erhöht, muss Diakonie<br />
hörbare Stimme <strong>der</strong>er sein, die sich<br />
nicht wehren können o<strong>der</strong> gar schon<br />
längst aufgegeben haben. Daher achten<br />
die Diakonischen Werke <strong>der</strong> Landeskirchen<br />
darauf, dass sie im Sozialrecht,<br />
aber auch in <strong>der</strong> Öffentlichkeitsarbeit<br />
gut aufgestellt sind.<br />
Es wären noch einige Maximen zur<br />
Umsetzung zu nennen: etwa die För<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Selbsthilfe <strong>der</strong> Betroffenen,<br />
die Ehrenamtlichkeit als Ausdruck <strong>der</strong><br />
Kultur des Sozialen, das diakonische<br />
Profil <strong>der</strong> Gemeinden <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Vernetzung<br />
mit diakonischen Diensten. Es<br />
geht in <strong>der</strong> Tat auch in unseren Kirchen<br />
um eine neue Bekehrung zur Diakonie,<br />
in <strong>der</strong> die Freude <strong>und</strong> Hoffnung,<br />
die Trauer <strong>und</strong> Angst <strong>der</strong> Menschen<br />
zur Freude <strong>und</strong> Hoffnung sowie zur<br />
Trauer <strong>und</strong> Angst <strong>der</strong> Christen werden.<br />
Wenn die Kirche sich zur Diakonie bekehren<br />
soll, dann heißt das nicht zuerst<br />
mehr Nähe zu diakonischen Einrichtungen,<br />
weil nun einmal Diakonie ein<br />
Arbeitszweig <strong>der</strong> Kirche ist. Son<strong>der</strong>n<br />
es geht um eine Bewegung, in <strong>der</strong> die<br />
Not <strong>der</strong> Menschen auch zur Not <strong>der</strong><br />
Kirche werde. Nur mit Hilfe einer in<br />
dieser Weise mitleidenschaftlichen<br />
Kirche kann die Spannung zwischen<br />
professioneller Diakonie <strong>und</strong> verfasster<br />
Kirche überw<strong>und</strong>en werden.<br />
Darauf hat bereits die Diakonie-Denkschrift<br />
hingewiesen: »Dieses Beson<strong>der</strong>e<br />
<strong>der</strong> Diakonie – auch die gemeindenahe<br />
Versorgung möglichst in <strong>der</strong> Lebenswelt<br />
– muss im Wettbewerb gewahrt<br />
werden, ja es muss als Chance<br />
<strong>und</strong> geradezu als ›Wettbewerbsvorteil‹<br />
betont werden. Letztlich geht es um<br />
mehr als nur um ein Mithalten im<br />
Wettbewerb, es geht um die kirchliche<br />
Sendung, um die Zuwendung zum<br />
Nächsten <strong>und</strong> um die Sicherung von<br />
verantwortlichen Standards <strong>der</strong> Hilfe.<br />
Wenn dies deutlich gemacht werden<br />
kann, muss um das Bestehen <strong>der</strong> Diakonie<br />
im Wettbewerb nicht gefürchtet<br />
werden« (Herz <strong>und</strong> M<strong>und</strong> <strong>und</strong> Tat <strong>und</strong><br />
Leben, Denkschrift, Gütersloh 1998,<br />
Ziff. 99).<br />
IV Wi<strong>der</strong>gelagerte<br />
Gesellschaftspolitik<br />
Es war meine Absicht zu zeigen: Es<br />
reicht nicht aus, sich dem Wettbewerb<br />
zu stellen o<strong>der</strong> gar eine Gestaltung <strong>der</strong><br />
Diakonie im Markt <strong>und</strong> im Wettbewerb<br />
zu for<strong>der</strong>n. Wettbewerb am<br />
Markt ist kein eigenes Ziel, son<strong>der</strong>n<br />
ein Instrument, das einem Ziel dient.<br />
Die ethische <strong>und</strong> diakonische Aufgabe<br />
besteht darin, Markt <strong>und</strong> Wettbewerb<br />
so zu gestalten o<strong>der</strong> zumindest mitzugestalten,<br />
dass Diakonie ihren Gr<strong>und</strong>