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Spezial<br />
Seite 28 >>><br />
Professor Marcus Schögel von der Universität<br />
St. Gallen, Experte für innovationsbasiertes<br />
Marketing, lieferte in seinem<br />
Vortrag Impulse, wie Niedersachsens<br />
Touristiker auf Trends reagieren<br />
können. „Machen Sie eine Liste mit zehn<br />
Trends, die Sie zurzeit für wichtig halten.<br />
Und dann streichen sie acht“, so einer<br />
seiner Tipps. Wichtig sei es, nicht in<br />
festgefahrenen Gewohnheiten stecken<br />
zu bleiben. „Wir brauchen Innovationsfreude<br />
und den Mut, Neues auszuprobieren,<br />
damit Niedersachsen auch weiterhin<br />
einen vorderen Platz unter den<br />
übernachtungsstärksten Bundesländern<br />
einnehmen kann“, zog Martin<br />
Exner, tourismuspolitischer Sprecher<br />
des NIHK, Bilanz. (Annika Wilkening) I<br />
Forenergebnisse<br />
Megatrend Digitalisierung – Wie der<br />
digitale Wandel Kommunikationsverhalten<br />
und Unternehmen ändert<br />
„Die Chefetage muss wissen: Der Wandel<br />
fängt bei mir selbst an“, fasste Stefan<br />
Möhler die Ergebnisse des Workshops zusammen.<br />
Grundvoraussetzung: Eine klare<br />
Zielausrichtung, eine Strategie, wofür die<br />
digitalen Kanäle genutzt werden sollten.<br />
Einig waren sich die Teilnehmer in der<br />
Notwendigkeit, Facebook und Co. für die<br />
Branche zu nutzen. Man müsse aber nicht<br />
„auf jede digitale Sau aufspringen“. Lieber<br />
auf wenige, relevante Kanäle konzentrieren.<br />
Wichtig dabei: Empathie für den<br />
Kunden entwickeln und ihn möglichst<br />
auf allen Ebenen der „Customer Journey“<br />
erreichen – von der Informationssuche<br />
über die Buchung bis hin zur Kundenbetreuung<br />
nach der Reise, wenn der Gast<br />
seine Erlebnisse (mündlich und digital)<br />
weitererzählt. Doch der Experte warnte<br />
vor zu großer Angst: „Da darf man keine<br />
Scheu haben – einfach ausprobieren und<br />
selbst Erfahrungen sammeln.“<br />
Fachkräftemangel im Tourismus –<br />
Der Wurm muss dem Fisch schmecken,<br />
nicht dem Angler<br />
„Neue Fachkräfte und Auszubildende kann<br />
ich nur gewinnen, wenn ich mich traue,<br />
Dinge anders zu machen als bisher“, erklärte<br />
Sören Anders, ehemals jüngster Sternekoch<br />
Deutschlands und heute Leiter des<br />
Restaurants Anders Turmberg in Karlsruhe.<br />
Er leitete das Forum und stellte vor allem<br />
die Wertschätzung der Mitarbeiter in den<br />
Mittelpunkt – sowohl als Chef, als auch als<br />
Gast. „Danke ist so ein einfaches Wort, aber<br />
wir sagen es viel zu selten“, erklärte Anders.<br />
Als guter Arbeitgeber sei es wichtig, dies<br />
auch den Gästen zu vermitteln. „Mehr Geld<br />
motiviert die Mitarbeiter nicht, sie müssen<br />
sich selbst als Teil des Ganzen sehen.“ Angeregt<br />
diskutiert wurde auch die Frage,<br />
ob die Ausbildung in der Gastronomie<br />
eine Alternative für Schulabgänger ohne<br />
Abitur darstellt. Denn, so waren sich die<br />
Teilnehmer einig: Heute bewerben sich<br />
Arbeitgeber, nicht mehr Arbeitnehmer.<br />
FutureHotel – Die Hotellerie auf<br />
dem Weg in die Zukunft<br />
Das Hotel der Zukunft könnte rezeptionslos<br />
sein, per Touchscreen veränderbare<br />
Zimmerwände und einen Roboter-<br />
Concierge haben – je nach Zielgruppe<br />
und Konzept des Hauses. Von Check-in-<br />
Prozessen über Personalplanung bis zur<br />
digitalisierten Beleuchtungssteuerung<br />
diskutierten die Teilnehmer mit Vanessa<br />
Borkmann vom Fraunhofer-Institut für<br />
Arbeitswirtschaft und Organisation die<br />
Möglichkeiten des Zukunftshotels. „Wichtig<br />
ist jedoch immer die Frage: Was möchte<br />
der Gast während seines Aufenthalts<br />
erleben?“, betonte Borkmann. Deshalb<br />
liege der Schlüssel zu einem optimalen,<br />
situationsbasierten und personalisierten<br />
Service für Hotels im Wissen darum, welche<br />
Person zu welcher Zeit an welchem<br />
Ort was genau benötigt. Trotz vieler automatisierbarer<br />
Prozesse riet Borkmann dazu,<br />
den Hotelempfang mit einer „echten“<br />
ansprechbaren Person zu besetzen, damit<br />
der Gast die Wahl habe zwischen vollautomatischer<br />
oder persönlicher Betreuung.<br />
Foto: Andreas Tamme<br />
Gesundheitstourismus – Marktentwicklung,<br />
Trends, Best Practices<br />
Nachfragevolumen und alterstypische Erkrankungen<br />
nehmen ebenso zu wie Urlaub<br />
für Allergiker: „37 Prozent aller Deutschen<br />
wollen in den nächsten drei Jahren eine<br />
Gesundheitsreise unternehmen, weitere<br />
26 Prozent ziehen es in Erwägung“, erklärte<br />
Cornelius Obier, von Project M GmbH in<br />
Hamburg. Über die Hälfte der Gesundheitsreisen<br />
sei selbstfinanziert. Unterschieden<br />
wird dabei häufig zwischen lifestyle-orientiertem<br />
und medizinisch-therapeutischorientiertem<br />
Gesundheitstourismus: Qualifizierung<br />
und Kooperation der Betriebe und<br />
des gesamten Ortes sind gefragt – sowohl<br />
bei der Angebotsstruktur als auch im Marketing.<br />
Dr. Andreas Keck von Keck Medical<br />
rät dabei zur Spezialisierung auf ein bestimmtes<br />
Gesundheitsthema. Oftmals erreicht man<br />
damit übrigens beide Gruppen, sprich sowohl<br />
diejenigen, die krankheitsbedingt reisen<br />
als auch die lifestyleorientierten Gäste.<br />
Nachhaltiger Tourismus – Potenziale<br />
und Perspektiven<br />
Bisher ungenutztes Potenzial sahen die Teilnehmer<br />
beim Thema nachhaltiger Tourismus.<br />
„Hier können wir noch mutiger werden,<br />
und die Dinge, die wir haben auch offen<br />
vertreten“, forderte Mathias Behrens-Egge<br />
von der BTE Tourismus- und Regionalberatung<br />
Hannover. Dies betreffe vor allem den<br />
ländlichen Tourismus. Erfolgsversprechend<br />
seien zwar Spezialisierungen, dennoch würde<br />
Nachhaltigkeit in der Branche bisher vor<br />
allem als Zusatzfaktor gesehen. Intensives<br />
Naturerleben bei gleichzeitig geringstmöglicher<br />
Beeinflussung sei zwar für viele Anbieter<br />
eine große Herausforderung, werde<br />
jedoch immer stärker nachgefragt, berichteten<br />
die Experten.<br />
30 Wirtschaft Ostfriesland & Papenburg Juni 2015