DIE WIRTSCHAFT
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BRANCHEN &BETRIEBE 16<br />
Praktikumsplatz<br />
statt Spendenscheck<br />
Sinnack Backspezialitäten möchte soziale Projekte mitgestalten /Der Erziehungsverbund Gerburgis profitiert davon.<br />
In Zeiten leerer Kassen werden auch<br />
die öffentlichen Gelder für soziale<br />
Einrichtungen zusammengestrichen.<br />
„Jetzt ist die freie Wirtschaft<br />
gefragt“, sagt Maria Forsthövel, Leiterin<br />
des Erziehungsverbundes Gerburgis.<br />
Hartmut Wießner nimmt sie<br />
beim Wort. Der Geschäftsführer der<br />
Bocholter Firma Sinnack Backspezialitäten<br />
hat einen besonderen Weg<br />
des sozialen Engagements gefunden:<br />
Bezahlter Praktikumsplatzstatt<br />
Geldscheck heißt sein Motto. Doch<br />
sachbezogene Spenden sind nicht<br />
immer das Nonplusultra.<br />
Maria Forsthövel weiß,<br />
worauf es ankommt.<br />
„Gute Mitarbeiter sind<br />
das Aund Oineiner sozialen<br />
Einrichtung“,<br />
sagt die Verbundleiterin. Doch gutes Personal<br />
ist teuer –zuteuer für klamme<br />
Stadt-Kassen. Wichtige Projekte müssen<br />
daher immer wieder auf Eis gelegt werden.<br />
Hartmut Wießners Anruf im vergangenen<br />
Jahr kam ihr daher gerade recht.<br />
Der Geschäftsführer<br />
von Sinnack<br />
suchte ein lokales<br />
Projekt, in das die<br />
Firma Zeit und<br />
„Gute Mitarbeiter sind das Aund<br />
Oineiner sozialen Einrichtung.“<br />
Geld stecken Maria Forsthöve<br />
konnte. „Zeit ist<br />
das Zauberwort,<br />
wenn es um<br />
zweckgebundene Spenden geht“, sagt<br />
Christel Neff, Stellvertretende Leiterin<br />
des Deutschen Instituts für soziale Fragen.<br />
In den meisten Fällen rät sie vondieser<br />
Art zu spenden ab.<br />
Hartmut Wießners dunkles Sakko hängt<br />
über einer Stuhllehne. Er sitzt im Hemd<br />
auf einem dieser soliden Möbel im Mehrzweckraum<br />
der Mutter-Kind-Einrichtung<br />
und hört Maria Forsthövel aufmerksam<br />
zu. Da steckt eine junge rothaarige Frau<br />
ihren Kopf durch den Türspalt: „Findet<br />
heute noch das Mutter-Kind-Turnen<br />
statt?“, fragt Vanessa Blümel. Sie wohnt<br />
mit ihrem Sohn in der Einrichtung. Viel<br />
Zeit zum Reden bleibt also nicht mehr.<br />
Gleich kommen die Praktikantinnen Ramona<br />
Simeth und Anna Musion. Der<br />
Mehrzweckraum wird dann zum Turnsaal.<br />
Das neue Bewegungsangebot der<br />
Einrichtung liegt seit einigen Monaten<br />
fest in ihrer Hand.<br />
Das Bewegungsangebot war eines der<br />
Projekte, die Maria Forsthövel immer<br />
wieder auf Eis legen musste. Einmal in<br />
der Woche Mutter-Kind-Turnen und alle<br />
zwei Wochen ein Sportkurs nur für die<br />
Mütter –durchgeführt von Mitarbeitern,<br />
die auch abseits des Angebots in dem<br />
Wohnheim arbeiten. Als sie Hartmut<br />
Wießner vonder Idee erzählte, warersofort<br />
begeistert. „Die Mütter, die hier leben,<br />
sind in einer sehr schwierigen Situation“,<br />
erläutert die Verbundleiterin.<br />
Schlimmstenfalls endet der Aufenthalt<br />
mit einer dauerhaften Trennung von<br />
ihrem Kind. Diesen Druck können die<br />
meist jungen Frauen kaum ertragen.<br />
„Durch Sport wirdStress abgebaut“, sagt<br />
Maria Forsthövel. Sie schlug Sinnack daher<br />
vor, sich an den Personalkosten für<br />
das Programm zu beteiligen. „Seitdem<br />
spenden wir einen<br />
bezahlten<br />
Praktikumsplatz“,<br />
sagt der<br />
Geschäftsführer.<br />
Soziales Engagement<br />
ist für Hartmut<br />
Wießner ein<br />
Bedürfnis. „Ich<br />
möchteder Gesellschaft etwas zurückgeben“,<br />
sagt er.Ermeint das ernst. Auch als<br />
Vertreter vonSinnack setzt er sich für soziale<br />
Projekteein und ist ein verlässlicher<br />
Ansprechpartner für den Erziehungshilfeverbund<br />
Gerburgis. „Wir mussten den<br />
Mehrzweckraum schließlich neu ausstatten,<br />
damit das Bewegungsprogramm<br />
überhaupt stattfinden konnte“, erinnert<br />
sich Maria Forsthövel. Schließlich fehlte<br />
der Mutter-Kind-Einrichtung noch ein<br />
Teppich. „Daran sollteesnicht scheitern“,<br />
sagt Wießner schmunzelnd. Sinnack<br />
zahlte. „Das ist einer der Vorteile, wenn<br />
zwischen Unternehmen und Sozialen<br />
Hartmut Wießner zahlt als Geschäftsführer von Sinnack einen Teil des Gehaltes der Praktikantinnen Ramona Simeth<br />
und Anna Musion.<br />
Einrichtungen ein direkter Kontakt besteht“,<br />
sagt Maria Forsthövel.<br />
Doch nicht immer bleiben Spender ansprechbar.<br />
In solchen Fällen können<br />
sachbezogene Spenden auch zum Problem<br />
werden. „Angenommen, die öffentliche<br />
Hand entschließt sich, mehr Gelder<br />
in das Bewegungsprogramm zu stecken“,<br />
sagt Christel Neff. Dann benötigt die Einrichtung<br />
möglicherweise an dieser Stelle<br />
keinen Praktikumsplatz mehr. Daessich<br />
hier jedoch um eine zweckgebundene<br />
Spende handelt, dürfe die Einrichtung<br />
die Spende nicht anderweitig verwenden.<br />
Christel Neff leitet auch die Spendenberatung<br />
des Instituts und wird immer<br />
wieder mit solchen Fällen konfrontiert.<br />
„Die Spender sind oftmals garnicht<br />
mehr erreichbar“, sagt sie. Die Spende<br />
umzuwidmen ist dann nicht mehr möglich<br />
und das Geld bleibt ungenutzt.<br />
Trotzdem: Für Hartmut Wießner kommen<br />
nur noch zweckgebundene Spenden<br />
infrage. „Wir als Firma sehen einfach gerne,<br />
welche Erfolge mit den Spenden erzielt<br />
werden“, sagt der Geschäftsführer.<br />
Das ist ihm der Mehraufwand wert.<br />
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Arbeitsplatz spenden und Steuern sparen<br />
„Ein gespendeter Arbeitsplatz ist eine zweckgebundene Spende“,<br />
erläutert Christel Neff, Stellvertretende Leiterin des Deutschen Instituts<br />
für soziale Fragen. Das dafür ausgegebene Geld kann also von<br />
den Steuern abgesetzt werden. „Das ginge nicht, wenn Herr Wießner<br />
nun selbst einen Mutter-Kind-Kurs geben würde“, sagt die<br />
Stellvertretende Leiterin. In<br />
diesem Fall würde es sich<br />
nicht um eine Spende, sondern<br />
um ehrenamtliche<br />
Arbeit handeln. Würde er<br />
nun –hypothetisch gesehen<br />
–seine Sekretärin von<br />
ihrer normalen Arbeit freistellen,<br />
damit sie den Kurs<br />
leitet, wäre die Sachlage<br />
eine andere. Ihre Arbeitskraft<br />
würde gespendet und<br />
könnte in einen Geldwert<br />
umgerechnet werden. Dieser<br />
Geldwert kann bei der<br />
nächsten Steuererklärung<br />
berücksichtigt werden.<br />
Christel Neff rät von zweckgebundenen<br />
Spenden ab.